Filmkritik zu Arlo & Spot

  

Seit mittlerweile 16 Filmen hat uns Pixar eine ganze Menge qualitativ hochwertiger Produktionen serviert. Ob nun die „Toy Story“ Reihe, „Ratatouille“ und dieses Jahr der überragende „Alles steht Kopf“. Daneben lagen sie wirklich nur dann, wenn das Wort „Car“ eine gewichtige Rolle spielte. Die besten unter Pixars Werken sind diejenigen, die uns schon mit ihrer Grundidee faszinieren und uns mit ihren charmanten Charakteren fesseln. „Arlo & Spot“ erfüllt diese Voraussetzungen, ist aber erstaunlich unsicher, wie mit diesem guten Fundament umgegangen werden soll.

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Arlo & Spot - jetzt im Kino. Den Trailer könnt ihr hier anschauen.

The Circle of Life

Was daraus dann schlussendlich entsteht, ist ein Film voller vielversprechender Elemente, der immer wieder an der Grenze zu etwas wirklich wunderbarem (wie „Alles steht Kopf“) steht, aber es irgendwie nie schafft, diese Grenze zu überschreiten. Die Basis von „Arlo & Spot“ ist unbestreitbar eine hervorragende. Was wäre wohl auf unserem blauen Planeten los, wenn vor 65 Millionen Jahren ein riesiger Komet die Erde verfehlt hätte. Die Dinosaurier wurden nicht durch eine kosmische Katastrophe ausgelöscht, sondern entwickelten sich weiter und weiter. Nach einem kurzen Prolog um diese gigantische Verfehlung überspringt „Arlo & Spot“ kurzer Hand ein paar Millionen Jahre und wendet sich einer Farm zu, die von einer Apatosaurier Familie betrieben wird. Der Nesthaken dieser fleißigen Bauer hört auf den Namen Arlo, kann nicht viel zum Familienbetrieb beitragen und ist deswegen das liebste Ziel von seinen Geschwistern Buck und und Libby. Sein Eltern hingegen versuchen ihn davon zu überzeugen, dass es schon eines Tages etwas geben wird, in dem er sich beweisen kann, denn sie wissen, dass er sie noch alle verblüffen wird. Eine Tages dann, auf der Jagd nach einem wilden Menschenkind, das die Ernte gestohlen hat, geraten der ängstliche Arlo und sein Vater in einen Regensturm und hier sollten für nahe am Wasser gebaute Zuschauer Taschentücher in Reichweite liegen.

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Unter Dinosauriern

Arlo muss sich nun auf den Dinohintern setzen und seiner Mutter unter die Arme greifen um die Ernte noch vor Beginn des Winters einzufahren. Dabei läuft er erneut dem Menschenkind über den Weg, welches er für den Tod seines Vaters verantwortlich macht. Die beiden stürzen im Zuge einer Verfolgungsjagd in einen reißenden Fluss und werden erst einige Kilometer entfernt wieder an das rettende Ufer gespült. Zunächst kann Arlo den kleinen Menschen nicht ausstehen, bemerkt aber mehr und mehr, dass die beiden einiges gemeinsam haben. Der neue Begleiter benimmt sich ein wenig wie ein kleiner Hund und hört schnell auf den Namen Spot. Die beiden Protagonisten werden Freunde. Und das ist auch bitter nötig, denn ihnen steht eine gefährliche Reise flussaufwärts zur Farm von Arlos Familie bevor. Auf dem Weg dahin stellen sich ihnen eine riesige Cobra und ein Bande von räuberischen und tiefentspannte Perodactylen in den Weg. Deutlich freundlicher ist da schon ein Trio von T-Rexen, die sich als Büffel-Rancher herausstellen und ihre Herde vor ein paar viehdiebischen Raptoren retten wollen.

Es ist also nicht schwer zu erkennen, dass in Meg LeFauves Drehbuch eine ganze Menge an genialen Ideen stecken. Allein schon die Umkehrung des Jungen-und-sein-Haustier-Thema macht schon Laune. Aufgewertet wird es durch den Umstand, dass die Handlung von „Arlo & Spot“ mit dem Auftritt der Tyrannosaurier endgültig in Richtung Western auszubrechen droht. Aber gerade dann wendet sich „Arlo & Spot“ plötzlich wieder der schwarzen Schaf Thematik zu, welches sich zusammenreißen muss um die Familie und den Tag zu retten, seine besondere Gabe einsetzt und mehr als nur seinen Platz in der Welt findet. Die dahinterstehende Mischung ist klar an „Das Dschungelbuch“, „König der Löwen“ und „Drachenzähmen leicht gemacht“ angelegt. Eventuell wäre der Mangel an Einzigartigkeit durch wirklich gute Charakterentwicklung über den Verlauf zu verschmerzen, aber leider sind weder Arlo noch Spot sonderlich interessant.

Optisch ist „Arlo & Spot“ ein wahrer Augenschmaus, der mit einer atemberaubenden Bildkomposition nach der nächsten bei der Stange zu halten weiß. Die cartoonhaften Charaktere treffen auf extrem hochwertige und photorealistische Hintergründe in einer nur als liebenswürdig zu bezeichnenden Art und Weise. Und dann sind da halt diese wunderbar schrägen Momente, in denen „Arlo & Spot“ fast die selbstgewählten Fesseln abschüttelt und wirklich gut werden will. Mit dem Konsum psychoaktiverer und halluzinogener Pflanzen, über Mundharmonika am Lagerfeuer, bis hin zu direkten optischen Zitaten aus „Der weiße Hai“ und einigen weiteren Highlights weiß „Arlo & Spot“, wie von Pixar gewohnt, auch bei Erwachsenen zu punkten. Wenn Arlo und Spot hingegen ohne gemeinsame Sprache über die Verluste ihrer beider Familien trauern und reden, dann versteht diese Sequenz auch der kleinste Zuschauer und dürfte den Tränen nahe sein.

Fazit

„Arlo & Spot“ wird primär die jüngeren Zuschauer zufrieden stellen. Schlussendlich ist das aber noch ein Glücksfall, denn um diese Pixar Produktion war es zwischenzeitig alles andere als gut bestellt. Leider fehlt dem verrückten Abenteuer das gewisse Etwas, auch wenn es jeder Zeit hinter der nächsten Flussbiegung oder dem nächste Prärie-Hügel zu lauern scheint.

Bewertung: 3 von 5 Sternen.***

Filmkritik von Julius, 26.11.2015