Filmkritik zu "Chappie"

  

Der Name Neill Blomkamp ist seit einigen Tagen in aller Munde. Zumindest in den Kreisen, die sich aus Filmfans, insbesondere Science-Fiction-Fans, rekrutieren. Grund aber ist nicht sein neuer Sci-Fi Streifen „Chappie“, sonder die Ankündigung Neill Blomkamp würde mit Sigourney Weaver einen neuen „Alien“ Fim drehen wollen, der direkt an die Ereignisse von „Alien 2“ anknüpft. Nun kommt aber erst einmal „Chappie“ in die internationalen Kinos.

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Nummer 5 lebt!

Bereits in „Chappie“ hat Sigourney Weaver eine Nebenrolle und so dürfte sie mit der Arbeit des Südafrikaners Blomkamp bestens vertraut sein. Wer dies nicht ist, dem sie zumindest sein erster großer Film „District 9“ wärmstens ans Herz gelegt. Sein zweiter, großer Film „Elysium“ konnte 2013 leider weder den erhofften Erfolg erzielen, noch die Herzen der meisten Kritiker für sich gewinnen. Diesen Fehler sucht Regisseur Blomkamp allerdings bei sich selber und nicht etwa bei einem Unverständnis der Zuschauerschaft. Zu skizzenhaft und zu oberflächlich hätte er sowohl als Drehbuchautor als auch als Regisseur die Charaktere angelegt. Während er das Grundgerüst um eine ausgebeutete Erde, deren Bewohner nur noch aus den Armen und Kranken bestehen, die von der auf eine Raumstation namens „Elysium“ ausgewanderten Superreichen weiter ausgepresst werden, als sehr gut ansieht. So bezeichnete Blomkamp dann auch erst kürzlich die Arbeit an „Elysium“ als einen Fehler.

Das Thema Unterdrückung ist in seinen bisherigen Filmen ein sehr zentrales Thema. Der Gedanke an das Apartheidsregime in Südafrika drängt sich dabei förmlich auf, auch wenn es in „Elysium“, der auch eben nicht in Südafrika, sondern in einem dystopischen Los Angeles angesiedelt ist, eine Begegnung mit Polizeigewalt und Korruption sowie die Diskrepanz von Armut und Reichtum in Mexiko war, die den kreativen Input lieferte.

Auch in „Chappie“, der nun eben wieder in Johannesburg spielt, geht es irgendwo auch um das Thema Unterdrückung. Jedoch tritt dieses Thema für ein ganz anderes Element in den Hintergrund.

Dieses zentrale Element, welches weite Teile der Handlung bestimmt ist Erziehung und Formung eines Charakters durch seine unmittelbare Gesellschaft. Dieser Charakter ist der Droide „Chappie“. Von seinem Erbauer Deon Wilson (Dev Patel) wurde der Droide mit einer einzigartigen, lernfähigen und Emotionen verspürenden KI ausgestattet. Bis auf sein Titaniumgehäuse ist der ehemalige Polizeiroboter schutzlos seiner Umgebung ausgeliefert und lernt im Laufe des Films die Welt durch eine Art disfunktionaler Familie in den Slums von Johannesburg kennen. Er sieht sich schnell nicht nur mit Lügen seiner „Eltern“, sondern auch mit der vorherrschenden Gewalt konfrontiert, die er eben wie ein kleines Kind versucht zu begreifen. Dabei wird er nicht nur von dem Waffenentwickler Vincent Moore (Hugh Jackman) gejagt, sondern auch in Bandenkriminalität verstrickt und mit der Problematik der eigenen Sterblichkeit konfrontiert. Eine gewissen Ähnlichkeit mit „Nummer 5 lebt!“ ist bei „Chappie“ nicht von der Hand zu weisen und sicher auch mehr als nur beabsichtigt, ist Neill Blomkamp doch ein bekennender Fan von Science-Fiction aus der 80er Jahren.

Macht kaputt was euch kaputt macht

Ohne zu viel von der Handlung verraten zu wollen, ist „Chappie“ deutlich weniger actionlastig als „Elysium“ oder sogar „District 9“. Bis auf eine rasante Sequenz zu Beginn des Films um einen Polizeieinsatz mit Droiden des johannesburger Polizei und Gangmitglieder um den Gangsterboss Hippo (Brandon Auret) und „Chappies“ zukünftige „Mommy“ und „Daddy“ Ninja und Yo-Landie und das große Finale bleibt der Film sehr ruhig und widmet sich voll und ganz den Erfahrungen, die Chappie mit seinem Umfeld macht sowie der im Hintergrund stehende Geschichte um Devon, Vincent und ihren Arbeitgeber Tetra Vaal. Wer sich ein wenig mit dem Werdegang von Neill Blomkamp beschäftigt hat, dem wird der Name der Rüstungsfirma Tetra Vaal sicher nicht unbekannt sein. Bereits 2005 veröffentlichte Blomkamp einen Kurzfilm in Form eines Promotionvideos für den auf Droiden und Robotik spezialisierten Hersteller. In „Chappie“ hat Tetra Vaal es dann zu Beginn geschafft sich in einen goldenen Zukunft zu katapultieren. Dank der Arbeit ihres Topentwicklicher Deon ist es dem Konzern gelungen einen Exklusivvertrag mit der Polizei von Johannesburg abzuschließen und dieser eine Truppe von humanoiden Kampfdroiden zu verkaufen, die als Einsatztruppe fungieren und den größten Teil der gefährlichen Polizeiarbeit im Alltag erledigen. Die trügerische „Ruhe“, die durch diese mechanischen Ermittler in Johannesburg durchgesetzt wird, beginnt jäh zu bröckeln, wenn Deon einen zur Verschrottung freigegebenen Droiden entgegen der Anweisungen seiner Chefin Michelle Bradley (Sigourney Weaver) mit einer von ihm im Alleingang entwickelten KI ausstattet. Dummerweise geschieht dies nicht ganz so, wie es Devon geplant hatte, gerät er doch vorher in die Fänge von Ninja, Yo-Landi (gespielt von „Die Antwoord“) und Yankie (Jose Pablo Cantillo), die eigentlich von Devon eine Art Fernbedienung für die Droiden der Polizei haben wollten. Während Devon immer wieder versucht als moralische Instanz aufzutreten und Chappie lieber Malerei und moralische Werte lehren würde, wollen Ninja und Yankie aus Chappie einen waschechten Gangdroiden machen, der sie bei einem Überfall unterstützen soll.

Fazit

„Chappie“ ist unter dem von Neill Blomkamp gewohnten Design eigentlich ein recht einfacher und gradliniger Film. Dies tut der Unterhaltung allerdings keinen Abbruch. Viel davon fußt auf Chappie als Hauptcharakter, der einem extrem schnell ans Herz wächst und deutlich mehr Identifikationspotential bietet als alle anderen, menschlichen Prota- und Antagonisten. Diese sind, auch hier wieder ganz Blomkamp, in sehr deutlichen Zügen gestaltet und wirken leider wieder etwas zu grob angelegt. Um Chappie selber entstehen zudem einige Logiklücken, die sich allerdings im Gesamtbild des Films verschmerzen lassen. Besonders schöne Augenblicke des Films liegen immer wieder darin, Chappies Adaptionen seines Umfeldes zu sehen. Seinen Gang und seine Körperhaltung lernt er von seinem „Daddy“ Ninja und es fällt nicht schwer, sich anstatt eines aus Altteilen bestehenden Droiden einen jungen Mann vorzustellen, der in dem Umfeld einer Gang aufwächst. Gespielt wird Chappie übrigens von einem Darsteller, den man zunächst in einem Neill Blomkamp Film erwartet, aber in „Chappie“ partout nicht zu erblicken vermag: Sharlto Copley. Dieser spielte bereits in „District 9“ Wikus van der Merwe und in „Elysium“ Kruger. Zusätzlich finden sich in diversen Nebenrollen aus Blomkamps vorherigen Filmen bekannte Gesichter.

Auch wenn mit „Chappie“ Blomkamp erneut nicht der ganz große Wurf gelungen sein mag, so ist es dennoch ein Film, der unterhält und zu fesseln weiß. Die beiden auf Hochglanz polierten Actionsequenzen gibt es als Bonus obendrein. Nicht nur für Fans von Sci-Fi Thriller wie „Transcendce“ oder „A.I.“ bietet der Film gutes Entertainment.

Bewertung: 4 von 5 möglichen Sternen.****

Mehr Chappie hier

In unserer Filmdatenbank findet ihr sämtliche Informationen zum Film inkl. dem Trailer, vielen Bildern etc. Weiterhin haben wir hier Bilder vom Chappie Fan-Event, welches am 27.02. in Berlin stattgefunden hat. Chappie läuft ab Donnerstag (05.03.15) überall im Kino.