Filmkritik zu Der Marsianer — Rettet Mark Watney

  

Ridley Scott ist zurück. Endlich scheint der Altmeister wieder zu seiner gewohnten Form gefunden zu haben. „Der Marsianer — Rettet Mark Watney“ besticht nicht nur mit einem sympathischen Protagonisten und einem nicht minder einnehmenden Hauptdarsteller, sondern lockt, neben extrem hochwertiger Optik, damit, dass schlaue Menschen auf mac-gyvereske Art und Weise Probleme lösen ohne dabei den Pfad der Schlüssigkeit zu verlassen.

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Der Marsianer — Rettet Mark Watney: Ab dem 08. Oktober im Kino anschauen!

Robison Crusoe 2.0

Matt Damon, respektive Mark Watney, ist das einzige intelligente Leben auf dem Mars. Zumindest nachdem er von seinen Teammitgliedern auf der Oberfläche des roten Planeten nach den ersten, dramatischen Minuten von „Der Marsianer- Rettet Mark Watney“ zurückgelassen wurde. Er erwacht alleine mit einem geringen Vorrat an Proviant und einer verlassenen Basis, die ihm mehr sicheres Grab zu werden scheint, als das sie ihm Schutz bietet. Einsamkeit und ein Hungertod scheinen so gewiss wie roter Staub an EVA-Anzugsstiefeln nach einem Marspaziergang. Außer der Astronaut und beste Botaniker, der auf dem Mars zu finden ist, schafft es seine Fähigkeiten und sein Wissen zu seinem Überleben einzusetzen. Oder um es mit Marks eigenen Worten zu sagen: „I'm gonna science the shit out of it.“ Seit „Lautlos im Weltraum“ von Douglas Trumbull hat sicher nie wieder jemand Gartenarbeit in den endlosen Weiten so spannend gestaltet wie Scott anhand der Bestseller-Vorlage gleichen Namens aus der Feder von Andy Weir.

Zentrum der Handlung und ein genialer Griff in Sachen Casting ist Matt Damon als einfallsreicher und nervenstarker Überlebenskünstler. Egal was der Rote Planet ihm um die Ohren haut, Mark Watney bleibt optimistisch und scharfsinnig. Selbst in den ausweglosesten Situationen. Matt Damon, ähnlich wie in seinen Rollen als Jason Bourne (die er in Bälde wieder aufnehmen wird) oder als Max in Neill Blomkamps „Elysium“, erfüllt den einsamen Helden mit so viel Leben, dass man als Zuschauer ihn lautstark anfeuern möchte. Falls dies überhaupt nötig ist, ist „Der Marsianer — Rettet Mark Watney“ ein perfektes Beispiel für Damons Format als Hauptdarsteller. In vielen Szenen wendet er sich direkt an das Kinopublikum, unmittelbar in die Linse einer der vielen Dashcams blickend. Der mutige Gestrandete führt nämlich durch den kompletten Film anhand seines eigenen Videotagebuchs. In seinen Einträgen in das Logbuch der gescheiterten Marsmission liegt extrem viel Menschlichkeit, geschickt gepaart mit Stoizismus und einem anhaltenden Sinn für Humor nebst unerschütterlichem Mut. Matt Damon lässt Watney heiter und tapfer erscheinen, weil er es sein muss um durchzuhalten. Tatenlosigkeit und Verzweiflung sind für den Helden einfach keine Optionen.

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There is no I in Team

Der tägliche Überlebenskampf auf dem Mars wird für den Zuschauer immer wieder durch zeitgleiche Ereignisse daheim auf Mutter Erde und im Weltraum zwischen dem unwirtlichen Erdnachbarn und der Heimat unterbrochen. Denn dort befinden sich zum einen die verbleibende Crew von Watneys Mission an Bord der Hermes auf der Rückreise und zum anderen die Belegschaft des NASA Hauptquartiers. Diese Fülle an Charakteren vor den Monitoren von Mission Control und im gigantischen Raumschiff ließen Drehbuchautor Drew Goddard, bekannt für „Cabin in the Woods“ und die Marvel Serie „Daredavil“, nur wenig Raum um sie mit Leben zu erfüllen. Aber eine saftige Mischung aus guter Schreibe und solider Schauspielkunst machen es leicht sie alle als charaktervolle Individuen anzunehmen.

Auf Terra Firma stehen als kühler Kopf und NASA-Chef Teddy Sanders (Jeff Daniels) und der um Watneys Rettung bemühte Mission Director Vincent Kapoor (Chiwetel Ejiofor) im Vordergrund. An Bord der Hermes sind es Mission Commander Melissa (Jessica Chastain, die erneut den Stoizimus, mit dem sie bereits in „Zero Dark Thirty“ zu überzeugen wusste an den Tag legt), der stets witzelnde Pilot Rick (Michael Peña) und Computer-Ass Beth (Kate Mara).

Daneben finden sich jedoch noch viele weitere große Namen in mehr als nur Cameoauftritten. Sean Bean tritt immer wieder als nicht ganz regelkonformer Flight Director Mitch Henderson auf, Kirsten Wiig mimt überzeugend die um die Vermeidung von Medienskandalen bemühte PR-Chefin. Aus all dem hervorsticht aber ein Name, der hierzulande sicher nicht allen bekannt sein dürfte. Das Multitalent Donald Glover spielt Rich, ein einfach nur entwaffnend exzentrisches Mathegenie mit Messieattitüde, welches sein komplettes Leben in einem zugemüllten Büro zu verbringen scheint.

Im Weltall hört dich niemand schreien

Neben der geballten Starpower aber ist „Der Marsianer — Rette Mark Watney“ vor allen Dingen ein Ridley Scott Film. Der Look des Robinson Crusoe im Weltall ist schlichtweg spektakulär. Ganz offensichtlich erkennt der Scott-Fan hier eine optische Nähe zu „Prometheus“ wieder. Dies ist wenig verwunderlich, hat der Regisseur doch fast das komplette Team für sein neues Weltraumabenteuer um sich versammelt. Darunter finden sich Produktionsdesigner Arthur Max, Kameramann Dariusz Wolski und Kostümdesigner Janty Yates. Zudem schafft es Scott dem Film eine ähnliche Aura zu verleihen wie „Alien“. Damit sind nicht die Horrorelemente gemeint, sondern das Gefühl von Isolation, gemischt mit einigen Bildkompositionen und Soundtrackpassagen, die eindeutig an sein Meisterwerk angelegt sind. Kein Sorge, es gibt keine Ausbrüche in den Schrecken des Überlebenskampfes. Auch wenn es zunächst anders erscheint hält sich der „Marsianer — Rettet Mark Watney“ dezent aus den Jagdgründen von Science-Fiction Brechern wie „Interstellar“ oder hyperrealistischen Werken wie „Gravity“ zurück. Dabei bleibt der Streifen dennoch der Plattheit von Michael Bays „Armageddon“ fern. Trotzdem aber ist der Film in vielen Belangen auch ein Film, der sich einfach entspannt gucken lässt. Sicher, es dreht sich um Leben und Tod, aber untermalt mit Abba, Donna Summer und David Bowie.

Fazit

Es ist schwer unterhaltsam und optisch beeindruckend Mark Watneys Geschichte zu erleben. Scotts wiedergefundenes Talent als Erzähler visueller Geschichten, der starke Cast ohne Ausreißer, Wortwitz und der ein oder andere Augenzwinker in Form von Schauspielerwahl und Dialogwitz, Rhythmus, Dynamik und Kohärenz machen „Der Marsianer — Rette Mark Watney“ zu einem absoluten Muss, dass auch Kinobesucher, die mit endlosen Weiten oder Raumschiffen nichts am Raumanzugshelm haben in seinen Bann ziehen wird.

Bewertung: 5 von 5 Sternen! *****

Filmkritik von Julius, 25.09.2015