Filmkritik zu "Die Vorsehung"

  

Irgendwo zwischen Sinn, Unsinn, Wahnsinn und Außersinn bewegt die „Die Vorsehung“. In dem Mysterien Thriller verbrüdert sich das FBI mit einem ehemaligen und hellseherischen Berater um einen Serienmörder zu jagen, der seinen Verfolgern immer mehr als nur einen Schritt voraus zu sein scheint. 15 Jahre schlummerte das Drehbuch in einer Schublade und setzte Staub an. 2 weitere Jahre mussten Thrillerfans nun warten um den Streifen auf der Leinwand zum ersten und zweiten Gesicht zu bekommen.

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Die Vorsehung könnt ihr ab dem 31.12. in den Kinos anschauen. Mehr Infos hier.

Finstere Vorzeichen

Grund dafür war nicht etwa die dreist anmutende Behauptung „Die Vorsehung“ sei so etwas wie der uneheliche Bruder von „Sieben“. Schuld trug der Bankrott des Produktionsstudios Relativity. Wobei ersteres ein legitimer Grund gewesen wäre, denn genau wie David Mills Gattin fehlt „Die Vorsehung“ ein wenig der Kopf. Der Streifen hat merklich mehr von einer sehr langen „Medium“ Folge mit Sir Anthony Hopkins als geliehener Hauptdarsteller als von dem noch immer und völlig zu Recht gefeierten, tief depressiven Meisterwerk von David Fincher. Dafür darf Hopkins (mal wieder) ein wenig den enigmatischen Doktor raushängen lassen. In „Die Vorsehung“ hat er es jedoch nicht so sehr mit trockenem Rotwein und menschlichen Delikatessen als mit Psychoanalyse und hellseherischen Fähigkeiten am Hut. Beides Fähigkeiten die Hopkins Charakter John Clancy zum idealen Mann machen, den die leicht an Clarice Starling gemahnende FBI-Agentin Katherine Cowles (Abbie Cornish) und ihr Partner in Sachen Verbrechensbekämpfung Joe Merriweather (Jeffrey Dean Morgan) aus dem verdienten Ruhestand holen. Da „Die Vorsehung“ ein Film der arg abgedroschenen Art ist, ist der ehemalige/zukünftige FBI-Berater natürlich über diesen Besuch in keinster Weise erstaunt.

Oh du schreckliche Zukunft

Was ihm jedoch nicht in Form nebulöser Vorahnungen beschert wurde, ist der Umstand, dass sein Gegenspieler Charles Ambrose (Colin Farell) nicht nur ebenfalls mit der Gabe des zweiten Gesichts gesegnet ist, sondern obendrein in genau dieser deutlich begabter ist. Allerdings beruht diese Behauptung einzig auf den noch Aussagen von Clancy und Ambrose. Bei letzterem müssen wir als Zuschauer einfach hinnehmen, was dieser behauptet, denn im Gegensatz zu den Vision von Clancy bekommen wir keine der Erscheinungen von Ambrose vorgeführt. Dies ist aber auch kein allzu großer Verlust, denn die des FBI-Beraters werden, ganz nach Gusto, durch einen physischen Kontakt ausgelöst und sind etwa so deutlich wie die Opening Credits einer beliebigen HBO oder AMC Serie.

In weiten Teilen funktionieren diese Hellsichtigkeiten des FBI-Hiwis zudem eher als Medium für Regisseur Alfonso Poyart um wirklich jeden Hauptcharakter mindestens einmal auf blutige Art und Weise aus dem Leben zu befördern. Nur um ihn kurz darauf wieder auftreten zu lassen, denn es war ja alles nur eine Vision. Fairerweise beißt dann vorm finalen Vorhang doch der ein oder andere endgültig in Gras. Dabei will genau das Clancy eigentlich verhindern, wird er doch recht früh im Film von Eindrücken des Ablebens der beiden FBI-Agenten geplagt. Als Belohnung für seine Erscheinung darf er sich dann mit der Frage beschäftigen, ob alles so eintreten muss, wie es gesehen wurde oder ob es verhindert werden darf. Der vermeintlich super finstere Ambrose nimmt in dieser höchst philosophischen Fragestellung die Postion des Schicksalverfechters ein und begründet so seine Bluttaten, während der alte Clancy einfach auf letzteres und die Rettung der pistolenschwingenden Psychopathologin Cowles hofft.

Gemeinschaftsleistung

Und in Mitten dieses ganzen Wirrwarrs aus Vision und Mord steht Regisseur Poyart und schwingt mehr oder minder munter den Taktstock zu einem Drehbuch aus der Feder von Sean Baily und Ted Griffin. Da sogar der Mörder so enigmatisch ist, dass er kurzzeitig auf Seiten der Protagonisten streitet, darf Poyart sich der Aufgabe gegenüber sehen, das Unsinnige plausibel erscheinen zu lassen. Da er aber nicht im Ansatz die brasilianische Antwort auf Fincher ist, gelingt dies weniger gut. Dafür jedoch macht er eine recht gute Figur darin aus einem sehr schmalen Budget einiges herauszuholen. Das hilft „Die Vorsehung“ inhaltlich nur bedingt weiter und Poyart ist auch eventuell nicht der richtige Mann für diese Art Film. Seine letzte Arbeit, der von einem recht einzigartige Effektmischmasch getriebene „2 Coelhos“, hat, bis auf wenige Momente nichts mit „Die Vorsehung“ gemein, beschert dem Zuschauer aber ein paar ansehnliche Sequenzen, in denen mehr als nur eine Version der Zukunft zeitgleich auf der Leinwand und in Clancy Kopf abläuft.

Das „Die Vorsehung“ ansonsten nicht völlig abschmiert, ist dem soliden Cast zu verdanken. Anthony Hopkins schlüpft in seine Paraderolle, Colin Farell spielt den Finsterling mit gar nicht so finsteren Absichten und Cornish und Morgan bieten ein zwar steifes aber gemeinsam überzeugendes Ermittlerteam.

Fazit

Auf einen Film wie „Die Vorsehung“ muss man sich als Zuschauer einlassen, so man ihm etwas abgewinnen möchte. Wer sich vorher nicht wirklich sicher ist, ob er sich den Mix aus Visionen und Mord geben möchte, der und die sollte sich den Kinobesuch sparen. Wer hingegen bereit ist, einen nicht unwesentlichen Teil der nörgelnden Intelligenz abzuschalten, könnte sich angenehm unterhalten fühlen.

Bewertung: 2 von 5 Sternen.**

Filmkritik von Julius, 30.11.2015