Filmkritik zu "Gänsehaut"

  

Die Welt des R.L. Stine, einem extrem-best-verkaufendem Autor von EXTREM populären Horror-aber-keine-Sorge-sind-für-Kinder-Büchern, ist eine sehr einzigartige. Sie ist gefüllt mit klug dargestellten Monstern, die entweder aus klassischen Büchern oder bekanntem Horror entliehen sind, aber inhaltlich und anschaulich auf ein jüngeres Publikum zugeschnitten sind, auf deren Geschmack und deren Toleranzgrenzen. Es reicht eben für „Gänsehaut“, nicht aber für echte Alpträume.

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Gänsehaut (Bild oben) läuft ab dem 04.02. in den deutschen Kinos.

Willkommen in der Welt von „Gänsehaut“

Stines Erfolg ist dabei ein wohlverdienter, seiner Geschichten wurden bereits mehrfach für Fernsehen und für Direct-to-Video Produktionen adaptiert. In seiner riesigen Welt nun einen Kinofilm zu installieren, ist bei den Ansprüchen von kleinen und großen Fans rund um den Globus eine echte Herausforderung, aber Regisseur Rob Letterman, unterstützt durch die Drehbuchautoren Scott Alexander, Larry Karaszewski und Darren Lemke, sowie einem energetischen Cast stellen sich der Aufgabe mit viel Freude und erzeugen einiges an schaurigem Spaß — trotz ein wenig zweifelhafter Konstruktionen in der Geschichte selber.

Die Autoren ziehen die Geschichte etwas zu groß auf, indem sie eine Meta-Handlung erschaffen, die es ihnen aber erlaubt eine irre Zahl von Stines dreisten und schrecklichen Monstern einzubauen. Alles nimmt seinen Anfang damit, dass Gale (Amy Ryan) sich und ihren unzufriedenen Sohn Zach (Dylan Minette) zu ihrer neuen Behausung im scheinbar verschlafensten Nest der Welt fährt. Die ganze Angelegenheit wird für Zach merklich interessanter, wenn sich herausstellt, dass in unmittelbarer Nachbarschaft ein extrem süßes Mädchen namens Hannah (Odeya Rush) wohnt. Allerdings hat Hannah einen reizbaren und aufpasserischen Vater (Jack Black). In der Schule wird Zach dann auch noch zu allem Überfluss und gegen sein Zutun vom größten Nerd (Ryan Lee) befreundet. Die beiden beschließen kurzer Hand herauszufinden, was es mit Zachs Nachbarn auf sich hat. Hier wird deutlich, dass ein großer Teil der Narrative Schnitten zum Opfer fiel um die Monstern schneller in die Handlung zu bringen, was vermutlich ein Verlust ist.

Es stellt sich aber heraus, dass Black niemand anders ist als R.L. Stine persönlich, seine Monstergeschichten so gut sind, weil er echte Monstern allein durch seine Erzählungen erschafft und die, jedes für sich, in den originalen Manuskripten eingesperrt sind. Doch das finden Zach und sein Kumpel Champ auf die harte Art heraus und sehen sich plötzlich dem Yeti und einer fiesen Handpuppe namens Slappy, dem miniaturesken Doppelgänger von Blacks Stine gegenüber, die dafür sorgen, dass sich noch mehr Monstern in der kleinen Gemeinde einfinden. Ihr Ziel: möglichst viel Chaos und Vernichtung anrichten, während Slappy sich an Stine rächt (wofür auch immer).

Lustiges Anleihenraten in „Gänsehaut“

Für den Zuschauer ergeben sich daraus eine Reihe an witzigen Horror-Stückchen, die natürlich im Tonfall auf das angepeilte Publikum, entsprechend der Bücher, abgedämpft wurden. So erinnert eine Stelle, an der Stine, Zach, Hannah und Champ sich mit einen Sportshorts tragenden Werwolf in einem Supermarkt auseinander setzen müssen nicht von ungefähr an „The Shining“ und „Zombieland“, ist aber definitiv handzahmer als beide zusammen. Allgemein sind Herr King und seine Werke eine sehr häufige Zielscheibe in „Gänsehaut“. Ein Umstand, der den ein oder anderen Lacher auch für die erwachsenen Horrorfans bereit hält, die von Stines Werken an sich weniger Ahnung haben. Das übliche Potential für Familienfilme wird hier also mit viel Genuss ausgenutzt. Allerdings ist King nicht der einzige Horrorgroßmeister und anderweitige Erzähler, der in „Gänsehaut“ frech beliehen wird. Es ist ein großer Spaß mitzuraten.

Die Horden an Monstern sind auf schicke Art animiert. Die Qualität der CGIs ist hoch, ohne dabei zu realistisch zu wirken. Sicherlich sind der ein oder andere Auftritt weit über der Kante, aber dies schaff eben die leichte und lustige Atmosphäre, die trotz aller Gänsehaut „Gänsehaut“ eben ausmacht.

Im Kampf gegen Schreckgestalten

Schauspielerisch wird der Film stark von Blacks üblicher Comedy dominiert. Seine Rolle als Stine passt und wird vom echten Stine in einem kurzen Cameo-Aufritt unter Kingschem Namen schön honoriert. Die wahren Helden des Films sind aber die Kinder. Dylan Minette mimt den coolen, dennoch von pubertärer Ungeschicktheit beeinträchtigten Anführer, Ryan Lee sorgt für den ein oder anderen Lacher nahe der Fremdscham und Odeya Rush gibt die süße, kluge und mysteriöse Nachbarin.

Auch der restliche Cast fällt durchwegs angenehm auf, einzige Gales Schwester, gespielt von Jillian Bell erscheint dann doch etwas nervig. Aber so ist das eben mit Jillian Bell, sie mag man entweder oder eher nicht.

„Gänsehaut“ will eben eher auf der komödiantischen Seite bleiben und den Ton, wenn er stellenweise ins düstere abzudriften droht, immer wieder schnell ins lustige und leichte zurückholen. Was in fast allen Fällen gut gelingt.

Fazit

Für Kinder und Jugendliche ist „Gänsehaut“ ein großer Spaß und gute Unterhaltung. Für Erwachsene ein schicker, nostalgischer Moment, der zum Mitlachen einlädt. Zu genau darf man es mit der Narrative nicht nehmen, denn es wurden schon recht grobe Züge angelegt um die Handlung möglichst spektakulär, dennoch Stine-ig zu halten. Unterm Strich aber der bessere „Grusel“ im Vergleich zu dem, was dieses Jahr das Horrorkino bisher bereit gehalten hat.

Bewertung: 4 von 5 Sternen.****

Filmkritik von Julius, 02.02.2016