Filmkritik zu "Kiss the Cook"

  

Fleischfresser aufgemerkt! Hier kommt einer, der euch versteht. „Kiss The Cook“ klingt zwar wie ein Spruch, der sich auf der Schürze eines x-beliebigen Hobbykochs befinden könnte, heißt aber eigentlich „Chef“ und ist ein echter Spitzenkoch. Obendrein noch ein Film, der nicht nur hervorragendes Essen, sondern auch Familie, Freundschaft und Liebe zelebriert. Obendrein treten in ihm zwei der sicherlich photogensten Damen auf, die Hollywood zu bieten hat.

kiss the cook scene

Fleischeslust

Die erste dieser beiden ist Sofía Vergara, sicher bekannt aus „Modern Family“ und zuletzt in „Wild Card“ an der Seite von Jason Statham, sowie davor in „Machete Kills“ neben Danny Trejo zusehen gewesen. Die andere ist Scarlett Johansson. Der Star aus dem in Bälde anlaufenden „Avengers — Age of Ultron“ braucht sicher keine weitere Vorstellung und ist in „Kiss The Cook“ mit hipsterhaften Tattoos und Boho Bangs zu sehen (wenn Sie nicht wissen, was das ist, sind Sie vermutlich ein Mann. Sieht sehr gut aus, ist aber letztendlich unwichtig. Konzentrieren Sie sich einfach auf das Essen). Denn selbst diese beiden Schönheiten haben es schwer neben es extrem schwer neben einem texanischen Beef Brisket zu punkten, welches in absoluter Perfektion zu krustiger Schwärze gegrillt wurde.

In den USA hatte im vergangenen Jahr der Film nicht nur einen (mehr oder weniger) Überraschungshit gelandet, er hat auch eine ganze Reihe an Filmbesuchern mit sehr hungrigen Mägen nach Hause geschickt, die sich, in Tradition von den Hierzulande so beliebten Kochshows nun vermehrt den lukullischen hingeben. Manch einer wird sicher nicht einmal im Kino an sich halten können. Machen Sie sich als auf das ein oder andere „aaaah“ und „oooooh“ gefasst, wenn kubanische Sandwiches, Rinderwangen, cornisches Stubenküken und feinster Bacon, frisch vom gegrillten Schwein aufgefahren werden. Hin und wieder gibt es auch mal ein Möhre oder Yuccawurzel zu sehen. Aber machen Sie sich keine Illusionen, vegetarier- oder gar veganerfreundlich ist „Kiss The Cook“ in keinem Fall.

Mit beiden Beinen auf dem Teppich

Vom eigentlichen Inhalt her hat „Kiss The Cook“ dann deutlich weniger zu bieten. Auch das Ende entspricht sehr dem, was man zu Beginn erwartet. Ein wenig so, wie die Rechnung am Ende eines Abends im Restaurant. Da sollte auch niemand so wirklich überrascht über das Ergebnis sein. Aber der Weg dahin ist ein vergnüglicher und wohlschmeckender. Es macht wirklich Spaß sich zurückzulehnen und mitziehen zu lassen. Die Truppe um Chefkoch (nicht nur vor sondern auch hinter der Kamera) Jon Faverau geht mit vollstem Eifer zur Sache. Aber besonders die Präsenz der Stand-Up Komödianten Faverau erfüllt was jede Szene mit seiner bodenständigen und ehrlichen Persönlichkeit. „Kiss The Cook“ ist einfach ein Komödie zum Wohlfühlen, wie sie im Buche steht.

In den USA wurde der Film bereits auf Demand veröffentlicht und hat im vergangen Mai schon extrem viel Lob von Seiten der Kritiker eingefahren. Zudem sehen viele in ihm eine Rückkehr zu Jon Faveraus Indiezeiten und Filmen wie „Swingers“ und „Made“. Also zu den Zeiten vor „Iron Man“, „Iron Man 2“ und „Cowboys & Aliens“. Obendrein ist „Kiss The Cook“ ein deutlich gemäßigter Weg einen Film zu gestalten als diese drei aus Faveraus Repertoire. Generell weht durch den Film ein Hauch von humoristischer Güte auf sehr verständlichem und eben sehr menschlichem Niveau. Ganz offensichtlich hat man es hier mit einer Herzensangelegenheit zu tun.

Doch fällt es auch nicht schwer Parallelen zur Entscheidung „Kiss The Cook“ zu drehen und denen, die Jon Faveraus Hauptcharakter im Laufe des Films fällt zu ziehen. Dieser ist nämlich ein sehr anerkannter Gourmetkoch, der sich von den kreativen Einschränkungen durch seinen Restaurantleiter (gespielt von ein bissigen Dustin Hoffman) irgendwann an den Rand des Wahnsinn getrieben sieht. „Sei in deiner Frezeit kreativ!“, schreit ihm dieser zu Beginn des Films entgegen. Wenn dann Carl Caspar (Jon Faverau) auch noch einem Kritiker (Oliver Platt) das aus Caspers Sicht ausgelutschte Standardmenü vorlegen muss und auf Grund diesem eine vernichtende Bewertung einfährt, die ihm obendrein auch noch vorwirft, er sei nur so dick, weil er alle Gerichte, die von den gelangweilten Essern in die Küche zurückgeschickt selber essen würde, trifft ihn das verständlicherweise sehr sehr tief.

Und dann kommt ihm auch noch Twitter in die Quere. Von seinem 10 jährigen Sohn Percy (gespielt von einem wunderbaren und sehr natürlichen Emjay Anthony) wird er in die Welt des Microbloggings eingeweiht und muss mit eigenen Augen ansehen, wie sich die Kritik nun wie ein Lauffeuer verbreitet. Wenn Caspar dann beschließt zu antworten, gießt er Benzin ins Feuer und macht alles nur noch schlimmer.

Aber sehen Sie es positiv: würde er sich nicht so entscheiden, würden dem Film einige sehr sehenswerte Momente und der Hauptantrieb der Handlung fehlen. Ohne weiter zu spoilern gibt es dann einen kurzen Auftritt von Kumpel Robert Downey Jr. Zu sehen, der vermutlich wie Scarlett Johansson inzwischen zu Faveraus engeren Freunden zählt und gerne an diesem Projekt mitgewirkt hat. Und es gibt eine lukullische Tour durch die Vorzüge der Küche der „Americana“, der oft so verschmähten Kultur der USA in vielen seiner global inspirierten Facetten.

Fazit

Sollte sich irgendein TV Sender eines Tages dafür entscheiden aus seinen Kochshows eine Soap-Opera zu zaubern, gäbe es kein Vorbeikommen an „Kiss The Cook“. Wobei ich anstatt Jon Faverau mit schreckensweiten Augen Atze Schröder in einem Imbisswagen vor mir sehe. Auf RTL II. Hoffen wir also, dass dies nicht der Fall ist. „Kiss The Cook“ aber ist eine absoluten Empfehlung des Hauses und bietet genug für Herz, Magen und Augen. Reingehen, angucken (und zu Hause bereits ein paar schmackhafte Snacks für den gröbsten Hunger nach „Kiss The Cook“ parat haben). Kinostart in Deutschland ist am 28. Mai 2015.

Bewertung: Vier von fünf Sternen.****

Filmkritik von Julius, 22.04.2015