Filmkritik zu "Pitch Perfect 2"

  

Wenn in diesem Sommer die Barden Bellas zurückkehren, dann tun sie dies mit weiblicher Wucht. Noch stärker als in „Pitch Perfect“ geben in „Pitch Perfect 2“ Frauen im wahrsten Sinne des Wortes den Ton an. Dies gilt sowohl für vor, als auch für hinter der Kamera. Als Ergebnis dieser neuen Weiblichkeit kann sich „Pitch Perfect 2“ als in hohem Maße unterhaltsam und dem ersten Teil deutlich überlegen präsentieren — mit Fortsetzungsgarantie. Es scheint, als wären die „Pitches“ gekommen um zu bleiben.

Geballte Frauenpower

pitch perfect 2 posterWie bereits beim ersten Teil stammt auch „Pitch Perfect 2“ erneut aus der Feder von Kay Cannon. Selbstironisches Material um starke (und manchmal weniger starke) Frauen scheint genau ihr Ding zu sein. Das hat sie mit „New Girl“ und „30 Rock“ mehr als deutlich gemacht. Obendrein hat die Frau Humor und ein Gespür dafür, wie man Gags in welcher Mischung einsetzt. Wenn in „Pitch Perfect 2“ einige nicht so ganz sitzen, dann ist dies der deutschen Synchronisation geschuldet, die vermutlich nicht jeden Wort-Bild-Tat-Witz in endlicher Konsequenz transferieren werden kann. Und zu Lachen gibt es so einiges. Cannon hat das Drehbuch für „Pitch Perfect 2“ nämlich ganz offensichtlich deutlich zarter um die Hüften gestaltet, als das des Vorgängers. Die freien Seiten wurden mit Humor aufgefüllt. Vermutlich eine der besten Entscheidungen in der Vorproduktion.

Regie in „Pitch Perfect 2“ führt Elizabeth Banks. Die Vollblutschauspielerin fühlt sich ganz offenbar auch hinter der Kamera pudelwohl. „Pitch Perfect 2“ ist, neben ihrer Tätigkeit als erfolgreiche Produzentin“, ihre erste große Regiearbeit. Es fällt nicht schwer zu prognostizieren, dass es nicht die letzte sein wird.

Denn die Mischung der Bellas funktioniert in „Pitch Perfect 2“ deutlich explosiver als im ersten Teil. Die Charaktere werden besser verwoben und erhalten mehr Tiefe und Nachhaltigkeit. Zwar stehen sie zu Beginn des Films am Ende ihrer College-Laufbahn, manche sogar eigentlich längst dahinter, aber sie wollen mit einem großen Knall abtreten, der für die ein oder andere das Tor zu großen und glamourösen Musikbusiness öffnen soll. Für die Zukunft werden sich Banks und Cannon allerdings sicherlich noch stärker „Es ist nicht die Musik, es sind die Mädels“ auf die Fahnen schreiben, denn ein Team wie die Bellas kann niemand trennen.

Erst recht keine Männer. Die existieren zwar in „Pitch Perfect 2“ und können auch einen kleinen Teil zum Gagfeuerwerk beitragen, aber eigentlich sind sie nur Staffage, die für ein paar kleine, romantische Subplots abgefertigt werden. Als störend wird dieser Umstand höchstens von harten Machos aufgenommen werden. Aber die werden „Pitch Perfect 2“ so oder so nur heimlich unter der Bettdecke gucken.

Gestern noch auf hohem Roß...

Ähnlich fern wie Männer scheint sich konsequente Karriereplanung in den Köpfen der Bellas festgesetzt zu haben. Zwar schweben Gedanken wie „Musikproduzentin“ und „Star“ nach dem bald endenden College irgendwo über den schönen Köpfen, aber im sechsten und letzten Jahr zählt in erster Linie das Hier und Jetzt. Die ehemalige Anführerin und schwächstes Licht in der Sammlung der Bellas, Chloe, hätte sogar längst das College beendet haben müssen, weigert sich aber stur es zu verlassen und hat einfach mal ein freiwilliges siebtes Jahr ergänzt. Aber wen wundert das. Immerhin soll doch Präsident Obama im Lincoln Center begrüßt werden. Der letzte Auftritt für die amtierenden Repräsentanten der „America's College A Capella League“ und der soll es in sich haben. Hat er auch. Allerdings deutlich anders als gedacht. In die Geschichte der Liga und der Bellas wird er nur als „Muffgate“ eingehen. Fat Amys (Rebel Wilson) versehentliches Entblößen intimster Stellen auf der Bühne wird der Präsident sicherlich nicht so schnell vergessen. Überhaupt nicht beeindruckt zeigen sich dann die immer wachsamen und herrlich sexistischen Sittenwächter der Liga. Gail Abernathy-Mckadden (Elizabeth Banks) und John Smith (John Michael Higgins) entheben die Bellas kurzerhand ihres Amtes und ernennen stattdessen eine Gruppe von (zumindest in der OV) herrlich überzogenen Deutschen namens „Das Soundmachine“ zu den neuen Vorzeigeperformern.

Smith hatte das alles so oder so schon kommen sehen und quittiert die Ereignisse mit einem blendenden Grinsen seiner perfekten Zähne so wie dem Einwurf, dass das ja wohl völlig vorhersehbar sein und eben dabei herauskäme, wenn man Mädchen auf ein Kollege lässt.

Zunächst scheinen die Bellas das auch auf sich sitzen zu lassen, werden dann aber durch Neuling Emily (Hailee Steinfeld) langsam wieder an das Wesentliche erinnert: „Ausdauer beruht auf Innovation“. Das lassen sich Beca (Anna Kendrick), Fat Amy (Rebel Wilson), Lilly (Hana Mae Lee), Flo (Chrissie Fit) natürlich nicht mehr als zweimal sagen.

Dazwischen ist „Pitch Perfect 2“ angefüllt mit trockenen Zweizeilern, dreisten und direktem Witz, ironischen Anspielungen auf unschöne Eigenheiten der Internetkultur, Generation Praktikum und natürlich einer Menge Musik. Die bildet auch einen der wenigen Kritikpunkte von „Pitch Perfect 2“. Auf musikalischer Seite fehlt ein wenig die Originalität des restlichen Films und liegt ein wenig hinter der Qualität des Vorgängers. Aber dieser Wermutstropfen wird durch den Rest von „Pitch Perfect 2“ locker wieder wettgemacht.

Fazit

Wer „Pitch Perfect“ bisher nicht gesehen hat, sollte dies nun schleunigst nachholen. Oder sich Zeit für eines der vielen Doublefeatures nächste Woche nehmen. Zumindest dann, wenn er oder sie nicht bei den Worten „A Capella“, „Karaoke“ oder „Glee“ direkt die Flucht ergreifen möchte. Bei dem, was „Pitch Perfect 2“ anlegt, ist davon auszugehen, dass wir uns auf ein baldiges Wiedersehen mit den Bellas in den nächsten Jahren freuen können. Hoffentlich mit der selben Besetzung, denn die wunderbar verwobenen Charaktere sind eines der besten Leinwandgespanne der letzten Jahre. Pitch Perfect 2 ist ab dem 14. Mai in den Kinos zu sehen.

Bewertung: 4 von 5 Sternen.****

Filmkritik von Julius, 08.05.2015