Filmkritik zu "The Gunman"

  

Sean Penn. Was für ein Typ. Und was für ein Schauspieler. In den vergangenen Jahren hat er wirklich nie daneben gegriffen, wenn es um seine Rollenwahl ging. Besonders dann nicht, wenn er sich auch noch als Produzent und Co-Autor hinter ein Projekt stellte. Sagt man zumindest. Dass das natürlich in den letzten Jahren dann doch nicht so ganz zutrifft, zeigt ein Blick in die Filmografie des Herren. Allerdings einen waschechten Genrefilm mit Sean Penn in einer actionlastigen Rolle hat man wirklich noch nicht erlebt. Bisher.

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Es im fortgeschrittenen Alter noch einmal so richtig krachen lassen!

Bei Hollywoodstars behält man gerne nur die Sternstunden im Gedächtnis. Zumindest für eine gewisse Zeit. Johnny Depp und Nicolas Cage lassen grüßen. Soweit ist es bei Sean Penn natürlich noch lange nicht, aber es beginnt sich ein Trend abzuzeichnen. Dringend Zeit dafür, sich neu zu erfinden. Über den Lauf seiner illustren Karriere hat Penn schon eine Menge an Rollen angenommen. In Sachen Hauptrolle hat er sich dann allerdings wirklich fast ausschließlich an Projekten beteiligt, die ihm am Herzen gelegen zu haben scheinen. Dabei dreht es sich so gut wie immer auch um sein politisches und gesellschaftliches Engagement. Als bekannt wurde, dass sich Sean Penn dann mit vollem Einsatz in seine Rolle als Terrier in „The Gunman“ stürzen würde und er zum ersten Mal einen Fäuste und Pistolen schwingenden Helden mimen würde, lagen (und liegen) die Erwartungen der Kinobesucher entsprechend hoch. Höher noch durch seine zusätzliche Beteiligung an dem Actionstreifen. Was mag den A-List Star bewegt haben sich hier derart zu beteiligen? Kritik am US-Geheimdienst? Spitze Anspielungen auf die Kill-List Politik? Irgendwas mit Black-Ops? Gekaufte Geheimdienste? Oder doch was gegen Konzerne. Für die dritte Welt, für Tiere und die Umwelt? Einfach so wird sich DER doch nicht in so eine Aufgabe stürzen, oder? Nun, wie das so mit Geheimdiensten und den Gespinsten internationaler Intrigen ist, der Grund für Sean Penns Begeisterung an „The Gunman“ verbirgt sich den gesamten Film über und bleibt auch nach den Credits die große Frage im Raum.

Schlag auf Schlag, eine Szene jagt die nächste

Vielleicht hilft ein Blick auf die Filme, an denen Sean Penn sich in den letzten Jahren beteiligte. Jedem fällt „Ich bin Sam“ ein und kaum einer wird dafür Beifall klatschen. Wie jeder in Hollywood hat auch Sean Penn seine Leichen im Keller und niemand der Filme wie „Das Spiel der Macht“ oder „Gangster Squad“ gesehen hat, wird diese dunkleren Stunden bestreiten wollen. Aber auch hier zeigte Penn immer irgendwie vollen Einsatz. Der aber fehlt bei „The Gunman“ völlig. Und das nicht nur bei Penns schauspielerischer Leistung. Unterm Strich ist das Maß an Handlung so dünn, dass es vermutlich nur Penns Einsatz zu verdanken ist, dass der Film es überhaupt zu einem hoch produzierten Stück Hollywood geschafft hat. Ansonsten kommt „The Gunman“ nämlich eher wie etwas rüber, von dem sogar in den früher 2000er Jahren die meisten US-Privatsender die gierigen Finger von gelassen hätten. Und das, obwohl die Romanvorlage „The Prone Gunman“ doch erst 2002 einen Preis gewonnen hat. „Top Mytery Book 2002“, so die New York Times. Stimmt auch. Aber die ursprüngliche Geschichte ist aus der Feder von Noir-Autor Jean-Patrick Manchette und spielt in den 80er Jahren und ergibt eben grade dort Sinn. Wichtig in der Vorlage ist besonders der Aspekt, dass der Held (Terrier) Opfer seinen eigenen Machenschaften und seiner Welt wird. Zwar trifft dies auch in gewisser Weise aus „The Gunman“ zu, aber dieser Teil verliert sich sehr schnell in etwas, dass sich am besten als Verkettung von fragmentarischen Szenen und Actionsequenzen bezeichnen lässt.

1A Cast bis in die letzten Momente

Wie in der Geschichte von Jean-Patrick Manchette ist auch in „The Gunman“ der Held ein Mann namens Terrier (Sean Penn). Er arbeitet im Dezember 2006 im Kongo als Sicherheitsberater für einen Minengesellschaft. Zusammen mit einer Gruppe von Mitarbeitern, die einen ähnlichen Werdegang wie er hinter sich haben (Spezialeinheit und so), macht er all die Jobs, die Firmen erledigt haben wollen an Orten wie dem Kongo ohne davon wirklich gewusst haben zu wollen. Kennt man ja. Dabei soll dann auch ein Minister dran glauben. In Folge des Attentates bricht dann nicht nur der Bürgerkrieg über den Kongo herein, Jack Terrier muss auch noch (ohne eine Wort der Erklärung zu verlieren) seine Freundin (und NGO Entwicklungshelferin) Annie (Jasmine Trinca) zurücklassen. 2014 dann kehrt Terrier in den Kongo zurück, diesmal selber als Entwicklungshelfer (geläutert und so). Neben Brunnenbau sieht er sich plötzlich mit drei Attentätern konfrontiert, die ihm ans Leder wollen. Die Antwort (und die Auftraggeber) hinter diesem Angriff wittert Terrier nicht ohne Grund in seiner jüngeren Vergangenheit und macht sich zur Ermittlung der Hintergründe nach London auf um dort Kontakt zu seinen ehemaligen Mitstreitern zu suchen. Die haben alle inzwischen aber entweder ganz andere Probleme wie Stanley (Ray Winstone), neue Jobs wie Cox (Mark Rylance) oder gar Annie geheiratet wie Felix (Javier Bardem). Von London aus schießt und haut sich Jack Terrier durch Spanien bis nach Barcelona mit einem Finale bei einem Stierkampf. Wer hier dann ein endlich verständliches Statement gegen den Stierkampf an sich vermutet, der sein darauf hingewiesen, dass Stierkämpfe seit 2012 in Barcelona komplett verboten sind. Ach, und Terrier hat auch noch ein schweres Gehirntrauma (wegen seinem Job und so).

Ein „waschechter Profi“ auf dem Regeistuhl

All das ist von Pierre Morel auf dem Regiestuhl in Szene gesetzt worden. Also dem Typen, der Liam Neesons Karriere mit „Taken“ wieder neuen Schwung verlieh. Der aber scheint seit „Taken“ und „District B13“ selber an Schwung verloren zu haben. Denn von den wunderbar choreografierten Balletten der Zerstörung aus fliegenden Kugeln und Fäusten ist nicht mehr viel geblieben in „The Gunman“. Hier kommt eher der Eindruck auf, als wäre man etwas hinter dem Zeitplan gewesen und wollte einfach nur noch schnell fertig werden. Die Lücken zwischen diesen lieblosen Momenten werden immer wieder mit fadenscheinigen Charaktermotivationen gefüllt, die so durchschaubar sind wie Klarsichtfolie und den Versuchen so etwas wie politisches Bewusstsein in dem Actionstreifen zu installieren. In den ersten zwei Dritteln des Films funktioniert das alles noch irgendwie, im letzten Drittel allerdings entgleist einfach alles. Gedankensprünge der Macher wirken nicht nur nicht mehr nachvollziehbar sondern auch noch völlig über die Kante der Ernsthaftigkeit katapultiert. Dazu gehören ganz vorne Idris Elbas Auftritt als hilfreicher Interpol-Agent und eben jener Stierkampf. Seit „Shanghai Suprise“ hat man Sean Penn sicher in keiner so dümmlichen Sequenz gesehen.

Fazit

„The Gunman“ ist sicherlich nicht der schlechteste Actionfilm, den 2015 für uns bereit hält. Allerdings hat er mit Javier Bardem, Ray Winstone, Mark Rylance, Jasmine Trinca, Idris Elba und Sean Penn einen Cast, von dem man einfach mehr erwarten muss. Leider scheint Sean Penn seine Mitstreiter zusammengetrommelt zu haben, ohne ihnen dann eine Aufgabe zu geben. Morel scheint dazu in einer schweren Schaffenskrise zu stecken. Sean Penn hat sicherlich das Potential (so er denn noch will) im Alter einen glaubhaften Actionstar abzugeben. Obendrein ist er eigentlich einer der besten Schauspieler-Regisseure, den Hollywood zu bieten hat. Aber nach diesem Fehlschuss sollte er erst einmal Abstand nehmen und sich für das nächste Projekt sammeln.

Bewertung: 2 von möglichen 5 Sternen.**

Filmkritik von Julius, 23.03.2015

The Gunman ist ab dem 30.04.2015 in den Kinos zu sehen. Den Trailer und das Filmposter könnt ihr hier anschauen.