Filmkritik zu The Transporter Refueled

  

Alles begann 2002 dadurch, dass Luc Besson wohl durch die Arbeit einiger seiner Kollegen an BMWs Werbefilmreihe „The Hire“ mehr als nur angetan war. So angetan, dass er sich seinen ganz eigenen BMW-Spot unter der Regie von Louis Leterrier um einen zwielichtigen Get-Away Driver mit eisernen Grundregeln schuf. „The Transporter“ war geboren.

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The Transporter Refueled startet am 03.09. in den deutschen Kinos. Mehr zum Film (Trailer, Bilder, Poster...) hier.

Alles auf Anfang

Im Vorfeld des Neustarts der erfolgreichen „The Transporter“ Franchise von Actionfließband Luc Besson kristallisierte sich schnell heraus, dass Zugpferd Jason Statham nicht mit von der Partie sein würde. Über drei Filme mit Gesamteinnahmen von über 336 Millionen Dollar allein an den Kinokassen bei einem vergleichsweise geringen Gesamtbudget von unter 100 Millionen Dollar zeigten aber deutlich, dass es mit oder ohne dem Gesicht der Reihe weitergehen würde. Je nachdem, wen man fragt, warum Statham nun nicht mehr am Steuer sitzen würde, bekommt man völlig unterschiedliche Antworten. Unterm Strich wird es für alle Beteiligten eine finanzielle Frage gewesen sein.

Schlussendlich war es aber eine Entscheidung, die der Franchise nicht schlecht zu Gesicht steht. Ed Skrein kann Statham zwar nicht das Wasser reichen, dies ist aber auch offensichtlich nicht beabsichtigt, denn im Gegensatz zu der deutlich älteren Version von Frank Martin, die uns Statham zwischen 2002 und 2008 präsentierte, befindet sich Skreins „The Transporter“ noch relativ am Anfang seiner Legendenbildung. Nichts desto trotz ist auch er in der Unterwelt an der französischen Riviera als Mann mit Prinzipien bekannt.

Prinzipien hat auch das Team um Regisseur Camille Delamarre. Der Franzose hat sich seine Sporen als Editor in einer ganzen Reihe von Luc Besson Produktionen verdient und bereits für „Brick Mansions“ im Regiestuhl Platz genommen. In Zusammenarbeit mit seinem für die Autoszenen zuständigen Stuntchef Michel Julienne wurden zwar alle Stunts zunächst im Rechner vorgeneriert, bei der Ausführung schließlich aber wurde wo es nur geht auf CGI verzichtet. Ein sehr zu begrüßender Trend, wie der kürzlich angelaufene Sommerflop um den Computer-Antihelden Agent 47 deutlich zeigt. „The Transporter Refueled“ kann sich davon angenehm absetzen, auch wenn die Kosten der Drehorte an der französischen Riviera und eben jener Verzicht auf billige Hilfe aus dem Rechner bisweilen dem Produktionswert in Look und Feel anzumerken ist.

Randale im Urlaubsparadies

Aber mal Hand aufs Lenkrad, es steht einem halbwegs ernstgemeinten Actionstreifen gut zu Gesicht sich nicht allzu weit aus dem Fenster des Machbaren zu lehnen. Auch wenn „The Transporter Refueled“ sich immer wieder mit deutlich aus dem Fenster gestrecktem Ellenbogen präsentiert. Diese Szenen kommen allerdings in fast allen Fällen als augenzwinkernde Momente daher. Und auch so gibt es für den Transporter Frank Martin gut was zu tun. Wenn er nicht grade Gangster und Promis kutschiert widmet er sich seinem pünktlich zu Filmbeginn in Rente gegangenen Vater Frank Martin Sr. (Ray Stevenson). Dieser behauptet zwar steif und fest über den kompletten Film einen langweiligen Job als Berater für Evian und die britische Regierung abgeleistet zu haben, das wirkt jedoch auf niemanden besonders überzeugend. Wenn dann auch noch gleich vier Femme Fatales, angeführt von Anna (Loan Chabanol) und Maria (Tatiana Pajkovic) mit der russischen Mafia dicht auf den Fersen in das Leben des Vater-Sohn-Gespanns treten, ist Ärger nicht weit und die Côte d'Azur bekommt nicht nur Blechschäden zu sehen.

Denn mit einem Drilling an russischen Gangstern und deren Oberprostituierten Miassa ist wirklich nicht gut Kirschen essen. Schlimmer noch, Frank und Frank Senior werden in ein gefährliches Netz aus Rache und ent- und verführerischen Damen mit Modellmaßen gezogen und Frank Junior scheint mit der russischen Mafia zu allem Überfluss bereits mehr als einmal Kontakt gehabt zu haben.

Und es heult der Motor

Die Handlung hat zwar Löcher, in denen der im Film ausgiebig vorgeführte Audi S8 locker Platz findet, dies ist allerdings im spaßigen Rausch am Rande des B-Films nicht wirklich schlimm. „The Transporter Refueled“ ist nun kein Film, der sonderliche Ansprüche an sein Publikum stellen möchte. Das geht nur an wenigen Stellen mit absolut hanebüchenden und obendrein auch noch völlig unnötigen technischen Spielereien einher, auf die durchaus hätte verzichtet werden können. So scheint Franks erster Audi S8 beispielsweise über ein Radar zu verfügen auf dem ausschließlich Polizisten angezeigt werden. Ein Blick in den Rückspiegel hätte an dieser Stelle das selbe Ergebnis erbracht. Ähnlich verhält es sich mit einer ausgefeilten Software zur Kontoverwaltung, die exakte Auskunft darüber gibt, wo sich jemand befindet, der beziehungsweise die grade ebenfalls auf das schweizerische Nummernkonto zugreift.

Wer sich darüber hinaus aber über Einweg-Audis, wirtschaftliches Verhalten von russischen Gangstern oder gar Ermittlungsmethoden der französischen Polizei den Kopf zerbricht, ist wohl einfach in den falschen Film gegangen.

Auf der schauspielerischen Seite sind bitte ebenfalls keine Höchstleistungen zu erwarten. Dafür sind die Charaktere in weiten Teilen einfach zu überzeichnet und zweidimensional. Aber sie erfüllen alle ihren Job oder sehen zumindest sehr ansprechend aus. Ed Skrein, kurz als Daario Naharis in „Game of Thrones“ zu sehen gewesen, würde als alleiniges Mitglied der Martins sicherlich eine etwas dünne Figur abgeben, aber diese Defizite des jungen Mannes werden angenehm durch den extrem sympathischen Ray Stevenson, zuletzt in „Big Game“ als Schurke im Kino, aufgefangen. Das Vater und Sohn Team funktioniert hier wirklich gut und könnte sogar im nächsten Teil noch immer den Film bereichern. Denn den wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit geben, schwebt Chefproduzent Besson doch eine erneute Trilogie vor.

Fazit

Trotz einiger Mängel bietet „The Transporter Refueled“ seichte Unterhaltung mit vielen, sich natürlich anfühlenden Stunts, einer latent absurden Story und einigen schön inszenierten Schlagabtäuschen. Nur das Gehirn sollte man beim Besuch des längsten Autowerbespots des Jahres nicht zu sehr griffbereit haben.

Bewertung: 3 von 5 Sternen

Filmkritik von Julius, 01.09.2015