Filmkritik zu "Unbroken"

  

Hollywood hat ein ungebrochenes Faible für große Geschichten. Wie sicherlich kein anderes Thema gilt dies für Ereignisse rund um den 2. Weltkrieg. Immerhin ist hier, wie sicherlich in keinem anderen Konflikt, sichergestellt sich definitiv und unverrückbar auf Seiten der Guten zu befinden. Ein moralisches Dilemma mag in Hollywood-Streifen um dieses Thema maximal angeschnitten werden. Während sich die meisten Filme — wie derzeit „Herzen aus Stahl“ - mit dem waffenstarrenden Triumph über das menschenverachtende Dritte Reich beschäftigen, schlägt Angelina Jolie's „Unbroken“ deutlich leiser Töne an. Auch wenn davon in der ersten Einstellung und den ersten Filmminuten wenig zu merken ist.

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Dauerfeuer über dem Pazifik

Zu Beginn nämlich zeigt Angelina Jolie in ihrem zweiten Einsatz auf dem Regiestuhl, was sie an Bildgewalt zu bieten hat. Es werden alle Register gezogen. Zugleich werden in dieser eindrucksvollen Montage aus Bild und Ton aber auch deutlich die Stärken und Schwächen von „Unbroken“ aufgezeigt, die den Film die nächsten 2 Stunden (und ein wenig mehr) bestimmen werden. Ohne Details der Handlung zu verraten, wird dem Zuschauer eine äußerst sehenswerte Luftschlacht über dem Pazifik präsentiert und zugleich die Crew von Hauptcharakter Louis Zamperini's Consolidated B-24 vorgestellt und bei ihrer Arbeit gezeigt. Wenn Zamperini (Jack O’Connell), Russell ‘Phil’ Phillips (Domhnall Gleeson) und Hugh ‘Cup’ Cuppernell (Jai Courtney) ihren Bomber durch Flakfeuer und japanische Bomber steuern um ihre tödlich Fracht in Ziel zu steuern, liegt soviel Aufmerksamkeit in der filmischen Gesamtarbeit, dass sich jedes Detail „echt“ anfühlt. Der Druck, Lärm und Rückstoß der Maschinengewehre ist spürbar und hämmert dumpf in den Ohren. Zugleich schwebt aber deutlich das Gefühl im Raum, dass sich die Charaktere in einem sehr zerbrechlichen Objekt befinden, welches in jedem Einsatz die härtesten Bedingungen aufgesetzt ist und deren Besatzung jedes Mal nur knapp dem Tod entkommt.

Neben dieser Stärke jedoch schiebt sich ein weiteres Gefühl in den Kopf des Zuschauers. Nämlich der, dass hier irgendetwas nicht stimmt. Der Horizont wirkt wie aus einem Gemälde, jede Wolke ist mit Liebe zum Detail platziert und auch gewollte Unsauberkeiten in diesem perfekten Bild können nicht die Effekte von Make-Up und digitaler Nachbearbeitung auf dem eh schon klassisch hollywood-schönem Gesicht von Jack O'Connell verhehlen. Möglicherweise ist dieses Genauigkeit der Alten Schule Absicht und passt nun auch gut in die Zeit der 40er Jahre, aber auf die Dauer wirkt zu auf einem heutigen Zuschauer verstörend. Zu sehr lädt ein solch perfektes Arrangement zur Suche nach Fehlern ein und wirkt auf Grund seiner Perfektion zu unrealistisch. Dieser Beigeschmack wird den Film bis zu seinem Ende verfolgen. Auch das Charisma von Jack O'Connell — und davon hat der Mann einiges — wird gegen diese Seite des Films wenig helfen, verstärkt seine Person dieses Gefühl doch sogar noch. Neben seiner Ausstrahlung sieht er einfach in jeder Situation zu gut aus, um wirkliches Leiden vermitteln zu können.

Nur nicht aufgeben

Und um Leiden geht es. Leiden und Durchhalten. Zum Glück nicht so sehr für den Zuschauer, sondern um das von Louis Zamperini. „Unbroken“ basiert auf dem gleichnamigen Werk von Laura Hillenbrand und ist dem im Juli des vergangenen Jahres verstorbenen Sportler und Weltkriegsveteran Zamperini gewidment. Dessen Karriere als Olympionik und Läufer unter dem Kampfnamen „The Torrance Tornado“ wurde durch den Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg abgeschnitten und Zamperini verpflichtete sich bei der Luftwaffe der US Streitkräfte. Während eines Rettungseinsatzes wurde sein Maschine abgeschossen und er und zwei verbleibende Crewmitglieder mussten 47 auf See durchstehen, nur um danach in japanische Kriegsgefangenschaft zu geraten. Bereits während der Szene, die vor dem Krieg spielen, wird deutlich gezeigt, dass Zamperini in sich die Fähigkeit gefunden hat, sich über Grenzen zu erheben. Wo andere aufgeben würden, mobilisiert er seine inneren Kräfte und macht einfach weiter. Eine Fähigkeit, von der wir wohl alle hoffen, sie irgendwo versteckt in uns zu haben. Aber genau diese Fähigkeit wird während des Films (und wurde zweifelsohne im Leben des realen Louis Zamperini) auf eine harte Probe gestellt. Besonders deutlich — und leider nie wieder in der Intensität erreicht — schafft es „Unbroken“ dies im Überlebenskampf von Zamperini, Pilot Philips und Crewmitglied Cuppernell auf hoher See zu zeigen. Hier ist in der Performance von Jack O'Connell deutlich die Verzweiflung und Todesangst zu spüren, die auch Zamperini verspürt haben muss. In dieser Passage funktioniert wirklich fast alles, die Räder von Regie, Kamera und Cast greifen sauber ineinander. Leider wird diese Stärke dem restlichen Film gänzlich fehlen und leider ist auch hier der Eindruck von zu viel Perfektion sehr deutlich zu spüren.

Von der Bratpfanne ins Herdfeuer

Wenn Zamperini schließlich in japanischer Kriegsgefangenschaft landet und die Ungerechtigkeiten und Grausamkeiten, besonders durch Lagerkommandant Mutsushiro Watanabe (gespielt vom japanischen Ausnahmemusiker Miyavi), erleiden muss, schafft es Jolie einfach nicht mehr die Bedrohung zu vermitteln und scheitert daran deutlich zu machen, worum es hier wirklich geht. Zu großen Teilen liegt genau das wieder an der zu perfekten Optik. Kameramann Roger Deakins, das Lieblingsauge der Coen Brüder, die in „Unbroken“ am Drehbuch mitarbeiteten, leistet wie immer großartige Arbeit, aber insbesondere das optisch vordergründige Beige im Farbton, welches die Authentizität und Nähe zum Film der 40er präsentieren will, distanziert den Zuschauer mehr und mehr vom Geschehen. Wo er in „Jarhead“ mit einem ähnlichen Ansatz perfekt den Ton trifft, sind wir wohl einfach zeitlich zu weit weg vom Geschehen in „Unbroken“. So wird aus dem, was der Zuschauer zu Beginn im Luftkampf und danach auf hoher See verspürt, etwas, das nur noch betrachtet wird. Aber das Fühlen erhebt eben einen Film über den Rest.

Alle in einem Boot

Zurück bleibt am Ende irgendwie Enttäuschung. Diese allerdings ist in keiner Weise Hauptdarsteller Jack O'Connell ('71, Starred Up und 300: Rise of an Empire) anzukreiden. Sein Name ist sicherlich noch kein Markenzeichen, aber in den nächsten Jahren dürfte von diesem Mann noch einiges zu erwarten sein, hat er sich doch in kürzester Zeit von einem talentierten Schauspieler zu einem echten Talent entwickelt. Ebenfalls nicht den Schuh schlechter Performance anziehen muss sich Domhnall Gleeson (Harry Potter und die Heiligtümer des Todes Teil I und II, Frank). Dieser liefert in der Nebenrolle als Pilot Russell ‘Phil’ Phillips ebenfalls eine sehr gute Darstellung ab und hilft das Gefühl von Leid und Verzweiflung im Überlebenskampf an Bord der Rettungsboote mit zu tragen.

Fazit

Gerade diese Perfektion in eigentlich allen Belangen macht es um so trauriger, dass der deutlichste Eindruck des Films im Rückblick der Anblick des wie gemalt und zu arrangiert wirkenden Himmels zu Beginn von „Unbroken“ bleibt. „Unbroken“ wäre eines dieser inspirierenden Hollywood-Dramen, welches einem die Tränen der Rührung in die Augen trieben würde, würde es nicht einfach zu perfekt sein. Manchmal funktioniert die Chemie einfach leider nicht.

Bewertung: 3 von möglichen 5 Sternen.***

Filmkritik von Julius, 07.01.2015

Mehr Informationen zu "Unbroken"

Mehr zum Film, inkl. dem aktuellen Trailer, Bildern aus dem Film, dem Filmposter und allgemeinen Informationen findet ihr in unserer Filmdatenbank. Unbroken ist ab dem 15.01.2015 im Kino zu sehen.