Pets Filmkritik — Madagascar in der Großstadt

  

Was lernen wir aus der folgenden Faktensammlung? Animationsfilme sind so beliebt wie nie. Tiere gehen immer. Völlig bekloppte Figuren wie die Minions sind liebenswert und kommen gut an. Und der Klassiker: man braucht keine gute Geschichte, wenn man gute Figuren hat. Die Antwort auf unsere Frage warten wir erst gar nicht ab und verraten das Ergebnis auf dem Fuß: Wer eine Animationskomödie mit Tieren macht und sich an das Rezept der letzten Filmerfolge hält, kann gar nicht viel falsch machen. Garantierter Gewinn sozusagen.

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Pets — Wenn Tiere durchdrehen

In "The Secret Life of Pets" lernen wir den verwöhnten Hund Max kennen, der sein Frauchen über alles liebt, mit den meisten Tieren in der Nachbarschaft gut befreundet ist und an sich ein recht sorgenfreies Leben genießt. Da eine solche Geschichte aber nicht sonderlich spannend klingt, wird ihm schon nach wenigen Minuten ein neuer Mitbewohner präsentiert: Duke. Neuer Hund, alter Hund. Ihr könnt euch denken, wie die Geschichte von nun an verläuft.

Es kommt, wie es kommen muss und die beiden finden sich auf der Straße wieder. Ihrer Halsbänder beraubt und mit Tierfängern im Nacken, gehen sie eine kurzweilige Allianz mit Tieren ein, die von ihren Besitzern verstoßen wurden und nun blutige/pelzige Rache fordern. An vorderster Front: das putzige, aber hasserfüllte Häschen Snowball. Zwei Freunde auf der Flucht, die Tiermafia auf dem Fersen und gesucht von einer wild zusammengewürfelten Bande von Freunden, die Max retten will. Genug Stoff für eine gemütliche Abendunterhaltung also.

Völlig losgelöst

Der Animationsfilm von Universal beginnt etwas langatmig und der Humor liegt in erster Linie auf den allseits bekannten Macken diverser Haustiere. Schon zu Beginn ist klar, dass diese Gesellen sich nicht wirklich wie "normale" Haustiere verhalten. Doch man hält sich zwischen vermenschlichten Vierbeinern und animalischer Situationskomik die Waage. Das besteht keine zwanzig Minuten, da wird "Pets" auch schon zu einer Version von "Madagascar" in der Großstadt. Aber auch dieses Niveau — ob es nun gefällt oder nicht — bleibt nicht lange von Bedeutung, denn kaum weitere zwanzig Minuten später, dreht dieses Werk dann völlig frei.

Super absurder Humor; over the top, wenn man so will. Das ist auf jeden Fall unterhaltsamer als der langgezogene Start, muss aber auch die Nerven des Kinobesuchers treffen. Wer mit einem Humor, der an Cartoons der späten 1990er Jahre erinnert, nicht viel anfangen kann, sollte sich den Kauf noch einmal überlegen. Die Anspielungen auf die vielen Ticks der Haustiere werden zwar nicht weniger, nichtsdestotrotz hat "Pets" nicht viel mit dem gemein, dass in den ersten, kurzen Trailern gezeigt wurde.

Viel mehr ist es eine Buddy-Komödie, die ihren anfangs eingenommenen, geradlinigen Kurs schnell verlässt und ab diesem Punkt kann niemand mehr sagen, was als nächstes passiert. Viele Szenen gibt es dabei mehr als offensichtlich nur, weil der Plot vorangetrieben werden musste und bestimmte Figuren eingeführt werden sollten. Das merkt man leider und es wird nicht einfacher, wenn anschließend Zeit mit unnötig langen Unterhaltungen verschwendet wird. Dadurch ist es dem Besucher nicht möglich, auf Dauer belustigt/unterhalten zu werden und der Plot wird ebenfalls nicht besser.

Doch beschwichtigend sei trotzdem erwähnt, dass die Geschichte, der rote Faden selbst, gar nicht mal so wichtig ist. Es ist der abgedrehte Humor, der hier zählt und auch wenn der nicht sonderlich niveauvoll ist, so hat er zumindest einen ansprechenden Unterhaltungsfaktor. Der Rest wird hauptsächlich von den Figuren selbst getragen, wovon einige wirklich gut gelungen sind. Sie leisten ihren Teil zum Funktionieren des Films. Alle anderen sind kaum mehr als Lückenfüller und so bleibt der Fokus auf maximal fünf Charaktere liegen. Aber hey: dass ist immerhin mehr als bei manch anderen Vertretern dieses Genres.

Ein eigener Stil

Von der animationstechnischen Seite aus verlässt man sich in "Pets" auf altbewährtes und zeigt die Tiere recht detaillos und sehr comichaft. Dabei verlieren die Figuren jedoch nicht die Fähigkeit, sich so zu bewegen, wie wir es gewohnt sind. Gerade diese Möglichkeit des Erkennens ist es ja, worauf "Pets" abzielt: es ist lustig, weil es wahr ist. Die Menschen sind ähnliche Gurken, wie wir sie schon aus Filmen wie "Ich — Einfach unverbesserlich" kennen. Trotzdem sieht der Film an sich sehr gut aus; vor allem das Wasser und die Lichtsetzung sind fantastisch.

Die Synchronstimmen in der deutschen Variante passen leider nicht immer so wirklich schön, aber es ist nur ein kleiner Kontrapunkt. An und für sich funktionieren die Besetzungen. Bei manchen halt mehr und bei anderen weniger. Gegen die Musikuntermalung kann man nicht viel sagen; weder positiv, noch negativ und an diesem Punkt angekommen ist es schon erstaunlich zu erkennen, dass das für das gesamte Machwerk steht. Ein paar Sachen passen, andere sind — nett gesagt — nicht so gut und der Rest ist vor allem Banane.

Zumindest hat dieser Film einen einigermaßen eigenen Stil, was das Gesamtpaket angeht. Er ähnelt vielen Filmen, lässt sich aber mit keinem richtig gut vergleichen. Wie das Obst, von dem keiner weiß wie es heißt, das jedoch trotzdem immer mit in der Schale angeboten wird. Das macht "Pets" zwar nicht zu einem Vorreiter in irgendwas, aber zumindest ist er auch kein bloßer Klon.

Fazit

"Pets" ist nicht der Film über die Eigenheiten von Tieren und lustigen Begebenheiten, die darauf folgen. So präsentiert er sich lediglich in den ersten Minuten. Den Aufmacher verwendet er zwar bis zum Schluss, doch im Vordergrund stehen Haustiere, die mit ihren Originalen in dieser Welt fast gar nichts gemein haben; außer besagten, liebenswerten Macken. Der Rest ist eine sehr lose Geschichte, die von einer Verrücktheit zur nächsten stolpert. Es geht zwischenzeitlich sehr chaotisch zu und man muss schon ein kleiner Fan von Slapstickhumor sein oder deutlich jünger als ein durchschnittlicher Kinokritiker, um mit dieser Art von Unterhaltung glücklich zu werden.

Doch selbst in dem Falls ist "Pets" nur zu empfehlen, wenn man wirklich nicht viel mehr wünscht. Besser sogar: überhaupt nichts mehr. Einige Szenen und Charaktere funktionieren zwar ziemlich gut, dafür sind andere fast schon unterirdisch. Ein Film für Kinder, ganz klar, der Erwachsenen nur mildes Lächeln und ein/zwei echte Lacher bescheren kann. Aber manchmal reicht das ja auch schon.

Pets startet am 28.07.2016 in den deutschen Kinos.

Bewertung: 3/5 Sternen.***

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Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 28.06.2016