War Dogs Filmkritik — Waffenhandel over the top

  

Mit der Hangover-Trilogie hat Regisseur Todd Phillips der breiten Kinowelt die Bedeutung von "völlig übertrieben" näher gebracht und sich das Spektrum des Blödelns komplett zu Nutze gemacht. Doch was, wenn die Geschichte, die man erzählen möchte, inhaltlich bereits so krude und wahnwitzig ist, dass man gar nicht mehr auf Gedeih und Verderb lustig sein muss? Dann fehlen eigentlich nur noch die richtigen Hauptfiguren und ein fantasievoller Pinselstrich. Was kann jetzt noch schief gehen?

War-Dogs

Willkommen in der Neuzeit

Die verrücktesten Geschichten schreibt das Leben selbst — mit tapferer Unterstützung von uns Menschen und unseren unbeschreiblich blöden Ideen. Guter Stoff für Filme, aber auch ansatzweise Grund, sich mit voller Kraft die Handfläche gegen die Stirn zu donnern. So geschehen im Jahr 2005, als die US-Regierung damit begann, Rüstungsaufträge für den Irak-Krieg über das Internet auszuschreiben. Die Chance für kleinere Anbieter, einen Krümel vom großen Kuchen abzugreifen.

Mittendrin: Kriegsgegner David (Miles Teller); seines Zeichens erfolgloser Unternehmer und in der Verantwortung, seine schwangere Freundin durchzufüttern. Und Schlitzohr Efraim (Jonah Hill), der zwar nicht sonderlich charmant oder sogar beliebt ist, aber die richtige Ware anzubieten hat. Die beiden ergänzen sich als Figuren und in ihrer dargestellten Form fast perfekt und sind allein für sich schon Grund genug, dieser wilden Achterbahnfahrt zuzusehen.

Buddy-Waffenhändler

Mit Miles Teller und Jonah Hill beweist man, dass sich dieses Drama selbst als eine Art Buddy-Komödie sieht und entsprechend verkaufen möchte. Die beiden bringen alles mit, was man für dieses Subgenre benötigt und vielleicht noch ein bisschen mehr. Denn sie spielen ihre Figuren nicht nur originell, sondern beinahe klassisch für diesen Zweig der Kinobranche. Der eine, mit weichem Herz und großen Träumen, der andere mit dem Schneid und dem nötigen Trotz, diese auch zu erreichen. Fläche für negative Reibungen inklusive.

Klar, ihre Charaktere sind schrecklich überzeichnet worden und werden der Geschichte, aus denen sie entnommen wurden, nur ansatzweise gerecht, aber genau hier liegt auch der eingeschlagene Weg dieses Machwerks. Mit breitem Panorama deckt man die gesamte surreale Geschichte ab, die sich in den 00ern ähnlich abgespielt haben soll und hebt solche Punkte hervor, die aufzeigen, wie unsinnig und völlig abgefahren die Situation damals war. Trotz guter Gags und gelungenen Sprüchen kann einem da das Lachen auch schon mal im Hals stecken bleiben. Die Wirklichkeit schreibt halt nicht nur die besten Geschichten, sondern auch die unerwartetsten Pointen.

Trotzdem wäre es schön gewesen, wenn man sich hier und da ein wenig zurückgenommen hätte. Denn auch wenn dieses Dreigespann aus Komödie, Drama und Kriegsfilm absichtlich humorvoll aufgebaut wurde, wird die Geschichte und die Qualität des Gezeigten immer wieder unterwandert, wenn sich die Drehbuchautoren zu wenig am Riemen reißen konnten und ihre Gedanken und Ideen wild in alle Richtungen davon sausen. Es kommt nicht oft vor, mindert den Erzählfluss aber dadurch um so mehr.

Hinzu kommen Anspielungen — oder von mir aus auch Respekt zollende Szenen — aus "Goodfellas" und "Scarface", die leider nicht vorsichtig dem Gemisch hinzu gefügt, sondern reichlich und beinahe überschwänglich in den Topf geworfen werden. Weniger wäre hier vielleicht mehr gewesen, so abgedroschen das auch klingen mag. Jede Komödie sollte ihre Grenzen kennen und hier wurden sie — mit Blick auf die anderen Genreecken — weiten Schrittes übertreten.

Unterhaltsam und teilweise sogar spannend ist die Geschichte aber dennoch. Phillips versteht es, das Interesse des Zuschauers nicht zu sehr auf die Probe zu stellen und sich gleichzeitig Zeit für seine Figuren und ihre Erlebnisse, Gefühle und Gedanken zu nehmen. Leerlauf kommt dabei nur selten auf. Das hat er zu großen Teilen aber auch seinen Schauspielern zu verdanken. Vor allem Jonah Hill spielt fulminant auf und macht 115 Minuten zu einem weitgehenden Vergnügen.

Aber auch im Waffengeschäft und vor allem in Hollywood ist nicht alles Gold was glänzt. Denn so technisch versiert wie Phillips sein Werk umsetzt und so talentiert die Hauptdarsteller ans Werk gehen, so gewöhnlich ist der ganze Film unterm Strich, wenn man nicht beide Augen zudrückt. Das Gesamtwerk kann man weder als gewagt, noch unglaublich interessant bezeichnen. Es ist einfach nur ein komödiantischer Aspekt einer abgedrehten Welt, in die normale Bürger wie wir nur über die Leinwand Blicke riskieren können.

Man kommt nicht umhin zu bemerken, dass sich die Macher hier selbst mit deutlich mehr Biss sehen, als es tatsächlich der Fall ist. Teilweise fällt mir das Wort plump ein, aber das wird der Wahrheit nicht gerecht, ist sogar übertrieben. Sagen wir lieber "nicht bis zum Ende gedacht". Die Idee war da, aber inwiefern sie sich in das Gesamtwerk einfügt, wurde mehr oder weniger dem Glück überlassen.

Fazit

Was ihr am Ende also bekommt, ist ein im Ansatz fein gefertigter Film, der Spannung hoch schreibt, sich aber dennoch Zeit nimmt, diese nicht dauernd und immerzu zu befriedigen. Trotzdem entstehen keine Leerläufe, was ein schwieriges Unterfangen ist, hier aber glänzend umgesetzt wurde. Nichtsdestotrotz dürft ihr nicht zu viel erwarten, denn so filigran die Mechanik des Werkes auch sein mag, ihre ganze Konstruktion ist nicht wirklich originell. Edle Teile, die verwendet wurden, um Durchschnittsware zu produzieren.

Gleichzeitig steht der Humor — der durchaus gelungen ist — einem traurigen Versuch gegenüber, echtes Drama á la "Lord of War" oder auch "The Big Short" zu erschaffen. Dieser Ansatz ging in die Hose und wird durch den immensen Versuch, anderen Filmen seinen Respekt zu zollen oder entsprechendes Publikum mit Fanservice zu versorgen, in Mitleidenschaft gezogen. An dieser Stelle kann man sich zumindest auf Jonah Hill verlassen, der seine Rolle voll ausreizt und sich die Seele aus dem Leib spielt.

Am Ende erlaube ich mir noch ein Wort zu der musikalischen Untermalung, die hier immer wieder zum Einsatz kommt: ich verstehe den Gedanken dahinter einfach nicht. 70er- und 80er-Hits werden scheinbar willkürlich über einige Szenen gelegt und sollen — so nehme ich es zumindest an — einen starken Kontrast präsentieren. Vielleicht werden das einige von euch auch so sehen, aber mir entzog sich die Idee dahinter vollkommen und ich fühlte mich mehr als einmal komplett aus der Szene geworfen. Der Faden wird dadurch zwar nicht verloren, aber es wird einiges an Kinogefühl eingebüßt.

Kinostart für die War Dogs ist am 29.09.2016. Weitere Informationen zum Film gibt es in unserer Filmdatenbank. Die Kinospielzeiten findet ihr einige Tage vor Kinostart hier.

Bewertung: 3/5***

Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 19.09.2016