Bastille Day Filmkritik

  

Seine Fans würden es gerne sehen, dass Idris Elba die Daniel-Craig-großen Lackschuhe von 007 füllt. Als Bewerbungsfilm könnten sie deutlich schlimmere Beispiele anführen als James Watkins „Bastille Day“. Der gebürtige Eastender sportet zwar einen erstaunlich generischen Akzent als CIA Agent auf Abwegen, aber ansonsten beweist er sich mühelos in diesem einfach effizient-unterhaltsamen Terror-Thriller als perfekter Mann für eine Action-Franchise. Er bringt genug Gravitas mit, um einem absurden Plot etwas Würde zu verleihen und er kann zeitgleich Schurken gewaltig in den Arsch treten, während er dem Publikum zu zwinkert. In „Bastille Day“ hat er zwar noch den schönen King of the North außer Dienst Richard Madden (wieder mit Kopf) an der Seite, viel Platz für die übliche aufkeimende Buddy-Dynamik bleibt jedoch nicht.

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Bild oben: Szene aus Bastille Day - Kinostart ist am 23. Juni 2016.

Bastille Day: Elba und Madden im Kampf gegen finstere Verschwörer

Dafür aber hält Watkins mit sauberem und scharfen Instinkten in Sachen Choreographie und Schnitt die Action in diversen Settings immer in Bewegung und verleiht seinen Agententhriller stets Oberwasser. Zwar ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Massen die weltweiten Kinosäle stürmen werden, ein ansehnlicher Erfolg dürfte allerdings ins Haus stehen. Zwar ist es fraglich inwieweit die tragischen Ereignisse in Frankreich und Belgien sich auf den Erfolg eines Films auswirken, dessen Plot unter anderem auf ein Bombenattentat in Paris fußt, aber von Terror jedweder Art sollte sich kein Kinofan den Besuch eines Films madig machen lassen. Im Gegensatz zu dem kreuzdämlichen „London Has Fallen” konzentriert sich zudem „Bastille Day“ weniger auf flache Krassheiten, sondern strickt unterhaltsame Geschichte. Der Hurrapatriotismus fällt hier ebenfalls unter den Tisch, denn wie uns der Film recht schnell informiert ist Elbas Charaktere ein einsamer Wolf durch und durch: Rücksichtslos, aufmüpfig und unverantwortlich seinen Mitarbeitern gegenüber. Im Sinne der 80er und 90er also mehr der dickköpfige Bulle, der sich nicht an die Spielregeln halten möchte. Elba dafür zu casten war ein schlauer Schachzug und spielt mit voller Absicht auf seine Rolle als Luther in der gleichnamigen BBC Serie an. „Hast du dich mal im Spiegel gesehen?“ fragt ihn der Kleinkriminelle Mason (Richard Madden) als der eisenarmige Agent Briar (Idris Elba) von ihm wissen möchte, warum er versucht hat sich der Gefangennahme durch ihn zu entziehen. Die Gegenfrage ist eine berechtigte.

Mason jedoch hat weitaus größere Problem als in Gefangenschaft durch Briar ein wenig herumgeschubst zu werden. In Las Vegas abgehauen, sich mit Taschendiebstahl in Paris über Wasser haltend, hat er mehr in die Hand bekommen, als Mund und Augen vertragen konnten. Der im gleichen Maße jung erscheinenden, wie radikalen Zoe (Charlotte Le Bon) mopste er die Handtasche. Die aber enthielt einen Sprengsatz, der wiederum für das Hauptquartier der rechten Front National bestimmt war. Mason jedoch sprengt mit der Bombe unbeabsichtigt vier Passanten in die Luft. Plötzlich ist der Kleinkriminelle das Ziel einer landesweiten Terrorfahndung. Und hier kommt Briar ins Spiel. Der leitet, abseits der französischen Ermittler, mit wenig Taktgefühl eine geheime CIA Operation. Völlig zu Recht, denn schnell stellt sich heraus, dass das französische Innenministerium in eine überdimensionale Verschwörung verstrickt ist, die auf wackeligsten Beinen am Nationalfeiertag zuschlagen will.

Über den Dächern von Paris

Der breitschultrige Agent und sein schmaler Partner wider Willen werden schnell Ziel der französischen Polizei. Nur gemeinsam können sie ihrer misslichen Lage entkommen. Watkins und sein Co-Autor Andrew Baldwin haben dabei sichtlichen Spaß die Straßenfertigkeiten von Mason im Sinne der Gerechtigkeitsfindung einzusetzen. In einer geistreichen Sequenz spielt er in bester Trickbetrügermanier geschickt einige Kneipiers gegeneinander aus und entlockt ihnen so eine sehr wichtige Information.

James Watkins konnte sich bereits 2008 einen Namen mit seinem so gemeinen wie grausamen „Eden Lake“ machen, gefolgt von dem etwas weniger markanten „The Woman in Black“. Zwar waren in letztem die Spannungen tiefer, dafür schaffe er es mit viel Liebe und einer flüssigen Erzählung dem Daniel Radcliffe Vehikel trotz recht schmalem Budget ordentlich Schwung zu verleihen. „Bastille Day“ bildet dahingehend keine Ausnahme. Ohne viel Schnickschnack schickt Kameramann Tim Maurice-Jones („Snatch“) den Zuschauer auf eine Verfolgungsjagd über die markanten Dächer der französischen Hauptstadt. Dabei versucht er erst gar nicht einen auf Bond oder Bourne zu machen, sondern konzentriert sich voll und ganz auf die Tücken des Parcours und erzeugt so eine beachtliche Immersion. Noch beeindruckender jedoch sind Settings die mit bestechender räumlicher Logik und Kohärenz abgedreht werden: Ein saftiger Schlagabtausch im hinteren eines Polizeibusses, mit messerscharfem Schnitt durch Jon Harris (ebenfalls unter anderem „Snatch“) versüßt, macht in allen Belangen eine bessere Figur als so viele (franko-)amerikanische Actioneers mit viel fetterem Budgets.

Personalschwierigkeiten am Bastille Day

Trotz aller Eleganz auf der handwerklichen Seite fällt der menschliche Faktor in „Bastille Day“ leider eher mau aus. Abseits des bekannten und immer wiederkehrenden Guter-Bulle-böser-Bulle Schemas wird dem Zuschauer neben den beiden Protagonisten wenig geboten. Das Drehbuch schert sich einfach nicht wirklich um die Nebencharaktere, die nur als Plothelfer fungieren. Kelly Reilly darf eine farblose CIA Vorgesetzte spielen und selbst der Oberschurke läuft auf dem letzten Tropfen französischen Flairs.

Aber der gelungene Kontrast von Elba und Madden weiß dennoch zu punkten. Der eine hart wie das gröbste Schmirgelpapier, der andere mit Welpenschutz und schlüpfrigem Charme, beide mit genug Talent und Spielfreude für deutlich größere Rollen. Elba selber ist sich dann nicht einmal zu schade für die Endcredits in einer Fatboy Slim-Produktion zum Mikrofon zu greifen. Hier könnte der neue Bond kommen, auch wenn für den Titelsong besser eine andere Stimme den Zuschlag erhält.

Fazit

Kurzweilige, unterhaltsame Action von erstaunlichem Format. Wäre das Drumherum etwas liebevoller besetzt, wäre „Bastille Day“ ein Überraschungshit, vor dem die Konkurrenz in Deckung gehen sollte. So jedoch bleibt es ein Kinoabend zur Entspannung mit amtlicher Geschwindigkeit, gutem Handwerk und zwei charmanten Hauptakteuren.

Bewertung: 4 von 5 Sternen.****

Filmkritik von Julius, 28.04.2016