Die Unglaublichen 2  - Filmkritik ohne Spoiler

  

Wochen nach seinem Start in den USA und 14 Jahre nach Veröffentlichung des ersten Teils, startet „Die Unglaublichen 2“ am 27. September endlich auch bei uns in den Kinos durch. Die Fortsetzung hat natürlich geringe bis gar keine Chancen, das Feeling des Erstlinkswerks neu aufleben zu lassen, macht abseits davon jedoch wenig falsch. Pixar und Walt Disney schaffen es, die Jahre zwischen den Werken einfach verblassen zu lassen.

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Dash Parr (im Original gesprochen von Huck Milner) hat gerade das Rennen gewonnen, welches den Abschluss von „Die Unglaublichen“ einleitet, ein neuer Bösewicht ist auf der Bildfläche erschienen und die Familie aus Superhelden stellt sich diesem entgegen. 14 Jahre später setzt „Die Unglaublichen 2“ genau an dieser Stelle wieder an. Eine längere Actionsequenz bereitet den Auftakt zur lang erwarteten Fortsetzung, in deren Verlauf das Leben der Familie Parr gehörig auf den Kopf gestellt wird.

Ein reicher und äußerst einflussreicher Fan derer, die mit besonderen Kräften ausgestattet sind, wird Zeuge der Tat der Familie und will alles daran setzen, das Verbot von Superhelden zu negieren. Dafür braucht er Mrs. Incredible, aka. Helen Parr (im Original gesprochen von Holly Hunter). Während diese entgegen der Gesetze ein paar Schurken aufmischt, muss Papa Incredible zuhause bleiben und die Kinder hüten. Nicht unbedingt der Job, den sich der einstige Held der Helden gewünscht hat ...

Unsere spoilerfreie Kritik

So startet der Film von Regisseur Brad Bird („Ratatouille“, „Der Gigant aus dem All“, „A World Beyond“) genau dort, wo sein Vorgänger aufgehört hat, erzählt die Geschichte der Familie Parr nahtlos weiter. Die visuelle Darstellungsform, im zweiten Teil um Längen besser als im Prequel, gaukelt gleichsam vor, dass der Nachfolger quasi direkt im Anschluss produziert wurde. Das Auge lässt sich gerne täuschen, sorgt so dafür, dass sich ein Kinobesuch auch ein bisschen wie eine Zeitreise anfühlt.

Nachwuchs Jack-Jack, welcher bereits am Ende des Vorgängers erahnen lies, in welche Richtung sich Teil 2 bewegen könnte, stellt im gleichen Atemzug den größten Unterschied zwischen den beiden Werken dar, die sich im Detail viel weniger von einander unterscheiden als sich der eine oder auch andere gemeine Kinobesucher dies vielleicht gewünscht hätte.

Das Baby vereinnahmt den Dreh- und Angelpunkt dessen, was die Fortsetzung grundtechnisch von seinem Vorgänger unterscheidet. Der gesamte Rest - Charakterentwicklung, Verlauf der Handlung, dramaturgischer Höhepunkt und so weiter und so fort — lässt hingegen großartige Veränderung missen. Daher sich „Die Unglaublichen 2“ mehr wie die zweite Staffel einer Serie, denn einem Kinofilm an.

Ob dies zum Vor- oder Nachteil des Werks gereicht, muss wohl ein jeder für sich selbst entscheiden können; den harten Kern der Fanmasse sollte dies jedoch herzlich wenig bekümmern. Wer hingegen bereits mit „Die Unglaublichen“ aus dem Jahr 2004 seine Probleme hatte, wird mit diesem Produkt kaum glücklicher werden, ist Birds Animationsfilm doch durch und durch der Bruder / die Schwester von Teil 1.

Und das in fast allen Belangen. So bleibt es bei einigen wenigen Gags, Anspielungen auf die Vergangenheit der Eltern - Elastigirl und Mr. Incredible — und dem vor Superkräften nur so strotzenden Baby Jack-Jack, welche die beiden Teile wirklich voneinander unterscheiden. Abgesehen davon setzt Pixar auf Nummer Sicher und geht im Großen und Ganzen den gleichen Weg noch einmal, bietet dabei beinahe exakt die gleichen Leckerchen, die der Masse schon zuvor geschmeckt haben.

Abzüge gibt es außerdem für die Wahl des Antagonisten. Die Person, welche hier natürlich nicht weiter benannt, beziehungsweise bestimmt werden will, ist austauschbar und wenig bedrohlich. Ein typischer Gegenspieler, mit einfach gestrickten Gedanken wie Gelüsten. So bleibt es an Mr. Incredible (im Original gesprochen von Craig T. Nelson), welcher sich nun um Heim und Mündel kümmern muss, mit seiner genervten, von Erfahrung abgehärteten Art, das Publikum mit einzelnen Späßchen und der dazu passenden Situationskomik zu unterhalten.

Dies gelingt über weite Strecken sehr gut, täuscht nichtsdestoweniger nur bedingt darüber hinweg, dass es Teil 2 an eigenen Ideen mangelt. Das zweite Abenteuer der fast fantastischen Vier präsentiert sich über weite Strecken eher als eine Aneinanderreihung von einzelnen Szenen und Ideen, die in Kombination mit einem durchgängigen Widersacher und einem dazu passenden roten Faden zusammengehalten werden.

Die Wirkung macht´s

Die Hohe Dichte an Gags und Situationskomik macht „Die Unglaublichen 2“ trotz dessen zu einem Kinobesuch, den wenige bedauern dürften. Wer dennoch keinen Spaß auf seinen vier Buchstaben hat, kann sich zumindest an der Action-Choreografie erfreuen, welche nicht nur gut gelungen ist, sondern auch große Ableger aus dem Hause Hollywood alt aussehen lässt. Hier beweist der Animationsfilm, dass Live-Action nicht immer die beste Wahl darstellt.

So ist Birds Film vor allen Dingen etwas fürs Auge, während die Geschichte, die dargestellten Handlungen, ziemlich gut zwischen dem Zielpublikum von heute und Kinogängern jüngerer Jahre hin und her wechselt. So gibt es auf der einen Seite lockeren, nicht allzu tief schürfenden Humor für die Kids unter uns, andererseits strotzt das Werk vor Anspielungen, die lediglich Erwachsene , beziehungsweise Kinder ohne Kindheit verstehen dürften.

Gerade der Fokus auf die heile Welt der Vorstadtidyllen Marke 1930er bis 1970er Jahre steht hier im Vordergrund, kollidiert herrlich satirisch mit der Wirklichkeit der Moderne. Thematisch versucht sich „Die Unglaublichen 2“ an einem Spagat zwischen vielen verschiedenen Werken sowie Anekdoten, spielt zudem gekonnt mit dem Rollenbild einer heilen Familie. Zum Glück werden diese Bausteine des Films dem Publikum nicht aufgezwungen, sondern fügen sich still und leise in die Geschichte mit ein.

Fazit

Die Fortsetzung zu „Die Unglaublichen“ hat eine Menge Lacher parat, gute Situationskomik und viel Mut, gleichzeitig, im Hintergrund, ein recht komplexer Film zu sein. Unterm Strich präsentiert sich das Werk von Brad Bird jedoch vor allen Dingen als treuer Nachfolger, welcher dem Schatten des Erstlingswerks nur schwer entkommen kann; falls es denn überhaupt gelungen ist. Ein schwacher Gegenspieler und fehlende Daseinsberechtigung als losgelöste Fortsetzung stehen hier einem soliden, gut umgesetzten Spaß in Animationsform gegenüber.

Letztendlich macht „Die Unglaublichen 2“ Kritiken zu seiner Person weitgehend obsolet, bietet das Kinoerlebnis in dieser Form doch alles, was sich Fans der ersten Stunde nur wünschen können. Als Film selbst mag das Werk zwar eher oberes Mittelmaß darstellen, wirklich stören werden sich daran aber wahrscheinlich nur die Wenigsten.

Bewertung: 3/5***

Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 20.06.2018