„The Photograph“ Filmkritik

  

Romanzen sind immer eine Sache für sich, denn gerade in diesem Genre neigen Drehbuchautoren dazu, den geneigten Zuschauer einfach nur in eine Geschichte zu werfen, kurz am Lieben und Leiden der Figuren teilhaben zu lassen und ihn dann die Credits entgegen zu werfen. Was diesen Filmen oftmals fehlt, ist eine Daseinsberechtigung, die über kitschige Gefühlsduselei hinaus geht. Einen solchen Grund, der kurzen Geschichte von zwei Liebenden zu folgen, will Regisseurin Stella Meghie uns in The Photograph geben, doch bei der Umsetzung gab es leider einige Fehlentscheidungen.

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The Photograph – Zur Handlung

Die Handlung zu diesem romantischen Drama ist schnell erklärt. Nachdem die berühmte Fotografin Christina Eames (Chanté Adams) unerwartet an den Folgen einer geheim gehaltenen Krebserkrankung stirbt, bleibt ihre Tochter, Mae (Issa Rae), mit vielen unbeantworteten Fragen und einer Menge Wut im Bauch zurück. Doch erhält sie in Form eines Briefs, den ihre Mutter kurz vor dem Tod verfasst hat, einige Antworten und erfährt von einer Geschichte, die sie so noch nie zuvor gehört hat.

Während der Brief ihr nach und nach dabei hilft, die Beweggründe der Mutter zu verstehen, lernt sie den aufstrebenden Journalisten Michael Block (LaKeith Stanfield) kennen und lieben. Doch Maes eigene Erfahrungen stehen ihr dabei im Weg, sich wirklich auf die Beziehung mit dem sympathischen Frauenheld einzulassen. Die Geschichte von Christina gibt jedoch Hinweise darauf, wie Mae die Probleme ihrer Kindheit hinter sich lassen kann und wieder erlernt, zu lieben und geliebt zu werden.

The Photograph – Eine Kritik

Der Erzählstil von The Photograph ist sehr ruhig, beinahe schon melancholisch, die Handlung sehr menschlich und voller Herz. Sympathische, bodenständige Menschen, die Allerweltsprobleme haben, weswegen es leicht fällt, sich anfangs mit ihnen zu identifizieren und ihnen nur das Beste zu wünschen. Leider, wie so oft bei solchen Filmen, werden wir zu Beginn einfach in das Leben von diesen Personen geworfen, die wir kaum kennenlernen dürfen und aus deren Leben wir nur kleine Schnipsel an Informationen erhalten.

Es darf also behauptet werden, dass die Hauptcharaktere einem trotz theoretischer Sympathie schnell relativ egal werden. Sie werden uns eher schlecht als recht vorgestellt, wir erhaschen hier und dort einen Einblick in ihre Art zu Leben und bekommen eine Vorstellung davon, welche Art von Päckchen sie mit sich herumtragen. Und dann kommt auch schon der Abspann, kurz nach einem Finale, dass unmöglich weniger aussagekräftig sein könnte. Dadurch bleibt von dem großen Herz, dass der Film am rechten Fleck trägt, am Ende nicht viel in Erinnerung.

Zudem ist The Photograph über weite Strecken ziemlich oberflächlich und begibt sich sowohl bei den Figuren als auch bei der handlungstragenden Geschichte von Mutter Christina lediglich in seichte Gewässer. Es gibt unterm Strich nur eine Szene, die wirklich ans Herz geht, was vor allen Dingen dem Schauspieler zu verdanken ist, der in diesem Moment im Mittelpunkt steht. Abseits davon ist die schauspielerische Leistung der Darsteller ebenfalls eher zweckdienlich als dass sie positiven Eindruck hinterlassen würde.

Hinzu kommt, dass The Photograph zwar versucht, eine wichtige Aussage zu treffen, sich dafür aber nicht genügend Zeit nimmt. Die relevanten Stellen in der Geschichte werden bestenfalls angerissen und nur rudimentär ausgearbeitet, während unnötiger Schmalz, der für die Kernaussage keinerlei Mehrwert hat, unnötig breitgetreten wird. Die Rückblenden in die Vergangenheit von Mama Christina sollen eigentlich eine wichtige Aussage in Bezug auf Maes Leben in der Gegenwart verdeutlichen, doch präsentiert sich die Umsetzung dieser Idee als zweidimensional ausgearbeitet und zu lieblos dargestellt.

the Photograph szene 3

The Photograph – Ein Film, der sich selbst im Weg steht

Die Oberflächlichkeit in Sachen psychologischer Tiefe und der schwere, träge Erzählstil des Films vertragen sich nur selten mit der angestrebten Kernaussage und da diese zusätzlich an allen Ecken und Enden zu kurz kommt, bringt sich The Photograph um die eigene Pointe. Dadurch bleibt der Film von Stella Meghie einer, der zwar viel Herz hat, aber eigentlich nichts zu sagen. Die angestrebte, universelle Antwort, wird zu einer plumpen Ausrede und die eigentlich sympathische Geschichte irrelevant.

Hinzu kommt, dass sich das Werk oftmals nicht viele Mühe gibt. Logiklöcher im Detail, unnötige Szenen, solche, die einfach deutlich zu lang sind, und teils wenig aussagekräftige Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Manche Szenen missen den Zusammenhang zum Rest des Werks, was nicht nur verwirrend ist, sondern ernsthaft das Interesse am Geschehen nach unten drückt. Was also am Ende bleibt, ist ein Film, der sich irgendwie selbst im Weg steht und es nicht schafft, einen sichtbaren Mehrwert zu bieten.

Was der Film eigentlich sagen will gerät ins Hintertreffen. Dies wird dadurch verstärkt, dass sich der Fokus einfach nicht entscheiden kann, auf welche Parts der Handlung er sich konzentrieren möchte. Figuren und Gegebenheiten, die für die Geschichte und ihre eigentliche Aussage wichtig sind, werden teilweise schändlich ignoriert, während andere Charaktere und Szenen, die lediglich als Lückenfüller bezeichnet werden können, unnötig viel Screentime erhalten. Leider auf Kosten der Bereitschaft, der Geschichte aufmerksam zu folgen.

Zwar ist die bereits erwähnte, schauspielerische Leistung der Darsteller niemals schlechter als Durchschnitt, doch kommt sie auch nur selten über diesen Punkt hinaus. Dadurch fällt es zusätzlich schwer, Entscheidungen und Gefühle der Figuren richtig zu interpretieren und in manch einem Moment scheint es sogar so, als hätten sich selbst Drehbuchautor und Regisseurin da nicht sonderlich viele Gedanken drüber gemacht. Wenigstens stimmt die Chemie zwischen Rae und Stanfield, was es zumindest erträglich macht, wenn nicht sogar angenehm, ihrem Lieben und Leiden zuzusehen.

Fazit

The Photograph von Stella Meghie hat das Herz am rechten Fleck, weiß aber über weite Strecken nichts damit anzufangen. Der Fokus springt von einer Nebensächlichkeit zur anderen und die eigentlich wichtigen Punkte der Handlung werden sträflich vernachlässigt. Dadurch schafft es der Film nicht, dem Zuschauer seine angepeilte Aussage zu vermitteln und gerade das Ende ist äußerst fragwürdig, da es überraschend schnell kommt und vor allen Dingen keine befriedigende Aussage trifft. Es werden Dinge lediglich angedeutet, jedoch nicht geschickt genug, als dass sie auch Sinn ergeben würden.

Bewertung: 2/5**

Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 03.08.2020