„Der Dunkle Turm“ Filmkritik

  

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Vorwort des Harlekin

Trüge ich eine Maske, sie wäre von Trauer gezeichnet. Das Fanherz blutet, während der Kritiker in mir versucht sachlich zu bleiben. Niemals einen Film schlecht bewerten, lediglich weil dieser der geliebten Vorlage nicht gefallend entspricht. Schließlich kann eine Umsetzung als eigenständiges Projekt durchaus von erstklassiger Qualität sein. Doch wie das Leben so spielt, setzt hier die Ironie des Lebens ein und verpasst meinem gut gemeinten Versuch einen Fußtritt. „Der Dunkle Turm“ ist nicht nur als Umsetzung, sondern zusätzlich auch als für sich stehender Film wenig mehr als ein müder Versuch.

Die Gründe dafür sind zahlreich und in den nächsten Absätzen werde ich auf die wichtigsten Tonträger dieses schiefen Orchesters zu sprechen kommen. Lasst euch versichern, dass wir hier auf jegliche Art von Spoiler verzichten, um euch nicht den Spaß zu ruinieren. Denn nur weil dieser Kritiker klatscht wie in „Citizen Kane“, muss euer Geschmack sich ja nicht davon beeinflussen lassen.

Das Missgeschick im Plot

Regisseur Nikolaj Arcel („King´s Game“, „Die Königin und der Leibarzt“) hatte bei aller Liebe einen äußerst undankbaren Job. Er sollte sicherstellen, dass eine Geschichte, die gemeinhin als unverfilmbar gilt, mit einem vergleichsweise geringen Budget, zweifelhaften Casting-Entscheidungen und signifikanten Änderung in der Handlung, zum Auftakt einer ganzen Filmreihe wird. Ohne die Anhänger der Buchvorlage zu verprellen oder den geneigten Durchschnittszuschauer zu langweilen.

Um dieses weit entfernte, fast unrealistische Ziel zu erreichen, wird die Buchreihe von Stephen King als Vorlage und Prequel verstanden. Merkwürdiger Ansatz, keine Frage, jedoch dürften Kenner des letzten Buches durchaus verstehen, wieso dieser Kniff weder als plump noch als weit hergeholt bezeichnet werden kann. Die Frage ist, wie groß kann ein Sturm sein, der vor ewigen Zeiten durch den Schlag eines Schmetterlings verursacht wurde?

Die Umsetzung von Arcel entfernt sich um mehrere Welten von der Vorlage. Das Rad hat sich in diesem Fall nicht nur weitergedreht, es ist regelrecht den Berg hinunter gerollt. Der Ansatz, der Kern der Geschichte, bleibt erhalten und es gibt durchaus genügend Überschneidungen, die dem Fanherz in der Brust ein paar Schläge entlocken. Das Problem besteht nichtsdestoweniger darin, dass die vorgenommenen Änderungen schlichtweg kaum zu erklären sind.

Mit dem rechten Willen und etwas Fantasie kann es tatsächlich bewerkstelligt werden, Ungereimtheiten wieder in den gewünschten Winkel zurück zu biegen und Löcher im Plot zu kitten. Dafür muss man aber nicht nur die originale Geschichte kennen, sondern auch in der Lage sein, mehr als zwei Augen zuzudrücken. Der deutliche Vorteil liegt darin, dass Fans mit den Anspielungen etwas anfangen können und sich irgendwie dann doch auf das freuen, was noch kommen könnte.

Wer mit Stephen Kings Geschichte in dieser cineastischen Form das erste Mal in Kontakt treten wird, dürfte sich dafür zweifelsohne verloren vorkommen. Ohne das Vorwissen wird lediglich eine durchschnittliche und nicht sonderlich einfallsreiche Fantasy-Geschichte mit einigen Science-Fiction-Inhalten erzählt. Der Kern der Dramaturgie, die Beziehung zwischen dem Revolvermann Roland Deschain (Idris Elba) und dem übernatürlich begabtem Jake Chambers (Tom Taylor) wird gleichsam äußerst flach, ohne nötige Tiefe dargestellt.

Diese Besetzung ...

Was am Ende bleibt, ist der typische Kampf zwischen Licht und Dunkelheit, Gut gegen Böse, in der Brust ein menschliches Herz haben versus Kreaturen der Nacht. Auch hier fehlt es „Der Dunkle Turm“ vorne und hinten an der nötigen Vielschichtigkeit und fordernder Tiefe, um mehr als einer der tausend anderen durchschnittlichen Fantasy-Filme zu sein. Das einzige Feuer in diesem Werk erscheint in Form des Gegenspielers Walter O´Dim, gespielt von Matthew McConaughey („True Detective“, Interstellar“, „The Wolf Of Wall Street“). McConaughey spielt zwar nichts, was ich wirklich jemals in Gedanken an den Mann in Schwarz mir jemals vorgestellt hätte ... doch macht er einen formidablen Job.

Sein Schauspiel ist locker, minimal und von unglaublicher Gleichgültigkeit. Es erscheint hin und wieder, dass der gute Mann in seinem ganz eigenen Film die Hauptrolle inne hat, völlig losgelöst von den Taten und der Anwesenheit anderer Charaktere.

Idris Elba („The Wire“, „thor 2 — The Dark Kingdom“, „Beasts of Nation“) hat hingegen von Anfang an kaum eine Chance gehabt. Ja, er spielt gut. Hervorragend möchte ich sogar sagen. Was ihm aber nichts nützt, da seine Figur genauso eindimensional geschrieben wurde wie die des Walter. Jedoch ohne die Freiheit, irgendetwas daraus zu machen, die sich McConaughey vorne und hinten genommen hat. Aus dem äußerst komplexen Charakter und Anti-Helden der Vorlage wurde ein Mann, der lediglich auf Rache wegen dem Tod seines Vaters sinnt.

Für Fans des Originals ist das wie ein Schlag ins Gesicht, für Unwissende einfach nur ein nasser Schwamm. Ein weiterer Held von so vielen. Fast der gleiche, miese Geruch steigt uns bei dem Letzten im Bunde der Hauptfiguren in die Nase. Das junge Talent Tom Taylor („Legends“, „The Last Kingdom“) legt eine ordentliche Leistung an den Tag und verleiht dem Film eine gehörige Brise frischen Wind.

Aber auch diese Figur und vor allem ihr Verhältnis zum Helden der Geschichte, wurde auf das Allernötigste beschränkt. Nun ist Jake schwer von anderen Figuren dieses Genre zu unterscheiden, wirkt fast wie eine Hommage auf „Terminator 2“. Aber keine sonderlich gute; mit Blick auf den ursprünglichen Jake sogar fast wie eine Art schlecht gemeinter Scherz.

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Budget/Fidget

Es gibt einen Grund dafür, dass Stephen Kings Werk bisher nicht verfilmt wurde und von Studio zu Studio gereicht. Die Buchreihe ist eine kosmische Explosion aus verschiedenen Genre, komplexen Welten, Jahrzehnten der Arbeit, tiefgründigen Charakteren, eng miteinander verknoteten Einzelteilen des großen Ganzen und zu guter Letzt einem wohltuenden Mut zu etwas mehr Gemach. Um all das einfangen zu können, braucht man Zeit, Vision und Geld.

Nichts davon hat „Der Dunkle Turm“. Das Budget ist vergleichsweise lächerlich gering. Ein Umstand, der sich natürlich hin und wieder auch in den visuellen Effekten bemerkbar macht. Nicht wirklich tragisch, doch im Angesicht der geschrumpften Vielfältigkeit der hier dargebotenen Welten nicht zwingend ein Grund zum Feiern. Die äußerst kurze Spielzeit von knapp eineinhalb Stunden darf zum Schluss als sprichwörtlich letzter Nagel zum Sarg verstanden werden.

Fazit

Diese Verfilmung ist enttäuschend und das auf so vielen Ebenen. In erster Linie als Umsetzung von Stephen Kings berühmter Buchreihe, aber auch als für sich allein stehender Film. Als Fan gibt es genügend Gründe das Werk zu hassen und gleichzeitig auf einen zweiten Teil zu hoffen, der vielleicht alles wieder gerade biegt. Für Nichtkenner des Originals finde ich lediglich einen Grund, sich dieses Fantasy-Abenteuer zu geben: es dient als ganz nette Abendunterhaltung auf Popcorn-Niveau.

Der dunkle Turm ist ab dem 10.08. in den deutschen Kinos zu sehen.

Bewertung: 2/5**

Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 08.08.2017