„Logan Lucky“ Filmkritik — Ocean´s Eleven Light

  

Steven Soderbergh traut sich was. Der Regisseur von „Ocean´s Eleven“ möchte mit „Ocean´s Eight“ die totgeglaubte Filmreihe via Spin-Off wieder ans Tageslicht zerren. Ob diese Idee gut, schlecht oder einfach nur einen Schulterzucker wert ist, soll anderweitig diskutiert werden. Was uns interessiert ist die Frage nach der Verbindung zu „Logan Lucky“, Soderberghs erstes Projekt mit absoluter, kreativer Kontrolle. Welches dann aber doch eher wie eine Trainingsrunde auf dem Platz wirkt und nicht wie das große Spiel selbst.

Es ist oftmals einfach eine Frage des Speichers. Der eigenen Möglichkeiten, quer, anders und außergewöhnlich zu denken. Selbst die Besten unter uns sind an manchen Tagen im Oberstübchen fit wie der Gevatter bei seinem schwersten Schachspiel und an anderen geistig so nutzbringend wie ein Stein im Maisfeld. Steven Soderberghs Arbeit sieht man an, dass wir es in seinem Fall auch nur mit einem Menschen zu tun haben. Bevor er sich also kreativ verausgabt (man muss sich ja etwas für „Ocean´s Eight“ aufheben), wird drei Gänge zurück geschaltet. Was in seinem Fall immer noch einige Gänge über Durchschnittsniveau bedeutet ...

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Brüder, Kohle, Knast

Ändert jedoch nichts daran, dass seine Geschichte rund um die Gebrüder Jimmy (Channing Tatum) und Clyde (Adam Driver) mehr eine Art Hommage darstellt, als einen ernstgemeinten Versuch die Spitze der Gaunerkomödien zu erklimmen. Ob dies in solch einer durchgehenden Weise zu Gunsten oder eher zu Lasten des Regisseurs ausgelegt werden sollte, vermag ich kaum zu sagen. Dafür sind die Vorlagen zu humorvoll in Szene gesetzt, während neu eingebrachte Ideen teilweise aus der berühmten Kommode schlechter Klischees stibitzt wurde.

So oder so ist es das gleiche Leid, welches bereits „Killer´s Bodyguard“ zu solch einem holprigen Fundament verholfen hat. Logan Lucky“ stehen jedoch vergleichsweise weit mehr Punkte im Pro-Bereich zur Verfügung, die dafür, auf kurz oder lang, deutlich weniger Gewicht haben. In Patrick Hughes Actionkomödie waren die Hauptdarsteller beispielsweise fantastisch in ihrer flachen Art - hier sind sie eher fantastisch flach.

Weder Channing Tatum, noch Adam Driver spielen sich die Seele aus dem Leib oder harmonieren auf einer Ebene, die aus jeder Pore eine Fortsetzung verlangt. Dafür sind sie aber ihren Figuren und der Art, mit welcher sie diese verkörpern, absolut treu. Das sorgt für eine entsprechende Angriffsfläche, die der Empathie-Kampfflieger anvisieren kann und macht die Gebrüder Logan gleichzeitig recht liebenswert (abseits von der aufgedrückten und künstlichen Art, die ihnen offenkundig via Drehbuch verliehen werden sollte).

So sieht der Plan aus ...

Die Geschichte ist in unserem kleinen Spiel um die beste Komödie in diesem Quartal ein ähnlicher Spezialfall. Durchschaubar würde ich dieses Stück Erzählkunst genauso wenig nennen wie ich behaupten würde, der Stoff wäre frei von holprigen Löchern im Rasen des gesunden, logischen Denkens. Nichtsdestoweniger nennt dieser Film eine fröhliche, unbeschwerte Art sein Eigen, die man nur schwerlich in Worte fassen kann.

Obwohl und gleichzeitig gerade wegen des flachen, uninspirierten Grundkonzepts, bleibt mehr Spielraum für den Zuschauer, sich fallen zu lassen, zu genießen, zu verfolgen. Dank einiger spaßiger Einlagen, durchgehend guten Darstellern und natürlich dem einen oder auch anderen Augenzwinkern im Plot, fällt dies herzlich einfach. Ein Weg, der als Unterhaltung wie gleichsam als Ablenkung dient, um den Twist zum Ende aufregender wirken zu lassen, als er eigentlich ist.

So ist es für manch einen Kritiker eine Zerreißprobe zwischen zwei völlig entgegengesetzter Richtungen. So würde ich zum Beispiel gerne die Kollegen, welche plötzlich Lob und Anerkennung aus vollen Eimern zu verschütten scheinen, anschreien. Klar machen, dass nichts davon wirklich clever war und Wendungen in der Geschichte nur wirklich spannend sind, wenn der geneigte Zuschauer überhaupt eine Chance hat, diese im Vorfeld zu entlarven.

Bei „Logan Lucky“ ist das kaum der Fall. Doch trotz dieser Meinung — und hier kommt die Kehrseite der Münze — ist es abermals die unschuldige, verspielte Art des Films, die mich verstummen lässt (na, ja, zumindest teilweise). So wenig clever hier auch wirklich gearbeitet worden sein mag, so bespaßt und unterhalten habe ich mich dann doch gefühlt. Und das obwohl ich mich eher weniger als Fan dieses Subgenre bezeichnen würde.

Wie ein Blatt im Wind

Aus sicherer Distanz betrachtet gelang es Soderbergh, sympathisch eine Antwort der Arbeiterklasse auf „Ocean´s Eleven“ abzuliefern. Die Geschichte mag vielleicht nicht aus den feinsten Stoffen vernäht worden sein, nichtsdestoweniger gleicht der Grundton aus trockenem Humor die meisten Fehler wieder aus. Hier liegt vor allem auch der Punkt, an welchem ihr mental ansetzen solltet, wenn ihr wirklich Spaß mit Soderberghs Comeback haben wollt.

Seine Gaunerkomödie dreht auf eine spezielle, ruhige Weise ganz schön am Rad und lässt einen grundsoliden Film, mit ähnlich verwachsenem Plot, schnell von Einhörner und Himmelfestungen träumen. Das wirkt sich auf die Realitätsnähe und die Logik aus, die zum Ende recht zerlöchert im Rampenlicht steht. Stört das? Bei manch anderem Werk definitiv, hier schafft es das Team hinter dem Film jedoch, den Fokus auf eine Weise zu verlagern, welche die Art, wie der Film wahrgenommen wird, kontrastreich verändert.

Freut euch also nicht auf gerissene, vor Wendungen und toller Ideen sich regelrecht übergebende 120 Minuten, sondern eher auf Spaß, seichte Erzählkunst und vielleicht sogar auf ein/zwei Überraschungen — je nachdem, wie vertraut ihr mit dieser Art von Film schon seid. Grundsätzlich solltet ihr das aber sein, denn „Logan Lucky“ biedert sich Fans dieses Sub-Genre an und entlockt allen anderen meist nur ein paar ernst gemeinte Schmunzler.

Fazit

Soderberghs neueste Gauner-Komödie ist kein „Ocean´s Eleven“, gleichsam aber auch kein Mauerblümchen im verlassenen Vorort. Die Geschichte, der Plot, wurde aus dem Hausaufgabenheft des Sitznachbarn abgeschrieben. Die Figuren, die heitere, fröhliche Art und so manch unterhaltsame Wendung, ist nichtsdestoweniger voll und ganz dem Team hinter „Logan Lucky“ zuzuschreiben. Eine Frage der Prioritäten, doch für Fans dieses Sub-Genre eine klare Empfehlung.

Wer sich nicht dazu zählt, sollte sein Portemonnaie fragen, ob sich ein Besuch im Kino anbietet. Aus der Sicht dieses wenig bescheidenen Kritikers, reicht es, sich „Logan Lucky“ an einem gemütlichen Abend mit der oder dem Liebsten seiner Wahl zu geben. Ein Gläschen Alkohol, das Gehirn im Feierabend und nicht zu viel erwartend und ihr werdet sicherlich mehr als bodenständig unterhalten.

Logan Lucky ist ab dem 14. September in den Kinos zu sehen.

Bewertung: 3/5***

Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 16.08.2017