„Death Wish“ Filmkritik — Selbstmordgefahr!

  

Der Film „Ein Mann sieht rot“ kam vor über vierzig Jahren in die Kinos; durchaus genügend Zeit, um eine Neuauflage des Klassikers zu rechtfertigen. Das Rad hat sich weiter gedreht, die Welt sich gewandelt. Um sich einfacher mit den dargestellten Figuren und ihrer Umgebung auseinandersetzen zu können, wünscht sich manch ein Fan der cineastischen Unterhaltungskunst eine Modernisierung. Was ja per se auch gar kein Problem sein sollte. Problematisch wird es jedoch, wenn das Remake dem Original nicht einmal annähernd das Wasser reichen kann.

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Ein Mann sieht rot — Zur Handlung

Die Handlung dreht sich um den erfolgreichen Chirurg Dr. Paul Kersey (Bruce Willis), welcher in der Notaufnahme eines Krankenhauses in Chicago arbeitet. Durch seine Anstellung ist er oft Zeuge der Gewalt auf den Straßen, kennt die Grenzen, welche Verbrecher Tag für Tag überschreiten nur zu gut. Doch bisher war das eine andere Welt, eine Wirklichkeit, mit welcher er nichts zu tun hat.

Dies soll sich jedoch schon bald ändern. Ausschlaggebend ist hierfür eine Straßengang, die bei einem Überfall seine Frau Lucy (Elisabeth Shue) tötet und seine Tochter Jordan (Camila Morrone) schwer verletzt. Kersey hofft auf Gerechtigkeit, doch als er einsehen muss, dass die Polizei unfähig ist die Täter zu stellen, nimmt er das Gesetz selbst in die Hand.

Bewaffnet geht der einstige Retter von Menschenleben nun des Nachts auf die Straßen und tötet bei seinen Streifzügen Verbrecher. Seine Taten gelangen schon bald ins Netz und entfachen im ganzen Land eine heiße Diskussion darüber, ob es sich bei dem Racheengel um einen Helden oder Verbrecher handelt. Eine Frage, die sich Detective Rains - ungewohnt steif gespielt von Dean Norris („Breaking Bad“, „Under the Dome“, „Get the Gringo“) - nicht stellt. Für ihn ist Kersey ein Krimineller, der schnell gefangen werden muss...

Nett gemeint — Der Aufbau

Eli Roth („Cabin Fever“, „Hostel“, „The Green Inferno“) zeigt kein sonderlich erwähnenswertes Geschick wenn es darum geht, die Geschichte spannend und in sich logisch zu präsentieren. Dafür fiel es ihm erstaunlich leicht, den Kern des Klassikers in der heutigen Zeit neu aufleben zu lassen. Der moderne Stil arbeitet erstaunlich feinfühlig mit der gut gealterten Handlung zusammen. Vielleicht darf ich sogar so dreist sein zu behaupten, die Ereignisse passen besser in diese Tage, als in die 1970er Jahre.

Das Thema ist so aktuell wie selten zuvor. Die neuen technologischen Errungenschaften erleichtern es dem knallharten Selbstjustizler zudem, seine Rache zu bekommen. Dies macht es entsprechend einfacher, seinen Werdegang als durchaus ausführbar/umsetzbar einzuschätzen. Die Basis für einen spannenden, doch nichtsdestoweniger nachvollziehbaren Krimi/Action-Thriller ist damit durchaus gegeben.

Doch fehlt dann leider doch das notwendige Geschick, den Thriller mit der erforderlichen Geschwindigkeit zu präsentieren. Sowohl im Grad der Härte, als auch im Fortlauf der Geschichte, setzt der Regisseur auf die Handbremse, will der Handlung selbst das weite Feld überlassen. Damit verdammt dieser jedoch lediglich den geneigten Kinozuschauer zur Langweile, da unnötige und frustrierende Leerläufe entstehen.

Abseits von wenigen übertrieben harten Szenen, die anscheinend das USK-18-Rating rechtfertigen sollen, gibt sich „Death Wish“ wenig angriffslustig. Ohne wirkliche Schocker, politische Querschüsse und/oder Versuche, dem Publikum das Wohlbefinden streitig zu machen, dümpelt die Geschichte auf dem Herd des Interesses herum, ohne jemals aufzukochen.

Ähnlich lauwarm und lustlos aufgeköchelt präsentieren sich die meisten Nebenfiguren; zweidimensionale Abziehbildchen von Persönlichkeiten. Sie schaffen es über die gesamte Laufzeit hinweg nicht, wirkliches Interesse seitens des Kinogängers zu wecken. Entsprechend sind ihre Schicksale fast durchgehend von Schulterzucken begleitet, die Möglichkeit Empathie geltend zu machen quasi nicht vorhanden.

Innerlich Tod — Bruce Willis‘ Niedergang

Actionstar Bruce Willis („Pulp Fiction“, „Sin City“, „12 Monkeys“) ist schon seit geraumer Zeit auf einem absteigenden Ast. Diese Tendenz wird in Eli Roths neuem Werk, „Death Wish“ um so deutlicher, schlafwandelt der gealterte „Stirb Langsam“-Star doch von Szene zu Szene. Deutlich unmotiviert, mit der schauspielerischen Wandlungsfähigkeit eines x-beliebigen Nebendarstellers. Heute mehr denn je ein Schauspieler für Direct-to-DVD-Titel.

Die professionelle, abgeklärte Art des Protagonisten verkauft Willis zwar recht überzeugend, ist dieses Kunststück nichtsdestoweniger eher seiner Lustlosigkeit im Spiel geschuldet, die sich im falschen Licht durchaus mit der Persönlichkeit von Doktor Paul Kersey verwechseln lässt. Sobald etwas mehr Tiefe verlangt wird, gerät der Hauptdarsteller ins Stocken, scheitert daran, mehr als eine Regung im Gesicht auf einmal darstellen zu können.

Eine möglicherweise durchaus bewegende Szene wird dadurch schnell zu einem langgezogenen Fehler im Erzählstil. Die Chance als Zuschauer, die Gefühle und die Motivation des Protagonisten zu greifen, sie zu verstehen, gleicht Null, bietet Bruce Willis doch keinerlei Möglichkeiten, hinter seine steinerne Maske zu blicken. Und wenn es denn doch einmal möglich scheint, ist dieser Moment auch genauso schnell wieder vorbei, wie er angefangen hat.

Lassen sich gewisse Fehler im Skript - Schwächen im Drehbuch generell - in „Death Wish“ durchaus schön reden, so scheitert dieser Versuch leider aus jeglichen Himmelsrichtungen, wenn es um die dargebotene Einsatzbereitschaft des Stars selbst geht. Dank ihm und seiner Unart, sich nicht wenigstens ein kleines bisschen auf seine Figur einzulassen, geht der ganze Film letztendlich zugrunde.

Fazit

„Death Wish“ von Eli Roth ist im besten Sinne langatmig, böse ausgedrückt einfach nur langweilig. Hauptdarsteller Bruce Willis spielt stocksteif und sichtlich unmotiviert, während die Geschichte vor sich hin dümpelt, schlicht keinerlei Spannung aufzubauen vermag. Die meisten Figuren sind uninteressant, die blutigen Szenen unnötig. Lediglich der schöne Mix aus alter Idee und moderner Darstellung kann sich gefallen lassen. Abseits davon ist „Death Wish“ jedoch nicht mehr und nicht weniger als Zeitverschwendung.

Selbst unerfahrenen Kinogängern, die mit dem Original von Regisseur Michael Winner („Der Mann ohne Gnade“, „Brando“) nicht vertraut sind, sei der Film von 1974 eher ans Herz gelegt, als dieser ungare Versuch eine moderne Variante zu präsentieren. Zwar ist die Welt in „Ein Mann sieht rot“ nicht wirklich mehr aktuell, doch kann hier wenigstens noch gutes Schauspiel beobachtet werden, was ich von „Death Wish“ nicht behaupten kann.

Bewertung: 2/5**

Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 06.03.2018