"Friedhof der Kuscheltiere" Filmkritik - Horror auf leisen Sohlen

Dreißig Jahre nach der ersten Verfilmung von Stephen Kings Bestsellerroman "Friedhof der Kuscheltiere" versuchen sich die Regisseure Kevin Kölsch und Dennis Widmyer an der Geschichte. Das Duo dürfte den meisten eher unbekannt sein, bestehen ihre bisherigen Arbeiten doch lediglich aus zwei recht durchschnittlichen Horrorfilmen ("Starry Eyes", "Holidays - Surviving them is Hell").

King selbst war nach der ersten Sichtung begeistert von ihrem Werk, was immer dass auch bedeuten mag. Denn, so gerne ich den Meister der Horrorliteratur auch habe, schlussendlich sagt er in der Moderne zu fast allem ja und Amen. Dieses Mal sollte sich seine Einschätzung jedoch als richtig erweisen. Zwar ist "Friedhof der Kuscheltiere" nicht die Crème de la Crème des Genres, dafür aber solide und in der Lage, den Zuschauer zum Nachdenken anzuregen.

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Was würdest du tun?

Kölsch’s und Widmyers Werk arbeitet nicht mit großartigen Horroreinlagen oder Schockern aus der Konserve, sondern mit Atmosphäre und Gedankenspielen. Eine Vorgehensweise, die unumgänglich ist, um die Geschichte in Filmform funktionieren zu lassen. Schließlich benötigt auch die Vorlage einiges an Zeit, um sich dem Höhepunkt zu nähern und widmet sich auf dem Weg eher dem Horror des Lebens als Mächten aus der Unterwelt (auch wenn diese durchaus vorhanden sind).

Entsprechend lässt sich "Friedhof der Kuscheltiere" in drei Teile unterscheiden. Im Ersten geht es vornehmlich um das Thema des unausweichlichen Todes. Wie geht ein jeder damit um, welchen Schrecken hält dieser Gedanke bereit und wie weit sind wir dazu in der Lage, das Schicksal zu ertragen? Nicht nur bei uns selbst, sondern auch bei denjenigen, die wir lieben.

Später verdichtet sich die Atmosphäre, vornehmlich dank dem Aufbau des Horrors, den der besagte Friedhof bereithält, dargestellt durch das Wiederbeleben eines verstorbenen Haustiers. Aber auch in Form der Geschichten der Mutter, die in ihrer Kindheit Grausames erlebt hat und in Rückblenden den Zuschauer Teil davon werden lässt. Diese Mittel helfen dem Film, vor dem Finale bereits einiges an Spannung aufzubauen und den eher Ängstlichen unter euch Gänsehaut zu verpassen.

Im letzten Drittel klopft dann der pure Horror selbst an die Tür, jedoch immer noch weitgehend subtil, schleichend und gefasst. Statt mit Jumpscares versehen, übertrieben brutal oder mit dem Kopf durch die Wand. Und gerade dieser Aufbau, diese Dreiteilung in Zusammenarbeit mit einer etwas ruhigeren Note, als wir es von Horrorfilmen heutiger Zeit gewohnt sind, macht "Friedhof der Kuscheltiere" zu einem echten, klassischen Gruselfilm.

Vor allem die Performance von Jason Clarke ("Zero Dark Thirty", "Everest", "White House Down"), der den Papa der kleinen Familie spielt, sorgt dafür, dass selbst empathielose Geister in der Lage sein sollten, sich einigermaßen in seine Situation zu versetzen. Was würde der Vater des Jahres tun, wenn sein Kind stirbt? Wozu wäre er bereit und in wieweit wird es ihn persönlichkeitstechnisch verändern? Clarke schafft es, diese Fragen durch sein Schauspiel zu beantworten, und das auf erschreckend realistische Weise.

Grabesstille

Trotz des gut gelungenen Aufbaus und der relativ dichten Atmosphäre hat das Werk von Kölsch und Widmyer aber auch mit einigen Schwächen zu kämpfen. Vorab dürfte für Fans des Genres ein Problem sein, dass "Friedhof der Kuscheltiere" eher ein Gruselfilm/Thriller ist, als ein waschechter Horrorstreifen. Beide Elemente sind vorhanden, Ersterer ist jedoch deutlich stärker ausgearbeitet.

Zum anderen leidet der Film unter einigen Leerläufen, die mitunter zu Langeweile führen können. Hier greift ein altes Problem mit Verfilmungen von Stephen King, nämlich die Schwierigkeit, seine Werke in cineastischer Form umzusetzen. Was im geschriebenen Wort funktioniert, ist nicht gleichsam auf der Leinwand ein Erfolg. Das Regisseursduo gibt sich zwar alle Mühe, die Dichte des Buchs einzufangen, dies gelingt jedoch nicht immer.

Das sind aber auch bereits die einzigen Mankos, die das Werk mit sich bringt. Abgesehen von einer kurzen Szene, in der die Tricktechnik zu wenig Budget zur Verfügung hatte und die dem Zuschauer deutlich auffallen dürfte, gibt es keine weiteren Ansatzpunkte für die Brechstange der Kritik. Außer natürlich, ihr seid Fans der Buchvorlage und wollt jene eins zu eins umgesetzt wissen. Denn diese Version nimmt sich einige Freiheiten heraus, die vor allen Dingen im Finale schwerer gewichtet sind als im Mittelteil.

Die richtigen Darsteller

Schwächen, wie solche, die oben aufgeführt wurden und einige, klitzekleine Problemchen hier und dort mehr, werden durch das Schauspiel anwesender Darsteller gekonnt ausgeglichen. Neben der bereits erwähnten Leistung von Jason Clarke ist es vor allen Dingen die Akteurin seiner Tochter, "Jeté Laurence ("Younger", "Schneemann", "Sneaky Pete"), die a) vergessen lässt, dass es in der Originalgeschichte eigentlich ein Junge war, der von den Toten zurückkehrt und b) es exzellent schafft, als lebendes Mädchen entzückend zu sein, als untote Wiedergängerin jedoch gruselig hoch achtzehn.

John Lithgow ("Dexter", "Planet der Affen: Prevolution", "Die Erfindung der Wahrheit"), welcher den Nachbarn der Familie spielt, ist ebenfalls ein absoluter Glücksgriff für die Verfilmung. Er verkörpert seine Figur nicht nur überaus überzeugend, sondern zusätzlich mit einer soliden Mischung aus Tragik und Wärme. Er ist ein herziger Mann, der tief in seinem Inneren das Richtige tun will. Aber er ist eben nur ein Mensch, mit Fehlern und einer Form der Güte, die vielleicht nicht angebracht gewesen ist ...

Und dann wäre da noch Amy Seimetz ("Stranger Things", "Alien: Covenant", "Atlanta") als Mama der kleinen Familie. Ihr Schauspiel ist zwar nicht so überragend wie das der bereits erwähnten Kollegen und Kolleginnen, doch lässt sich ihre Angst, gepaart mit der allumfassenden Liebe einer Mutter, förmlich greifen. Besonders beeindruckend ist, wie ihre Gefühlswelt und Weltanschauung durch spätere Ereignisse auf den Kopf gestellt wird.

Fazit

Die moderne Variante von "Friedhof der Kuscheltiere" unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von der ersten Verfilmung und entsprechend ihrer Natur auch von der Buchvorlage. Es ist schwer zu sagen, welche Umsetzung die Nase im Rennen um die beste Darstellungsform vorne hat, doch zumindest im Vergleich zwischen dem Werk von 1981 und der 2019er-Version behaupte ich, dass Kölsch und Widmyer den besseren Job abgeliefert haben.

Ihre Arbeit ist zwar per se kein wirklich schockierender Horrorstreifen, doch ein atmosphärischer Gruselthriller, der von seinen Darstellern, dem Aufbau und gut in die Geschichte eingestrickte Gedankenspiele lebt.

Bewertung: 4/5****

Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 03.04.2019