"Lloronas Fluch" Filmkritik - Teil 6 des Conjuring-Universums

Die Filmreihe zu dem Horrorhit "The Conjuring" ist mittlerweile so erfolgreich, dass sich die Produzenten dafür entschieden haben, auf den MCU-Zug mit aufzuspringen und ein Shared-Universe aus den Filmen zu stricken. Neben "Annabelle" und "The Nun" gehört da nun auch "Lloronas Fluch" mit dazu. Das Problem besteht hierbei nur, dass diese Information eigentlich völlig irrelevant ist. Michael Chaves' Streifen bleibt von der Tatsache beinahe gänzlich unberührt und die anderen Werke des Filmuniversums erhalten dadurch ebenfalls keinen Mehrwert.

Lediglich Priester Perez (Tony Amendola) gönnt sich einen kurzen Auftritt, übernimmt die Rolle des weisen Aufklärers und erinnert uns mit einem wenige Sekunden langen Rückblick daran, dass er es einst mit der dämonischen Puppe Anabelle aufgenommen hat. Abgesehen davon ist "Lloronas Fluch" völlig losgelöst von der Hauptreihe und allem, was mit ihr zu tun hat. Nun, ja. Die Geister einmal ausgenommen. Die gibt es hier natürlich auch. Zumindest einen.

LloronasFluch

Sie will deine Kinder

Dieser Ableger der Conjuring-Reihe spielt im Los Angeles der 1970er Jahre und beschäftigt sich mit einem alten Volksmärchen aus Mexiko. Dabei geht es um eine verbitterte Frau, die aus Hass und Eifersucht ihre eigenen Kinder ertränkt hat, um damit dem untreuen Ehemann das zu nehmen, was er am meisten liebt. Als sie ihre schreckliche Tat realisiert, schmeißt sie sich selbst in die tosenden Ströme ... Welche im Film als knöcheltiefer Fluss dargestellt werden.

Dadurch wird aus der mordenden Mutter Llorona die Geisterfrau, die weinend irgendwo im Gebüsch hockt und darauf wartet, dass ihr ein Kind zu nahe kommt. Genau dies passiert natürlich in "Lloronas Fluch", weswegen die Sozialarbeiterin Anna Tate-Garcia (Linda Cardellini) plötzlich mit übernatürlichen Ereignissen konfrontiert wird. Doch vor allen Dingen hat sie es nun mit einer Art Poltergeist zu tun, der ihren Nachwuchs ertränken will.

Jump-Scare-Gewitter

Regisseur Michael Chaves ("The Maiden", "Massacre Lake"), welcher dem regulären Kinobesucher wohl eher unbekannt sein dürfte, hat mit diesem Werk einen, im Bereich der Story und deren Aufbau, absolut durchschnittlichen Film abgeliefert. Äußerst klischeelastig und im Grunde nur existent, um der gruseligen Geisterfrau die Bühne zu bereiten. Was die Handlung, die eingebauten Figuren und den Fortgang der Geschichte angeht, gibt es keinerlei Überraschungen oder Abweichungen von der Norm.

Lediglich die Atmosphäre des Films, die sich wie ein dunkler Schleier über die gesamten Ereignisse legt, gehört zu den besseren Elementen dieses Horrorstreifens, der abgesehen davon nur auf eine einzige Weise punkten kann, nämlich durch sich stetig wiederholende Jump-Scares, beziehungsweise dem Fehlen eben dieser. Das ist die einzige Strategie, welcher das Werk folgt, um den geneigten Zuschauer in seinem Sitz zucken zu lassen.

Entweder kommt ein Boo-Moment und konfrontiert jeden, der zu lange auf die Leinwand gestarrt hat, mit der scheußlichen Fratze der Geisterfrau oder es wird nur angedeutet, dass genau dies passieren könnte. Stattdessen wird mit Nachdruck noch einmal die Szenerie überlang präsentiert, bevor der Schockmoment alternativ kurz danach eingeläutet wird. Natürlich völlig unvorhersehbar. Zumindest für jene, die nie zuvor einen Film dieser Machart zu sehen bekommen haben.

So merkwürdig es vielleicht klingen mag, beziehungsweise, so tragisch es für den Streifen halt auch ist, diese Elemente stellen trotz allem den besten Part in dieser cineastischen Geisterbahn dar. Llorona selbst ist optisch gut gelungen, ihre Auftritte besitzen zudem einen gewissen Gruselfaktor. Die Jump-Scares, so einfallslos und billig diese Vorgehensweise erscheinen mag, funktionieren auf ihrer ganz speziellen Ebene und zusätzlich mit der bereits erwähnten, durchgehend bedrückenden Atmosphäre ist etwas entstanden, das sich Freunde dieses Genre durchaus geben können.

Das liegt in erster Linie daran, dass sich "Lloronas Fluch" nicht viele Leerläufe erlaubt. Abgesehen von wenigen Stellen im Mittelteil und dem Anfang der Geschichte, kehrt die namensgebende Geisterfrau regelmäßig ins Rampenlicht zurück. Zwar zeigen sich die Schöpfer nicht sonderlich einfallsreich, wenn es darum geht, wo, wie und warum Dinge der übersinnlichen Art geschehen, dafür halten sie sich auch nicht allzu lange mit Gequatsche auf. Und tun sie es denn dann doch einmal, enthält die Szene zumindest einigermaßen relevante Informationen.

Großartige Tiefe, nachvollziehbares Drama oder sonst eine Form von ernstzunehmender Kinounterhaltung, wie es manche in der Conjuring-Reihe erlebt haben wollen, sucht ihr hier vergeblich. "Lloronas Fluch" ist unterm Strich einfach nur irgendein Geist, der irgendwann, irgendwo mit irgendeiner Familie aneinandergerät. Damit ähnelt Chaves' Werk eher "The Nun", welcher ebenfalls lediglich einen Fokus auf die Horrorfigur legte, die Geschichte jedoch sträflich vernachlässigt hat.

The Art of Horror

"Lloronas Fluch" präsentiert sich euch im Look des Jahrzehnts, in welchem die Handlung spielt, besitzt also einen gehörigen 1970er-Jahre-Flair. Die düstere, körnige Optik dieses Zeitalters kommt positiv zur Geltung und trägt einen guten Teil dazu bei, dass sich der Streifen zumindest vom visuellen Part her richtig anfühlt. Zusätzlich schafft es der Film, weitgehend ohne Tricktechnik auszukommen, was das altmodische Auftreten noch angenehm untermalt.

Die restlichen Aspekte der technischen Umsetzung sind wie die Handlung selbst - also eher durchschnittlich und darunter. Obwohl man mehrfach das Gefühl bekommt, es wäre sich wirklich Mühe gegeben worden, lässt sich dieser Umstand im Kino, mit Blick auf die Leinwand, nur schwer greifen. Die eingefangenen Bilder, Kamerafahrten und Szenenwechsel wirken bemüht, darüber hinaus aber auch nicht mehr. Wer andere Ableger dieses Shared-Universe gesehen hat, ist mittlerweile deutlich Besseres gewöhnt.

Gleiches gilt für die Leistung der anwesenden Schauspieler, die allesamt einen okayigen Job abliefern, aber irgendwie nie über das Mittelmaß hinaus gelangen. Linda Cardellini ("Brokeback Mountain", "Green Book", "The Founder") zeigt sich hin und wieder sehr gut darin, geschockt und/oder verängstigt zu wirken. Ihre Filmkinder, gespielt von Roman Christou und Jaynee-Lynne-Kinchen machen für ihr Alter einen guten Job und Raymond Cruz ("Breaking Bad"), als geisterjagender Ex-Priester, tut das, was er am besten kann: Grimmig gucken.

Fazit

Lloronas Fluch hat in erster Linie nur zwei Dinge zu bieten: Eine Menge Jump-Scares, die ganz gut gelungen sind, und eine passende, düstere Atmosphäre. Abgesehen davon ist der Film von Michael Chaves vor allem ein wandelndes Klischee, das aus seinen Möglichkeiten fast nichts macht und sich auf einem einigermaßen gruseligen Geist ausruht, statt die Geschichte und die Figuren ordentlich auszuarbeiten. Ein typischer Film, den man sich als Fan geben kann, aber sicherlich nicht muss.

Bewertung: 3/5***

Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 17.04.2019