Fifty Shades Of Grey 2 — Gefährliche Liebe Filmkritik

  

Stellt euch das menschliche Bewusstsein und die Abgründe unserer Psychologie als ästhetisches, filigranes Glaskunstwerk vor. Unendlich komplex, kaum zu fassen und äußerst zerbrechlich in seiner Schönheit. Und nun werft das Teil auf den Boden, kehrt die Reste mit einem Handfeger zusammen und schmeißt das Gerümpel in die Tonne. Realität, vielschichtige Persönlichkeiten, komplexe Verhaltensmuster. Was für ein Müll. Wir wollen Liebe, die alle Hindernisse überwinden kann und den Stürmen der Vernunft und Moral trotzt. Hach, ja. Schmacht …

fiftyshades2 - szene

Ein Scherbenhaufen

Ich werde mich an dieser Stelle weder für meinen völlig überzogenen Sarkasmus im Anleser entschuldigen, noch auf der Qualität der berühmten Buchvorlage rumreiten. Es wurde in dieser Hinsicht bereits alles gesagt und sich weiterhin in Neid zu erbrechen führt zu keinem tieferen Sinn. Wer den ersten Teil dieser Verfilmungen überlebt oder sogar genossen hat, will vielleicht etwas über die Qualität des neuesten Werks erfahren und nicht über die persönliche Meinung eines Tastenklapperers aus Berlin. Und alle anderen klicken sowieso nicht auf diesen Artikel. Mögen ihre Seelen in Frieden ruhen.

Halten wir uns gar nicht weiter mit der Geschichte auf, sondern kommen direkt zum Casus Knacksus. Das Baugerüst, welches den Film zu tragen hat, ist in Hollywood ein bekannter Hund. Es wird immer dann verwendet, wenn ein cineastischer Ausflug vor allem auf einzelnen Ideen beruht, diese aber nicht sinnvoll genug miteinander verbinden kann. Eine 08/15-Geschichte, die sich flexibel den verschiedensten Genres und Details anzupassen vermag. Ein sich windendes, undefiniertes Ding. Wenn auch durchaus nützlich.

Doch in diesem Film darf dieses „Ding“ keine grandiosen Ideen tragen. Beliebte Videospielvorlagen oder auch nur einzelnen Szenen, die irgendwie miteinander verwoben werden müssen, um Actionkino der Marke „Popcorn“ bieten zu können. Nein, in diesem Fall ist es eine schlechte Geschichte, mit grandios unterdurchschnittlichen Dialogen und Spannungsbögen, die im Keller anfangen und erst beim Erdmittelpunkt aufhören.

Langweilig und träge zieht sich die Geschichte in die Länge, wie Straßenteer an einem heißen Tag. Die Motivationen der Charaktere sind so sinnentleert wie ihre Handlungen, was es äußerst schwer macht, sich mit einem der Anwesenden zu identifizieren. Und alle Nebenfiguren sind so unfassbar eindimensional, dass mir die nötigen Worte fehlen, um diese Katastrophe in Worte zu fassen. Aus psychologischer Sicht ein Desaster, aus Sicht eines Kinoliebhabers ein Grund zum Fremdschämen und aus Sicht der sprichwörtlichen, gelangweilten Hausfrau bestenfalls ein leckerer Softporno.

Die liebe Liebe

Und selbst an dieser Stelle kann „Fifty Shades Of Grey 2“ kaum punkten. Abgesehen von der einen oder auch anderen erotischen Szene, überschreitet dieser Film genauso wenig Grenzen wie sein Vorgänger. Einziger Lichtblick ist hier das psychologische Kriegsspiel zwischen Anastasia Steel und Christian Grey, die — teils mehr, teils weniger bewusst — versuchen, die dominante Rolle in der Beziehung einzunehmen. Um so mehr Fläche Steele hier gut machen kann, um so mehr Aufgabe verlangt sie von ihrem exzentrischen Liebhaber. Und um so devoter wird sie im Bett.

Mit dieser Prämisse könnte man einen guten Erotik-Liebesfilm auf die Beine stellen, der auf einigen Ebenen funktionieren dürfte. Wäre dieser Ansatz geplant gewesen. Leider ist er nicht mehr als das Abfallprodukt eines schlechten Drehbuchs und verliert sich entsprechend schnell im Sand. Was übrig bleibt, ist der billige Versuch, eine gewisse Tiefe und Zerbrechlichkeit bei Mr. Grey durchscheinen zu lassen und diese neue Form sexueller Männlichkeit mit tieftraurigen Ereignissen zu untermalen (wieder einmal).

Doch hier fehlt den Köpfen hinter der Geschichte mehr als nur das Wissen über die Feinheiten der menschlichen Psychologie. Der Erfahrungsschatz lässt die einfachste Grundkenntnis missen und sorgt dadurch für den einen oder auch anderen unbeabsichtigten Lacher. Man möchte an diesen Stellen lachen, weil man ansonsten weinen müsste. Selten hat ein Film weniger Verständnis über die elementarsten Eigenheiten domestizierter Primaten an den Tag gelegt und selbst in den Bereichen versagt, auf die er sich inhaltlich eigentlich konzentrieren wollte.

Technische Gefühlskälte

Die schauspielerischen Leistungen von Dakota Johnson und Jamie Dornan sind durchaus annehmbar, wenn nicht sogar überdurchschnittlich. Zumindest im Rahmen dessen, was ihre Figuren den Darstellern an Möglichkeiten lassen. Und das sind nicht viele. Die Nebenfiguren fasse ich nicht mit der Kneifzange an und erlaube mir kein Urteil über ihre Arbeit in diesem Film. Dann würde ich nämlich zugeben, dass sie überhaupt gearbeitet haben.

Aus rein technischer Sicht dürft ihr ebenfalls nicht allzu viel erwarten. Regisseur James Foley setzt auf altbewährte Methoden, die mehr an verschiedene Graustufen erinnern, als die sogenannten seelischen Abgründe von Christian Grey. Einstellungen, Kamerawinkel, Schnitt — all diese Dinge, die viele nur unterbewusst wahrnehmen und nicht weiter in den Bereich der Beachtung zerren — sind bestenfalls okay. Nichts besonderes, keine Raffinesse.

Ich weiß nicht, was ich an diesem Film loben könnte. Vielleicht, dass die Sichtung des Materials weniger unangenehm und langweilig war als befürchtet. Oder das Dakota Johnson durchaus eine attraktive Frau und Jamie Dornan ein ansehnlicher Mann ist. Nacktszenen mit den beiden haben also optisch etwas für sich. Abseits davon … bin ich unterwältigt.

Fazit

Wer über keinen Internetzugang verfügt und einen der beiden Hauptdarsteller gerne mal mit nacktem Oberkörper bewundern möchte, hat durchaus einen Grund, für „Fifty Shades Of Grey 2 — Gefährliche Liebe“ ins Kino zu gehen. Andere Punkte auf der Proseite fallen mir beim besten Willen nicht. Der Film ist aus technischer Sicht durchschnittlich und höchsten auf akzeptablem Niveau gespielt. Der „Handlungsstrang“, die Dialoge und vor allem die Verarbeitung der menschlichen Psychologie sind unter aller Kanone.

Wer sich für Sado Maso interessiert, wird hier nichts verwertbares erfahren, außer vielleicht den einen oder auch anderen Szeneausdruck. Und wer mit seinem Liebesleben nicht absolut unzufrieden ist und entsprechend bereit, Vernunft und Realität gegen Altjungferträume einzutauschen, findet hier ebenfalls nicht mehr, als einen Softporno in Graustufen.

"Fifty Shades of Grey 2" ist ab jetzt überall in unseren Kinos zu sehen.

Bewertung: 1/5*

Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 09.02.2017