Filmkritik "Die Frau in schwarz 2 — Der Engel des Todes"

  

Wenn Gruselei auf die eigene Fortsetzung trifft, so muss dies eigentlich gar kein Schreckmoment mehr sein. Viele Franchises haben in den letzten Jahren mehrfach erfolgreich unter Beweis gestellt, dass sich gute Geschichten auch gut weiterspinnen lassen — sofern sie nicht einfach nur noch einmal die selber Geschichte wie im ersten Teil mit mehr Budget erzählen. Das kann tatsächlich nur „The Evil Dead“.

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Grusel im Kopf trifft auf Effektgeheische

„Die Frau in schwarz 2 — Der Engel des Todes“ versucht nun (scheinbar) in viele Teilen das Erbe des großen Val Lewton anzutreten. Der gebürtige Ukrainer gilt noch heute als der Erfinder des „denkenden Horrorfilms“, also jener Filme, die den Schrecken im Kopf des Zuschauers und weniger auf der Leinwand direkt erzeugen. Wie schon in „Die Frau in Schwarz“ mit Daniel Radcliff ist die Geschwindigkeit mancher Szene herabgesetzt und das Moment gruselig-gespannter Erwartungen dadurch verlängert, die titelgebende Schauergestalt scheint dabei an jeder Ecke zu lauern oder zumindest hinter den Schatten den schlecht beleuchteten Räume zu stecken. Ähnlich wie schon im ersten Teil kommt beim Zuschauer der Eindruck auf, der könne tatsächlich die Dame mit Hang zu finsterer Wäsche erblickt zu haben, auch wenn sie sich fein aus der entsprechenden Szene verhielt. Der Soundtrack scheint dazu eher aus einer Ansammlung schauriger und ominöser Geräusche zu bestehen als aus wirklicher Musik. Der Grusel in der Geschichte selber scheint einzig Manifestation der psychischen Probleme der Titelheldin zu sein, die durch die Umstände der Rahmenhandlung erst zu Tage (oder zu Nacht) treten.

In Farbe kann das funktionieren. Muss aber nicht. Denn Farbe ist in viele Fällen einfach gnadenlos, wenn die Kamera dahinter nicht stimmt. Bei Kubricks „The Shinning“ funktioniert dies im Gesamtkonzept glänzend und tonfilmische Vater solcher Horrorfilme Val Lewton hat dies unter anderem in „Die Katzenmenschen“ und „Ich folgte einem Zombie“ in den 40er Jahren beeindruckend unter Beweis gestellt. Und trotz Farbe funktioniert es auch in „Die Frau in schwarz 2 — Der Engel des Todes“. Allerdings nur in den ersten zwei Dritteln des Films. Danach verwendet die Erzählung beachtlich viel Energie darauf sich selber zu demontieren. Plötzlich wird alle Subtilität, alles sublime über Bord geworfen und mit billigen Jump-Scares ersetzt. Von denen sind die beiden heftigsten dann auch noch bereits aus den Trailern bekannt. Dadurch fällt echter Schrecken nicht leichter. Warum Tom Harper (Zuletzt mit „War Book“ im Kino, sonst eher aus UK-TV durch Folgen von „Misfits“ und „Peaky Blinders“ bekannt) auf dem Regiestuhl und sein Schreiber (ebenfalls ein Neuling auf der großen Leinwand) dann diesen Weg für das große Finale wählten, bleibt vermutlich die größte Frage des Films. Dabei haben die altehrwürdigen Hammer-Studios, Englands große (und kleine) Horrormacher, in der jüngeren Vergangenheit doch immer so viel Gespür für eben die richtigen Handlungen und guten Grusel gezeigt.

Interessante Ansätze

Inhaltlich jedenfalls wurde dabei eben nicht der sehr gute Vorgänger versucht zu reproduzieren. In „Die Frau in schwarz 2 — Der Engel des Todes“ wird der namensgebende Hauptcharakter auf eine reine Nebenrolle reduziert. Der Film fokussiert sich in den weitesten Teilen auf Eve (Phoebe Fox), einer Lehrerin, deren Schüler während der Bombennächte des 2. Weltkrieges raus aus London aufs vermeintlich sichere Land evakuiert werden. Einer ihrer Schüler, Edward (Oaklee Pendergast), hat so grade erste beide Eltern durch den Bombenterror des Naziregimes verloren. Durch den Schock des Todes der Eltern scheint Edward vergessen zu haben zu sprechen und kommuniziert einzig mittels Stift und Papier. Aber auch nur dann, wenn er grade nicht katatonisch ins Leere starrt. Das Unverständnis seiner Mitschüler für sein Verhalten äußert sich in Grausamkeiten und weckt bei Eve mütterliche Instinkte.

Durch die britische Regierung wird Eve aber zusammen mit ihren Schülern in das aus teil 1 bekannte „Eel Marsh House“ verlegt. Auf dem Weg dahin trifft die Protagonistin dann noch auf Harry (Jeremy Irvine), einem charmanten RAF-Piloten, der im nahegelegenen Luftwaffenstützpunkt stationiert ist. Funken fliegen gleich zu Beginn, verstärkt durch eine kurze Stippvisite im „Eel Marsch House“, aber in „Die Frau in schwarz 2 — Der Engel des Todes“ in genretypisch nur wenig Platz für romantisches Rumgeturtel.

Jene böser Hausgeist war einst selber Bewohnerin des „Eel Marsh House“ und verlor ihren Sohn zunächst an die eigene Schwester und dann an die ungewöhnliche Ebbe-Flut Topographie rund um das Haus. So war sie gezwungen den Tod ihres Sohnes Nathaniel auf der Straße zum Ufer tatenlos zuzusehen. Nach ihren eigenen Tod kehrte sie als grausamer Spuk in das Haus zurück. Ihr Erscheinen ist der Vorbote des Tods eines Kindes. Jenes Kind ist im zweiten Teil natürlich Edward.

Demografisch ein bis zwei Stufen drunter

„Die Frau in schwarz 2 — Engel des Todes“ gehört zu der immer größeren Ansammlung von Horrorfilmen für ein etwas jüngeres Publikum. Dieser Umstand alleine muss nun nichts schlimmes sein, aber auf seine Art und Weise ist „Die Frau in schwarz 2“ enttäuschender als Unsinn wie „Ouija“. Denn dem Film mangelt ist gar nicht an guten Ideen, die die Handlung locker vorantreiben könnten. Viele Elemente, wie elterliche Schuldgefühle, gesellschaftlicher Druck auf Frauen und traumatischer Verlust, sind sicherlich keine Neuerfindungen des Rades, aber, verwoben mit dem übernatürlichen Aspekt des Films gut in Szene gesetzt und zur Erhöhung der Spannung verwendet. Bis hierhin also alles richtig gemacht und weit ab vom lieblosen Klischee des schlechten Nachfolgers. Warum alles in einer dümmlichen Klimax und eine furchtbar unbefriedigendem Ende münden muss, wird wohl nie geklärt werden — und so das wirklich interessante Rätsel des Film bleiben.

Fazit

Auch wenn Phobe Fox einen guten Job macht und auch wenn der Film über gute Ansätz verfügt, schafft er es schlussendlich nicht ein unheimliche Stimmung zu erschaffen, die er dann leider komplett selber vernichtet. Das allerdings sehr gründlich. Gedreht in schwarz-weiß, wie durch Val Lewton, hätte vermutlich dem letzten Drittel über die größten Schnitzer hinweggeholfen und den Film aufgewertet. So reicht er grade eben für einen BluRay Abend auf dem Sofa, bei dem der Film neben der Begleitung eh nur die zweite Geige spielt. Für den echten Grusel dann doch lieber noch einmal den ersten Teil gucken und auf „Pyramids“ hoffen.

Bewertung: 2 von 5 Sternen:**

Filmkritik von Julius, 19.02.2015

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Weitere Informationen zum Film findet ihr hier. "Die Frau in schwarz 2 – Der Engel des Todes" ist ab heute (19.02.2015) überall im Kino zu sehen.