Filmkritik: Nomadland – Ein Volk der Nomaden

  

Filmkritik von Peter Osteried | 28.01.2021

Der auf zahlreichen Festivals ausgezeichnete Film „Nomadland“ startet am 8. April in den deutschen Kinos. Die Hauptrolle spielt Frances McDormand.

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Die aus China stammende Regisseurin Chloé Zhao hat NOMADLAND nicht nur inszeniert, sondern auch geschrieben. Damit hat sie auf sich aufmerksam gemacht, verpflichtete Marvel sie doch für den kommenden Superheldenfilm THE ETERNALS und gab ihr auch Carte Blanche beim Schreiben des Drehbuchs. Mit NOMADLAND hat sie einen Film über den verlorenen amerikanischen Traum abgeliefert. In diesem Land kann es nicht mehr jeder schaffen.

Nomadland – Zur Handlung

Fern (Frances McDormand) hat nach der letzten Rezession alles verloren. Ihr Mann ist gestorben, die Firma, die ihr kleines Örtchen am Leben hielt, musste aufgeben, und sie packt das Wenige, das sie noch hat, in ihren umgerüsteten Van und macht sich auf den Weg. Sie fährt durchs Land, von einem Gelegenheitsjob zum nächsten, trifft Menschen, die wie sie leben, hat vielleicht sogar die Chance auf ein neues Lebensglück.

Aber ist Fern überhaupt noch dazu bereit, in ein Leben zurückzukehren, das man gemeinhin als normal bezeichnet?

Nomadland – Eine Kritik

NOMADLAND wurde mit guten Kritiken und Preisen überschüttet. Man kann schon sehen, wieso das so ist. Frances McDormand spielt erneut großartig. Die Kamera liebt ihr Gesicht. Ihre Mimik sagt mehr als tausend Worte. Darauf verlässt sich Zhao auch. Oftmals allerdings ein bisschen zu sehr.

Denn so gut der Film darin ist, die Tristesse eines Nomadenalltags darzustellen, so sehr schlittert er auch daran vorbei, wahrhaftig zu sein. So wie sich das hier darstellt, ist es ein alternativer Lebensstil, von dem man im Kino knapp zwei Stunden lang träumen kann. Von einem Leben in Freiheit, von der offenen Straße, von einer Gemeinschaft der Camper, von allem, was sich vom normalen Alltag abhebt.

Aber das ist auch das Problem von NOMADLAND. Er zeigt das Nomadendasein romantisierend. Niemand hier hat mentale Probleme, keiner hat Drogenprobleme, selbst die gesundheitlichen Probleme werden nur en passant gestreift. Dabei ist die Gefahr, krank zu werden, einer der ganz großen Faktoren dieser Art von Lebensstil. Ganz zu schweigen davon, dass man nicht nur von der Hand in den Mund lebt, sondern immer auch am Abgrund entlangtänzelt. Wenn der Van nicht mehr will, war es das.

Das schwächt die Wirkung von NOMADLAND, er hat aber starke Momente, die auch damit zu tun haben, dass hier viele Laien – echte Camper – eingesetzt wurden, so dass sich zumindest in der Beziehung Authentizität einstellt. Aber man kann dennoch nicht umhin, dass man sich eine etwas schonungslosere Darstellung gewünscht hätte, ebenso wie eine stärkere Charakterstudie. Denn Zhao verlässt sich auf McDormand, aber das Drehbuch bietet oftmals zu wenig, mit dem die Schauspielerin arbeiten könnte. Es braucht nicht immer geschliffene Dialoge, lange Passagen, in denen die Kamera auf McDormands traurigem Gesicht ruht, sind aber auch zu wenig.

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Fazit

NOMADLAND ist ein durchaus guter Film. Einer, der die Tristesse dieses modernen Nomadendaseins gut einfängt, aber auch einer, der nicht gewillt ist, sich selbst gegenüber schonungslos zu sein. Zu sehr wirkt der Film romantisierend, wenn er das Gemeinschaftsleben der Camper illustriert. Das mag für ein warmes Gefühl ums Herz herum gut sein, man hätte sich hier aber eine etwas konsequentere, letztlich auch bitterere Darstellung gewünscht.

Bewertung: 3/5***

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Bildmaterial (c) Walt Disney