Filmkritik zu Alle Jahre wieder — Weihnachten mit den Coopers

  

Der Titel von „Alle Jahre wieder — Weihnachten mit den Coopers“ sollte Weihnachtsmuffeln und solchen, die es werden wollen, Warnung genug sein. Noch erheblich deutlich als der von fehlendem Komma geplagte Originaltitel „Love The Coopers“ wird hier mit der kompletten Lamettafabrik gewedelt und deutlich gemacht: es dreht sich um weihnachtliche Emotionen und filmischen Erguss der Form, der wie Glühwein und Gans jedes Jahr mit zeitlicher Präzision über uns hereinbricht. Filmischer Untot in reinster Form eben.

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Alle Jahre wieder — Weihnachten mit den Coopers“ ist ab heute, 03.12.2015 in den Kinos zu sehen.

Nur zur Weihnachtszeit

Und die bekannte Formel für derartige Filme zieht Regisseurin Jessie Nelson („Ich bin Sam“) auch gnadenlos durch. Zum einen setzt „Alle Jahre wieder — Weihnachten mit den Coopers“ eine episodenhafte Erzählung und auf einen vor großen Namen strotzenden Cast: Sie verbindet das thematisch weit ausgreifende Weihnachtspanorama nach Art von „Tatsächlich… Liebe“ und „Alles ist Liebe“ mit der filmischen Familienzusammenkunft zum Festtag im Stile von „Die Familie Stone“ und „Familienfest und andere Schwierigkeiten“.

Was an anderer Stellen geklappt hat, fällt im Falle von „Alle Jahre wieder — Weihnachten mit den Coopers“ zusammen wie Mutters weihnachtliches Soufflé im Backofen. Zwar wissen Teile der bittersüßen Weihnachtskomödie durchaus zu zünden, aber diese wenigen Momente werden von deutlich weniger gelungenen und an inhaltlicher Logik mangelnden Episoden unterbrochen. Wer hier ganz viel Gnade walten lassen möchte, unterstellt Absicht um die holprige Familenzusammenführung unter dem Weihnachtsbaum zu unterstreichen, aber auch mit so viel Verzeihen sollte jedem bewusst sein, hier haben er und sie es mit eine sehr kurzweiligem Vergnügen zu tun. Die Eigenheiten der Coopers sind anstrengend, alle gehen sich gegenseitig auf die weihnachtlichen Nüsse und sogar die die Geschenke bereiten Kopfzerbrechen.

Alle Jahre wieder

Charlotte Cooper (Diane Keaton) wünscht sich nichts sehnlicher, als dass ihre ganze Familie noch einmal harmonisch zusammen Weihnachten feiert und überredet ihren Mann Sam (John Goodman), der Verwandtschaft vorerst nichts von ihren Trennungsplänen nach 40 Jahren Ehe zu erzählen. Während Charlotte und Sam mit den Vorbereitungen für das Heiligabend-Dinner beschäftigt sind, flirtet ihre früh angekommene Single-Tochter Eleanor (Olivia Wilde) am Flughafen mit dem Soldaten Joe (Jake Lacy) und ihr geschiedener, alleinerziehender und arbeitsloser Sohn Hank (Ed Helms) bewirbt sich trotz des Festtags um einen Job. Charlottes Schwester Emma (Marisa Tomei) wiederum wird beim Diebstahl von Präsenten von Officer Williams (Anthony Mackie) erwischt, dem sie gleich mehrere Weihnachtsmärchen zur Erklärung auftischt. Andere Sorgen hat unterdessen das Familienoberhaupt Bucky (Alan Arkin): Der Vater von Charlotte und Emma erfährt, dass seine gute Freundin Ruby (Amanda Seyfried), die junge Kellnerin in seinem Stammlokal, die Stadt verlassen will. Als Eleanor Joe überredet, sich als ihr Verlobter auszugeben, ist eine turbulente Familienfeier vorprogrammiert.

Das alles entspinnt sich vor der winterlichen Kulisse des eingeschneiten Pittsburgh. Und tatsächlich funktioniert zumindest diese Wahl als sehr gutes Stimmungsbild. Die Zusammenhänge innerhalb der Coopers in „Alle Jahre wieder — Weihnachten mit den Coopers“ mehr als nur einmal im Schneetreiben stecken und muss immer wieder durch den Off-Kommentator (Vorsicht, hier verbirgt sich ein Weihnachtswitz) ausgelöst werden. Allerdings trägt dieser oftmals zu mehr Ver- denn Entwirrung bei. Und wenn man sich schließlich irgendwann sicher ist, dass die 50-jährige Marisa Tomei („Mein Vetter Winnie“) tatsächlich die in Rückblenden kaum kleinere Schwester der 69-jährigen Oscar-Preisträgerin Diane Keaton („Der Stadtneurotiker“) spielt, dann nimmt man das Stammbaum-Konstrukt von Drehbuchautor Steven Rogers („P.S. Ich liebe dich“) schon lange nicht mehr ernst und wittert Missbrauch an der Feuerzangenbowle.

Ein Kessel Buntes

Aber wer von miesen Geschenken ablenken will, der behauptet einfach es sei selbstgemacht oder wählt zumindest eine tolle Verpackung aus. Regisseurin Nelson greift natürlich zu genau diesem alten Trick ganz unten aus der Deko-Kisten und garniert die inhaltliche Überforderung mit Split Screens, Flashbacks und auffälligen Nahaufnahmen. Der absolute Tiefpunkt ist wohl das völlig am Rauschebart herbeigezogene Katz- und Mausspielchen zwischen der lügnerischen Ladendiebin Emma und Officer Williams. Deren Geplänkel wirkt dermaßen gekünstelt, dass jede gefühlvolle Verbindung zwischen den Akteuren und dem Publikum im Punschbecher ertränkt wird.

Im Gegensatz dazu haben immerhin die ständigen Gefechte zwischen dem alten Ehepaar Charlotte und Sam dank des Talents von Diane Keaton und John Goodman eine gewisse Spannung. Von Esprit sind sie allerdings genauso wenig geprägt wie die kläglichen Auftritte des geplagten Sohnes Hank (Ed Helms) von Können. Ein wenig fesselnder lässt sich die Geschichte der schön weihnachtlich unpassenden engen Verbindung zwischen dem Senior Bucky und der Kellnerin Ruby aus. Alan Arkin („Little Miss Sunshine“) und Amanda Seyfried („Mamma Mia!“) geben dem Zusammenfinden zweier weihnachtlich einsamer Seelen etwas so Selbstverständliches, dass es wie ein absoluter Fremdkörper in „Alle Jahre wieder — Weihnachten mit den Coopers“ wirkt. Dieser kurze Moment des Glücks ist zwar nicht der einzige, aber in der Gesamtschau lässt sich „Alle Jahre wieder — Weihnachten mit den Coopers“ eben an, wie der Familiengesang am Gabentisch: Er ist eben nur ertragbar, weil Weihnachten ist. Zu allen anderen Jahreszeiten würden Katzen, Hunde und andere empfindsame Wesen jaulend Reißaus nehmen.

Fazit

Wirklich guten Gewissens lässt sich „Alle Jahre wieder — Weihnachten mit den Coopers“ nur denjenigen empfehlen, die jeder schrägen Weihnachtsnote etwas abgewinnen können und wollen. Alle anderen werden Schwierigkeiten haben über die Lücken der Handlung und der teils sehr schwächelnden Performance hinwegzusehen.

Bewertung: 2 von 5 Sternen.**

Filmkritik von Julius, 03.12.2015