Filmkritik zu Angry Birds - Der Film

  

Sich mit allem zu arrangieren und stets die Contenance zu wahren bringt einem im Leben ein gutes Stück voran. Aber wenn es hart auf hart kommt, dann kann es sich als sehr hilfreich erweisen den Kragen platzen zu lassen und die geballten Fäuste auf den Tisch zu hauen, anstatt sie in den Taschen zu lassen. Für einen Kinderfilm ist das eine sicher unerwartete Botschaft. Und es ist nicht die einzige Überraschung, die „Angry Birds“ bereit hält. Die schnelle, quirlige und hochgradig unterhaltsame Mobile-Game Verfilmung zeigt vielen Mitbewerbern aus der Spielebranche einen gewaltig langen Schnabel. Ein wenig wie einst die Vorlage, welche Millionen an Kindern und Erwachsene an den Bildschirmen ihrer Smartphones und Tablets kleben ließ, nur um mit gefiederten Verbündeten gemeinen und grünen Schweinen die Eier abzunehmen.

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Angry Birds - ab dem 12. Mai 2016 endlich auch im Kino!

Angry Birds: Mit wenig Vorlage und viel Einsatzfreude

Dabei leistet „Angry Birds“ gar nicht viel. Er erschafft lediglich eine Begründung für die wütenden Grundlage jener gefiederten Wesen, deren Heimat Bird Island ist. Daraus wird im Handumdrehen eine respektlose Ursprungsgeschichte gebastelt, locker mit der Hauptnarrative des Films umgesprungen und etwaige Lücken werden mit federhaften Details diese wahnsinnigen und wahnwitzigen Welt gefüllt, in der Vögel Schweinen die Buden kaputt bomben.

Das Resultat, mit allen Animationen und Rechenleistungen im Hintergrund, steht der sprunghaften und anarchistischen Geisteshaltung des 2009 durch das finnische Unternehmen Rovio Entertainment auf den Markt gebrachten Spiels in nichts nach. Zwar erreicht es nicht das subversive und ulkige Level von „The Lego Movie“, aber Konkurrenten wie die harmlose „Ratchet & Clank“ Adaption lässt „Angry Birds“ weit hinter sich. Dabei ist letzterer in Sache Spieleverfilmungen schon ein großer Schritt nach vorne gewesen.

Für die Regisseure Clay Katis und Fergal Reilly ist „Angry Birds“ das erste Großprojekt. Beide haben sich allerdings bei großen Disney und Warner Produktionen als langjährige Studioanimateure mehr als nur ein paar Sporen verdient. Genau das zeigt sich in „Angry Birds“ an allen Enden. Fast möchte man die Leinwand berühren, so gut wirkt das Bild, die gefiederten Inselbewohner und ihre borstigen Gegenspieler sind liebevoll gestaltet, das 3D Design ist hervorragend und alles ist in tropischen Pastelschattierungen gehalten. Auch wenn „Angry Bids“ einige Jahre nach dem Höhepunkt und der Relevanz in Sachen Pop-Kultur der Vorlage eintrifft, so schlägt sich hier dennoch ein Handwerk nieder, welches so nur in Animationsfilmen aller erster Güte zu finden ist. Für Rovio ein kluger Schachzug, denn Möglichkeiten schnell Kohle aus dem Titel auf der Leinwand zu schlagen gab es genug. Auf Grund der Narrative und dem Design, gepaart mit der Zugänglichkeit der Handlung könnte aus „Angry Birds“ einige ganz eigene Leinwand-Franchise werden.

Wutprobleme und kapitalistische Schweine

Die inhaltliche Exposition macht deutlich: Red (Jason Sudeikis) hat ein Wutproblem und wird daher zur Therapie verdonnert. Auch sonst ist er ein Außenseiter im Vogelparadies Bird Island, selbst seine Wohnung hat man aus dem eigentlichen Inselort an den Strand verbannt. Doch schon bald kann er seine Heldenqualitäten zusammen mit seinen neuen Kumpanen, dem blitzschnellen Chuck (Josh Gad) und dem explosiven Bombe (Danny McBride), unter Beweis stellen, als seltsame grüne Schweine den idyllischen Ort aufsuchen und dort für gehörig Trubel sorgen. Mehr muss eigentlich nicht gesagt werden.

„Angry Birds“ erfindet eben das Rad nicht neu. Der Streifen nimmt im Grunde klassische Storyelemente von Outsidern, die zu Helden werden und schiebt eine Bande von verdächtig wirkenden Fremdlingen, die sich mit Konsumgütern einschleimen wollen als Schurken vor. Gradlinige Heldengeschichten wie diese bleiben immer aktuell. Wirklich beeindruckend sind aber eben nicht die minimale Handlung, sondern der Charme der Figuren, der Humor und die gelungenen Animationen. Letztere sollten nicht wundern, immerhin haute man dafür ein Budget von rund 75 Millionen US-Dollar raus. Neben den kauzigen Vögeln, die wirklich Spaß machen, wird auch das Babyschema reichlich bedient: Wenn einen der Vogelnachwuchs als flauschige Bälle mit großen, wirklich sehr großen Kulleraugen anguckt, kann man nur entzückt sein.

Vögel auf der Besetzungscouch

Game of Thrones-Star Peter Dinklage mischt als Stimme des Mächtigen Adlers mit, ein als legendärer Held verehrter Adler im Ort, der aber schon seit langer Zeit mit Abwesenheit glänzt. Red, Bombe und Chuck suchen nach ihm, um ihn um Hilfe beim Schweineproblem zu bitten. So wird das Thema, dass Idole nicht immer sind, wie man sie sich ausmalt, klischeehaft, aber witzig mit in die Story gepackt. Die originalen Sprecher Jason Sudeikis, Josh Gad und Danny McBride sind auch im realen Schauspielerdasein für ihre schrägen Rollen bekannt. Dies schlägt sich wunderbar in ihren animierten Gegenstücken nieder. In der deutschen Synchronisation wird ebenfalls auf hohem Niveau geflogen. Red wird von Christoph Maria Herbst, Chuck von Axel Stein und Bombe von Axel Prahl gesprochen, der Adler von Smudo. Der Humor zieht an den meisten Stellen auch auf Deutsch und die Stimmen hauchen den Vögeln passend Leben ein. Potential für den Publikumsliebling aber hat die Nebenfigur Terence (Sean Penn), ohne hier weiter ins Detail gehen zu wollen.

Fazit

Mit „Angry Birds - Der Film“ ist vielleicht nicht die werkgetreuste Spieleverfilmung gelungen, aber eine gute und sehenswerte. Eventuell sind erwachsenen Zuschauern zu viele bekannte Klischees verarbeitet worden, dem Spaß tut dies jedoch keinen Abbruch. Die spaßigen Vögeleien und Schweinereien sorgen für angenehme Unterrhaltung. Die simple Story stört da nicht weiter, die flotten 99 Minuten Laufzeit vergehen wie im Sturzflug.

Bewertung: 4 von 5 Sternen.****

Filmkritik von Julius, 10.05.2016