Filmkritik zu "Auferstanden" (Risen)

  

Wenn sich in „Risen“ ein römischer Soldat auf die Suche nach Jesus Christus macht, nachdem dieser gekreuzigt wurde und vermeintlich wieder auferstanden ist, dann bekommt der Zuschauer einen erstaunlich altmodischen Bibelfilm zu sehen, dem ebenfalls so etwas wie eine vitalisierende Wiedergeburt zuteil wurde. Zusammen mit Filmen wie „The Robe“ und „King of Kings“ würde dieser Kevin Reynolds Streifen („Waterworld“, „Fandango“), geschrieben von Reynolds und Paul Aiello, wunderbar in ein österliches Triplefeature passen. Es gibt sandige Schlachten, mit kargem Buschwerk gespickte Hügel und Ebenen in CinemaScope, eine saftigen Soundtrack von Roque Baños im Stil von John Barry („Out of Africa“) und Briten die Römer spielen. Alles läuft in „Risen“ gut und funktioniert, bis dann leider in der zweiten Hälfte so viele bildliche Klischees bemüht werden, dass man sich sehr stark an kitschige Kunst aus Kirche und Religionsunterricht erinnert fühlt. Wenig hilfreich ist es dann noch, dass sich die Handlung mehr und mehr in sehr hölzernen Versatzstücken verirrt.

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Auferstanden (Risen): Bei uns läuft der Film am 17. März in den Kinos an.

Revoluzzer und Rebellen in Risen

Held der Geschichte ist Clavius, gespielt von Jospeh Fiennes. Einer dieser unerschütterlichen Anführer, moralisch neutral, professionell, dem jedoch seine spirituelle Erweckung beschert wird, während er einen dieser wirklich hässlichen Jobs erledigen muss. Nachdem er die Hinrichtung einer Gruppe hebräischer Gefangener überwachen soll, unter diesen der Aufrührer Yeshua, alias Jesus von Nazareth, bekommt er von Pontius Pilatus (Peter Firth) den Befehl auf eben jene Höhle aufzupassen, in der die Überreste des vermeintlichen Messias bestattet wurden. Die beiden schwer geschafften Soldaten, die Clavius mit der Nachtschicht betraut, lassen sich volllaufen, schlafen ein und am nächsten Tag ist das Grab leer. Für die Römer und deren Satellitenregime der absolute PR Alptraum. In allen Tälern und Gassen ist von der wundersamen Wiederauferstehung zu hören. Es rumort in Palestina. Pilatus und Konsorten sind auf der einen Seite zwar ordentlich verängstigt ob der ganzen Angelegenheit, müssen die ganze Nummer aber rational angehen. Denn der Besuch des Kaisers steht an und bis dahin muss die ganze Gegend unter tiptop Kontrolle stehen. Ein Straßenkampf mit Rebellen, die durch Geschichten eines wiederauferstandenen Gottessohns aufgepeitscht wurden, steht ganz oben auf der No-Go Liste.

Clavius muss also wie ein Polizist und Ermittler vorgehen, befragt Zeugen und Bekannte von diesem Yeshua, eben alle die in seinen letzten Tagen in der Nähe dieses Heilands waren. Der Körper des Rebellen will gefunden werden, denn die Geschichte der Wiederauferstehung kann einfach nicht stimmen. Während seiner Nachforschungen berichtet ihm Zeuge um Zeuge, dass Yeshua (gespielt von Cliff Curtis, und gemäß des modernen us-amerikanischen Films von unbestimmbarer Ethnie) ein gutherziger Prophet mit übernatürlichen Kräften war. Und so nährt sich langsam der Zweifeln in dem römischen Soldaten, ob er nicht auf der falschen Seite der ganzen Geschichte steht.

Diese Wandlung ist eine, die Fiennes in seiner Performance hervorragend verkauft. Mit seinem wachen und aufmerksamen Blick, seinen feinen Reaktion, mal demütigt, mal wertend, mal voller müdem Zynismus, erscheint Clavius im gleichen Maße viel skeptischer und wahrnehmender als seine Landsleute. Als „Risen“ beginnt scheint ihm bereits klar zu sein, dass die römische Herrschaft im mittleren Osten nicht lange aufrecht zu erhalten ist. Als dann noch die Höhlen- und Messiasgeschichte hinzukommt, sich die spirituelle Krise in dem Veteranen entzündet, bekommen wir einen Charakter zu sehen, der durch die Begeisterung und Verwunderung der anderen durchgeschüttelt wird, einfach nachgibt und sich der bewegten Masse anschließt.

Detektiv Clavius und das wundersame Mann aus Nazareth

Wie die Geschichte ausgeht, das ist sicherlich jedem klar. „Risen“ allerdings schlägt eine etwas unkonventionelle Route ein, um zu diesem Ziel zu gelangen. Das Drehbuch von Reynolds und Aiello bleibt in der ersten Hälfte sehr bodenständig. Die Wunderhandlungen werden immer nur von Zeugen beschrieben und dem Zuschauer vorgehalten, mit viel Fokus auf Land und Leute. Dadurch kommen einige sehr starke Bilder zustande. In liebevollen Close-Ups werden Menschen beim bedächtigen Essen und Trinken gezeigt. Brot wird zerteilt, aus einem einfach Kelch Wein genippt. Natürlich hat dies rituellen Charakter und natürlich soll dies das Abendmahl unterstreichen. Aber es macht auch deutlich, wie wichtig jede Mahlzeit und jeder Schluck in dieser kargen Landschaft ist. Das Leben hier ist hart. Die Sonne brennt und das Surren von Fliegen über verwesenden Leichen ist allgegenwärtig. In Mitten dieser Härte ist Clavius zunächst ein rein analytischer Kämpfer ohne Gnade. Als er bei der Massenkreuzigung entscheiden muss, ob einer seiner Legionäre den Gekreuzigten die Beine brechen oder ihn mit einem Speer durchbohren soll, entscheidet er eiskalt, wie ein Golfer, der seinen nächsten Schläger auswählt. Noch deutlicher wird es in der eröffnenden Schlacht. Clavius führt hier eine Gruppe von Fußsoldaten gegen hebräische Rebellen. „Risen“ räumt dabei der Darstellung von taktischen Winkelzügen der römischen Militärmaschine erstaunlich viel Raum ein.

Jesus und Kollegen

Aus handwerklicher Sicht liegt „Risen“ nicht auf dem hohen Niveau von „The Last Temptation of Christ“ oder „The Passion of the Christ“, befindet sich aber dennoch auf der gleichen kreativen Wellenlänge. Es ist keine weichgespülte Sonntagspredigt, eher ein aufgebrachter Gospel eines Wanderpredigers. Dabei fühlt sich das römisch besetzte Jerusalem wie ein wirklicher Ort an, ein erobertes und von Fremden kontrolliertes Gebiet, welches seinen neuen Herrschern entgleiten könnte, gehen nur zwei bis drei Dinge schief. Und die Weichen dafür stellen sich die ausländischen Machthaber selber, setzen sie sich doch nicht genug mit den Wünschen der Beherrschten auseinander.

„Risen“ ist in weiten Teilen düster, hat aber immer wieder auch kurze Momente, die von Humor etwas erhellt werden. Als ungläubiger Zuschauer entfallen davon einige in die zweite Hälfte, denn (nach 2000 Jahren ersparen wir uns eine Spoilerwarnung) Yeshua kommt natürlich zurück und hängt ein wenig mit seinen Jüngern ab. Als er geht, weiß niemand ob er wiederkehren wird. Außer für Clavius scheint dies auch für niemanden wirklich eine Rolle zu spielen. Curtis als Yeshua hat leider so seine darstellerischen Schwierigkeiten. Irgendwie wirkt sein Jesus wie ein surfender Hippie, der ständig Leute umarmt, schrecklich gut aussieht und seinen Gefolgsleuten vom Ufer aus Befehle zu ruft, während sie sich mit einem Fischerboot rumplagen. Aber das passiert wohl, wenn ein Regisseur ohne konkrete Ansagen verlangt, dass jemand einen Heiligen spielen soll.

Fazit

„Risen“ bietet einiges an gutem Schauspiel, hat sehr gute Ansätze in Regie und Drehbuch, weiß aber leider nicht wohin mit all dem Potential. Zum Schluss ist der Film einfach zu ende, haut vorher mit ganz platten christlichen Klischees um sich, als würde es Morgen verboten werden und liefert im Finalen auch noch eine echt schwache CGI ab. Ansonsten allerdings sehenswert.

Bewertung: 3 von 5 Sternen.***

Filmkritik von Julius, 09.03.2016