Filmkritik zu "Der Babadook"

  

Horrorfilme sind erschreckend häufig schrecklich. Nicht schrecklich wie erschreckend und gruslig, sonder schrecklich anzusehen. Oft jagt ein billiger Moment den nächsten und allzu häufig wird damit die Intelligenz der Zuschauer beleidigt. Aber alle paar Jahre kommt ein wirklich guter und erfrischender Film daher, der all dies genau nicht tut und und den Zuschauer mitnimmt auf eine Reise in die Finsternis. „Der Babadook“ ist einer dieser Filme und kommt nun auch endlich in die deutschen Kinos.

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Die Kunst Schrecken zu verbreiten

Horror und Schrecken ist immer auch eine Frage der Perspektive. Natürlich setzen „Jump Scares“, also die üblichen unvorhersehbaren oder eigentlich erahnbaren Momente, die wie die theoretisch jederzeit erfolgende Ohrfeige den Körper und Geist unter Anspannung stellen, bei fast jedem Menschen ähnlich an. Jedoch ist Atmosphäre ein nicht weniger wichtiger Bestandteil von gutem Grusel. Ein Bestandteil der allzu oft bei auf schnelles Geld ausgelegten Horrorfilmen vergessen wird. Je liebevoller allerdings ein solcher Film gestaltet wurde und je mehr Gedanken sich die Macher mit ihrer Erzählung gemacht haben, desto dichter ist diese und desto besser und stärker wird auf dem Fundament der Erzählung Spannung und Anspannung aufgebaut. „The Conjuring“ und „Insidious“ sind sicher gute Beispiele für derartige Filme. „Der Babadook“ schlägt in die selbe Kerbe, setzt zusätzlich aber noch sehr viel mehr auf die Wahrnehmung der Zuschauer und der Hauptcharaktere. Wenn man also glaubt verstanden zu haben, worum es eigentlich zu gehen scheint, zieht die Erzählung einem den Teppich unter den Füßen weg und stellt das bisher Verarbeitete auf den Kopf.

Natürlich ist dieses Spiel mit unterschiedlichen Perspektiven nichts neues. Ob nun in „The Shining“ oder in „The Others“, der Aufbau von einer fremden Wahrnehmung zu Erklärung der Welt dient der Immersion, also dem Hineinversetzen in einen bisher völlig Fremden Charakter. Verständnis wird aufgebaut und eine Bindung an den Protagonisten erzeugt. Nicht immer muss man dafür die Beweggründe in vollem Maße bei sich wiederfinden, wichtig ist letztlich nur diese zu begreifen und im Charakter als stimmig anzusehen.

Im Fall des Babadooks ist diese Immersion zweigeteilt. Zum einen erfolgt sie durch die Sicht einer leidgeprüften, alleinerziehenden Mutter. Zu behaupten Amelia (Essie Davis) hätte es leicht wäre sicher untertrieben. Sie ist nicht nur eine sehr zurückgezogene Person, die seit dem Tot ihre Lebensgefährten so gut wie alle sozialen Kontakte abgebrochen hat und die mentale Stabilität der berühmten „Catlady“ zu haben scheint, ihr Sohn Samuel (Noah Wiseman) macht ihr Leben auch alles andere als leichter. Noah scheint keine Nacht zu schlafen, andauernd irgendwelche Waffen und Fallen zu basteln um sich und seine Mutter gegen unsichtbare und übernatürliche Eindringlinge zu schützen. Obendrein ist er eine echte Bedrohung für sein Umfeld. Er verletzt nicht nur Mitschüler, sondern auch die gleichaltrige Verwandtschaft. Seine Begründungen für dieses Verhalten sind dabei alles andere als rational.

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Kindliche Sicht am Rande des Wahnsinns

Noah jedoch wird im Laufe des Filmes immer mehr zum einzigen Menschen, der wirklich zu begreifen scheint, was wirklich passiert. Im Gegensatz zu erwachsenen Perspektive klammert er sich eben nicht an rationale Erklärungen, sondern nimmt die Welt einfach so hin, wie sich darzustellen scheint. Ähnlich wie seine Mutter — oder gerade wegen dieser — ist er ein Einzelgänger. Die einzige wirkliche Identifikationsfigur in seinem Leben ist sein Vater. Dieser aber ist auf dem Weg zu seiner Geburt bei einem Autounfall ums Leben gekommen und ihm einzig aus Videoaufzeichnungen zum Erlernen von kleinen Zaubertricks bekannt. Es braucht wenig Vorstellungsvermögen sich auszumalen, dass ein Junge wie Noah sich eine eigene Welt erschafft, die für sein Umfeld etwas manisches und wahnsinniges hat. Therapie ist wie so oft ein Begriff, der wie ein drohender Schatten über Noahs Leben zu schweben scheint. Im ersten Teil des Films auch einer, der mehr als nur sinnvoll erscheint.

Aber da ist ja noch der Babadook. Ein Buchcharakter mit einen unheimlichen Eigenleben. Erschaffen wurde es von Noahs Vater. Seine Heimat scheint ein wirklich gruseliges Kinderbuch zu sein. Und dieses Kinderbuch steht in der Tradition all jener Zauberbücher und Grimoiren wie dem Necronomicon. Was auch immer mit ihm angestellt wird, wie von Zauberhand kehrt es zu seinen unwilligen Besitzern zurück.

Ein gute Erzählung macht natürlich nicht alles aus. Auch die schauspielerische Leistung ist extrem wichtig. Und diese liegt im Falle von „Der Babadook“ durch die Bank hoch. Natürlich wird immer wieder mit Extremen gespielt. Diese wirken dabei allerdings nicht aufgesetzt, sondern natürlich und in erstaunlich hohem Maße verständlich. Im Zusammenspiel ergibt sich daraus der Überraschungshit, den „Der Babadook“ darstellt. Trotz eine geringen Budgets, relativ bis gänzlich unbekannter Darsteller und sehr einfacher Spezialeffekte ist es ein durchgehender „Genuss“ mit hohem Gänsehautfaktor sich von „Der Babadook“ mitreißen zu lassen. Allerdings könnte es sein, dass man sich danach von etwas finstereren Kinderbücher fernhält. Wer weiß welches Unheil zwischen ihren Seiten lauert.

Fazit

Nicht nur wer sich schon die Finger nach dem nächsten Teil von „Insidious“ und anderen Geistergeschichten leckt, sollte „Der Babadook“ einen Besuch abstatten. Das Werk von Jennifer Kent ist voller Liebe zum Details, weniger aber eben sehr dichter Figuren und wartet mit einem überaus überraschenden Ende auf. Einem, dass, hat man es gesehen, erstaunlich verständlich wirkt, aber alles andere als beruhigend die geistige Gesundheit betreffend. „Der Babadook“, wäre er eine Kurzgeschichte oder Novelle könnte ebenso gut aus der Feder eines Herrn King, eines Poe oder H.P. Lovecraft stammen.

Bewertung: 5 von 5 Sternen!! *****

Filmkritik von Julius, 21.04.2015

Kinostart für "Der Babadook" ist am 07. Mai 2015