Filmkritik zu Die Bestimmung — Allegiant

  

Wir erinnern uns: Am Ende von „Die Bestimmung - Insurgent“ exekutiert die Anführer der fraktionslosen Unbestimmten Evelyn (Naomie Watts) die Diktatorin Janine und die Bewohner der Überreste von Chicago strömen in Massen auf den Wall zu, der sie seit 200 Jahren von der Außenwelt abgeschirmt hat. Dahinter liegt ein grüne Wildnis. Im ersten Teil gab es bereits eine Kamerafahrt über eine weite Grasebene, in deren Mitte ein verfallener Frachter ruht. Auch im zweiten Teil war dieser noch sichtbar. Doch wenn der dritte Teil der Veronica Roth Saga beginnt, ist plötzlich alles anders. Nicht nur von der Botschaft des Films her, sondern auch im Bezug auf bisher geschaffene Fakten.

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Die Bestimmung - Allegiant ist ab dem 17. März 2016 im Kino zu sehen. Mehr Info, Trailer, Bilder & Poster hier.

Erstens kommt es anders....

Zu Beginn von „Die Bestimmung — Allegiant“ steht nicht nur die Mauer noch, sie ist auch unüberwunden. Bewacht wird die Barriere auf einmal von schwerbewaffneten Soldaten unter dem Kommando von Evelyn. Ihre Aufgabe: Jeden vom Überschreiten des Walls abzuhalten, hinter dem doch angeblich die Menschheit auf die Unbestimmten voller Hoffnung wartet. Nur fünf brechen durch. Keine Ahnung, wohin der Rest geschafft wurde. Es sind Tris (Shailene Woodley, erneut mit neuer Frisur), ihr Bruder Caleb (Ansel Elgort, in „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ ihr Geliebter), ihr aktueller Geliebter Four (Theo James), Christina (Zoe Kravitz) und der in der Vergangenheit extrem unzuverlässige Unsympath Peter (Miles Teller). Doch anstatt der grünen Wildnis, die wir erwarten (immerhin haben wir sie in zwei Filmen gesehen) und die sich die Helden von „Die Bestimmung — Allegiant“ erhoffen, befindet sich dort plötzlich eine Wüste von absoluter Lebensfeindlichkeit. Giftiges, rotes Wasser regnet vom Himmel und die hier in Zeltstädten Lebenden können sich glücklich schätzen, wenn sie die 30 Lenze erreichen. Sie wiederum werden durch ein futuristisches Kraftfeld von weiter dahinter liegenden Landschaften abgeschnitten. Der Grund für dieses apokalyptische Szenario ist der „Purity War“. Hier werden Tris und Kollegen von bewaffneten Soldaten abgefangen und zu den Ruinen des Chicago O'Hare Airports gebracht. Natürlich hat keiner von den Fünfen einen Plan davon, was ein Flughafen ist. Wer es bisher durch die immer schwächer werdende Reihe geschafft hat, der wird Caleb Verweis auf die Hinterwäldnerei der Bewohner der Chicagoer Innenstadt wohl mit einem Augenrollen quittieren.

...und zweitens als man denkt

Dafür erfahren wir aber endlich, warum die Stadt so aufgebaut ist, wie wir sie bisher erlebt haben. An einem nicht näher bestimmten Punkt in der Zukunft beginnt die US-Regierung ein Experiment mit menschlicher DNA. Ungewollte und unerwünschte Eigenschaften (darunter als Verkaufsargument das „Mörder-Gen“) sollten aus dem Genpool entfernt werden. Die Bemühungen aber gingen nach hinten los. Die genetisch modifizierten Ergebnisse probten den Aufstand, verwandelten die USA in eine radioaktive Wüste und zwangen die wissenschaftlerischen Verantwortlichen zu drastischen und völlig unwissenschaftlichen Maßnahmen. Das sogenannte Büro errichtet in bester Donald-Trump-Manier eine Mauer um Chicago und sperrt die nun als genetisch beschädigt Gehandelten dort ein, in der Hoffnung die Genmanipulation würde sich von selber heilen. Zu allem Überfluss installieren sie noch das System der Fraktionen und starten das Harry-Potter-eske Sozialexperiment, dessen Ende wir im ersten Teil von „Die Bestimmung“ noch mit tragbarem Unterhaltungswert genießen durften. All das überwachen sie mit hochmoderner Sicherheitstechnik. Kein Detail entgeht den wachsamen Augen vor den Monitoren. Falls nun der Plan bestand die Unbestimmten zu finden, denn in ihnen ist die menschliche DNA scheinbar wieder so, wie sie sein soll beziehungsweise werden sollte, so haben die Bewacher während Janines Terrorherrschaft und dem Genozid an den Unbestimmten geschlafen. In Anbetracht der Tatsache, dass sie sich jedoch auch nicht wirklich um den sich anbahnenden Bürgerkrieg zwischen Janine und Johanna, der Anführerin von Amity, scheren scheint dahinter allerdings eine unerklärte Methode zu lauern.

Gar nicht denken ist auch keine Lösung

Auf der anderen Seite ist es vielleicht auch einfach vermessen derartige Fragen zu stellen. Gehirnausschaltung scheint bisweilen die einzige Methode zu sein, um den Unsinn zu ertragen, den manches Hollywood Studio auftischt. Dann aber ist „Die Bestimmung“ nur eine von vielen Sci-Fi Reihen. Und nicht einmal eine sonderlich gute. Die Plotlöcher lassen die lückenhafte Kulisse des dystopischen Chicago wie die Zahnreihe eines der fünf Helden im Vergleich zu einen Crackjunkie erscheinen. Auch wenn die Skyline noch immer der beste visuelle Trick der „Die Bestimmung“ Saga ist. Dies sagt wiederum nichts gutes über die massiv CG-dominierten Effekte des dritten Teils aus. Wer „Mad Max“ oder „Die Tribute von Panem“ gesehen hat (oder einen der vielen anderen Sci-Fi Volltreffer der letzten Jahre) wird hier wenig Kost finden. Bleibt also doch nur sich den nagenden und unbeantworteten Fragen hinzugeben.

Dass diese überhaupt existieren ist die Schuld von drei Drehbuchautoren, Noah Oppenheim, Adam Cooper und Bill Collage. Für den seine eigene Arbeit wieder aufnehmenden Robert Schwendtke ist es ihnen gelungen das etwas umständlich und in seiner Botschaft leicht kontroverse dritte Werk von Veronica Roth (respektive dessen erste Hälfte) soweit zu verwässern, dass ein Bezug zur Vorlage langsam sehr schwierig wird. Spannend dürfte lediglich noch bleiben, wie weit sie im letzten Teil ins Ungewisse schwimmen werden. In Anbetracht der bereits im zweiten Teil abgesackten Einnahmen könnte dies sehr weit sein.

Auf der positiven Seite muss, nach dem ganzen Gejammer, zunächst der Soundtrack von Joseph Trapanese erwähnt werden. Am ehesten erinnert er an den von „Tron: Legacy“. Allgemein schick ist auch wieder die jugendliche Ausstattung der Welt, die sehr bewusst auf ein Publikum zwischen 10 und 16 abzielt: coole Plastikwummen, Rennen in schwebenden Plasmakugeln und bullige Hovercrafts. Ein wenig den Schwung aufrecht erhält auch der Umstand, dass es immer ein neues Informationshäppchen gibt (auch wenn diese bisweilen so unlogisch sind, dass es wehtut). Beispielhaft ist darüber hinaus der Umstand, dass „Die Bestimmung“ seine weiblichen Vorzeigecharaktere nie in Frage stellt. Dumm nur, dass es langsam niemanden mehr gibt, mit dem sich der Zuschauer identifizieren möchte oder kann. Der Film verliert recht schnell das Interesse an Tris (der letzte Teil hat ihr am Ende schon den Todesstoß in Sachen Relevanz für die Handlung verpasst). Der neue Schurke des Films ist ebenfalls ziemlich belanglos. Nicht einmal der Umstand, dass dieser von Jeff Daniels gespielt wird, rettet. Dafür darf er in einem völlig platt symbolhaften Elfenbeinturm hoch über allem thronen, Kinder entführen lassen, von seiner helix-förmigen Treppe herabsteigen und Leuten mit orangenem Nervengas das Gedächtnis rauben.

Fazit

Nachdem sich Tris bestenfalls als durchschnittlich erwiesen hat und in keiner Weise als Unbestimmte, Four plötzlich den eigentlichen Helden mimen darf und sich alles selber widerspricht, ist ein Kinobesuch im vierten Teil höchstens noch für ganz Hoffnungsvolle oder absolute Fans der ersten beiden Teile ratsam. Wer bereits nach dem zweiten Teil mit sich rang oder gar die Bücher gelesen hat, sollte Kino und dem dritten Teil von „Die Bestimmung“ fernbleiben.

Bewertung: 1 von 5 Sternen.*

Filmkritik von Julius, 11.03.2016