Filmkritik zu "Exodus: Götter und Könige"

  

Wenn Altmeister Ridley Scott sich an Geschichten in historischem Kontext heranwagt, dann scheiden sich an inhaltlichen Details schnell die Geister. Das tricktechnische Feuerwerk und die Ausstattung von Filmen wie „Königreich der Himmel“, „1492“ oder „Robin Hood“ allerdings lassen sich nicht ansatzweise in Frage stellen. Nun kommt, pünktlich zu Weihnachten, sein neustes Werk „Exodus: Götter und Könige“ in die Kinos.

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Go down Moses

Dieser Moses (Christian Bale) ist schon irgendwie vom Schicksal geplagt. Eben noch Ziehsohn des Pharao und bester Kumpel mit dessen Erben, da macht ihm so eine dämliche Prophezeiung einen Strich durch die Rechnung. Dabei ist er doch alles andere als ein gläubiger Typ. Insbesondere dann nicht, wenn es um Humbug geht, der von dahergelaufenen Priesterinnen in vager Interpretation aus den Innereien von Geflügel herausgelesen wird. Pharao Sethos (John Turturro) Sohn, der spätere Ramses II. (Joel Edgerton) ist da allerdings anderer Ansicht. Nachdem die Chefwahrsagerin nämlich vor der Eröffnungsschlacht gegen die Hettieten orakelt, dass einer den anderen retten würde und die Götter großes mit dem Retter vorhätten und der Rettende tatsächlich Moses ist, hat Pharaos Sohn noch in der Schlacht den eigenen Speer wurfbereit und scheint mehr als nur kurz mit dem Gedanken zu spielen „Wenn ich diesen Moses jetzt umlege, das merkt sicher keiner“. Zum Glück macht er das nicht. Glücklich für die Söhne Israel, die unter ägyptischer Knute schuften müssen und glücklich für den Zuschauer, denn allen Unkenrufen zum Trotz gelingt Ridley Scott mit „Exodus: Götter und Könige“ ein ziemlich guter Wurf. Einer, der, wenn auch mit ein paar inhaltlichen Schwächen, sich dennoch selber nicht so ernst nimmt, einen erfrischenden Blick auf aktuelle Themen des Glaubens wirft und einige, den aufmerksamen Zuschauer beschäftigende, Fragen aufwirft.

Let my people go

Zur Geschichte selber muss wohl wenig gesagt werden. Die dürfte nun wirklich jedem aus dem Religionsunterricht bekannt sein. Für diejenigen, die der x-ten Wiederholung entgangen sind und es auch bisher versäumt haben beide Werke von Cecile B. DeMille (1923 und 1956) zum selben Thema bisher nicht zu sehen, dem sei hier die Ultrakurzusammenfassung geliefert: Moses entdeckt Gott in brennendem Dornbusch, befreit Israeliten, biblische Plagen, Teilung Rotes Meer, 10 Gebote, Ende. Hätte Ramses aufgepasst, er hätte sich mit der anfänglichen Prophezeiung abgefunden und seinem Land und sich eine Menge Ärger erspart. Ach und natürlich Weidenkorb, Nil und Sklave wird Prinz des Königreiches nicht zu vergessen. Moses selber, in bester Christian Bale Manier, kommentiert diese Vorgeschichte, als sie ihm offenbart wird mit einem missmutigen „Das ist nicht einmal eine sonderlich gute Geschichte“. Ein schöner Zug von Ridley Scott, denn der Altmeister wird sich völlig bewusst gewesen sein, eine wirklich gute Geschichte in den Fingern zu haben, die aber den nötigen Schuss vom gewissen Etwas braucht, um dem heutigen Publikum auch verkauft zu werden. Da reicht nicht mehr nur ein Spektakel, da muss auch all das rein, was der zynische Durchschnittzuschauer eben sehen möchte. Genau dafür ist Ridley Scott genau der richtige Mann. Er schafft es nicht nur die altbekannte Geschichte im den Exodus der Israeliten in ein alttestamentarisches Psychodrama zu verwandeln, er zeichnet es auch noch vor einem Hintergrund, der mit allen bisherigen Ridley Scott Filmen locker mithalten kann, der Regisseur und seine Schreiber (unter anderem Steven Zaillian) scheinen ihre ganz eigenen Schwierigkeiten mit der Vorlage zu haben und wissen gekonnt die eigene Skepsis in einen Quell für moralische Fragestellungen dramatischen Konflikt zu verwandeln.

Ein Frage des Glaubens

Auch wenn Ridley Scott, insbesondere in „Prometheus“, schon das ein ums andere Mal eine etwas komplizierte Beziehung zu göttlichen Themen vorgeworfen wurde, in „Exodus — Götter und Könige“ lässt er sich davon nicht beirren. Sicherlich ist der Film einer, der für ein weltliches und nicht unbedingt sonderlich gläubiges Publikum gedacht ist. Dennoch ist der von der biblischen Vorlage respektvoll gelöste Ansatz gefühlt näher daran Mysterien des Glaubens zu durchdringen, als es andere, eben religiösere Filme geschafft haben. Ein Vergleich mit „Noah“ von Darren Aronofsky liegt hier nahe. Ähnlich wie dieser Film aus biblischer Vorlage ist halt auch „Exodus: Götter und Könige“ die Annäherung eines Außenstehenden an ein tiefreligiöses Thema. Ridley Scott geht dabei allerdings auf Ridley Scott Art vor. Sein Film ist deutlich weniger eklektisch als Darren Aronofsky's „Noah“ und steht mit beiden Sandalen schwertschwingend im Wüstensand. Fox dürfte dabei freuen, dass „Exodus“ auch deutlich weniger polarisieren dürfte und die 140 Millionen Dollar an Produktionskosten sicher wieder reingeholt werden können. Im Vergleich zu bisherigen Historienstreifen von Scott steht „Exodus“ deutlich „Gladiator“ näher als dem „Königreich der Himmel“.

Yin und Yang

Auf Darstellerseite konzentriert sich der Film in weiten Bereichen auf das ungleich Ziehbruderpaar Moses und Ramses. Viele der anderen Charaktere kommen erstaunlich kurz. Allerdings ist „Exodus“ auch nur 150 Minuten lang. Nur ist hier ein keiner Weise ironisch gemeint, Platz für mehr Inhalt gibt es in Mengen und Ridley Scott wäre nicht Ridley Scott, wenn er nicht sicher bereits jetzt am „Director's Cut“ schnibbeln würde. Christian Bale liefert in seiner Rolle als Moses gute Arbeit ab, steht in seiner Art der Darstellung allerdings deutlich Russel Crowe als Noah näher, als Charlton Heston als Moses. Der direkte Draht zu Gott ist für ihn sehr viel mehr Last und Fluch, denn Segen. Moses selber hat einen sehr steinigen Weg vor sich und einige Zeit lang legt der bekennende Agnostiker Scott das Publikum die Interpretation vor die Füße, Moses Visionen seinen nur Folgen einer schweren Kopfverletzung. Wenn aber Moses dann begreift, wie wichtig seine Aufgabe, nicht nur für sein Volk, sondern auch für ihn selber ist, kann Christian Bale seine gut trainierten schauspielerischen Muskeln spielen lassen.

Aber auch Edgerton als Ramses macht eine Figur. Er ist deutlich weniger Bösewicht, sondern, dank Edgertons Performance ein sowohl stolzer Herrscher, der zwar in viele Stellen sich nicht von seinen besten Seiten zeigt und durchaus verachtenswerte Züge an den Tag legt, dennoch nicht frei von seinem eigenen Maß an Menschlichkeit ist. Diese Kombination gibt ihm einen sehr verständlichen Zug und bringt den „bösen“ Pharao dem Publikum sehr nahe. Das grade ihm die Fragestellung in den Mund gelegt wird, was für ein Fanatiker man seien müsse, um so einen Gott zu verehren, gibt dem Film vor aktuellen Ereignissen im mittleren und nahen Osten einen zusätzlich interessanten Zug.

Fazit

Scotts vor genialen CGIs, opulenten Ausstattungen und Horden von Statisten strotzendes Werk ist weitaus mehr als nur Sandalen-und-Schwerter-Kino, sondern ein interessanter Blick auf die Bibel mit aktuellem Bezug. Wem religiöse Themen liege: rein da. Wer „Gladiator“ und „Königreich der Himmel“ liegen: rein da. Wer 3D-Filme mit spektakulären Effekten mag: rein da. Nur sehr wenige Zuschauer dürften diesem Film nichts abgewinnen können.

Bewertung: 4 von 5 möglichen Sternen.****

Filmkritik von Julius, 23.12.2014

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