Filmkritik zu "Home - Ein smektakulärer Trip"

  

Bei Dreamworks wird die Luft merklich enger. Nicht nur, dass sie in den vergangenen Jahren 850 Angestellte entlassen haben, auch die Anzahl der von Dreamworks produzierten großen Animationsfilme pro Jahr wurde von 3 auf 2 reduziert. Allerdings kann man durchaus anmerken, dass 3 Animationsfilme von Beginn an eine eher übermütige Anzahl waren. Nichtsdestotrotz muss für das letztes Jahr 20 Jahre alt gewordene Studio ein wirklicher Hit her. Mit „Home“ soll genau das gelingen.

Home - smektakulärer Trip Szene1

Gigantensterben

Wenn man genau zurückblickt, dann liegen die letzten in der breiten Öffentlichkeit als Blockbuster und Kassenschlager wahrgenommenen Filme aus dem Hause Dreamworks schon eine ganze Weile zurück. Grade die kompletten, originären Eigenwerke wie „Turbo“, „Die Abenteuer von Mr. Peabody & Sherman“ und „Hüter des Lichts“ haben weit weniger Geld in die Kassen gespült als kalkuliert wurde. Leider galt das auch für vermeintlich sichere Treffer wie „Die Pinguine aus Madagascar“. Sicher wird jetzt manch ein Zahlenkünstler mahnend die Hand heben und sagen: „Moment mal, was ist denn mit „Drachenzähmen leicht gemacht 2“? Der lief doch ganz ordentlich.“ Stimmt auch, schlussendlich hat Hicks und Ohnezahns letztes Abenteuer 618 Millionen Dollar weltweit erwirtschaftet, aber hauptsächlich in Europa. Auf dem US Markt entstand aber der Eindruck, der Film sei zwar nicht direkt gefloppt, aber hätte auch nicht das eingespielt, was zu erwarten gewesen wäre.

Aus wirtschaftlicher Sicht befindet sich Dreamworks in der Post-Shrek Phase in einem Rückzugsgefecht. Etwa seit Ende 2012. Dabei war der Plan eigentlich ein ganz anderer. Mit dem Weg in das 20. Jubiläum wollte sich Dreamworks eigentlich ausweiten und breiter aufstellen. Ein Traum, der sich nach den Entlassungen und der kommenden Schließung des PDI-Studios in Redwood Ende diesen Jahres wohl nicht zu bald erfüllen wird. Wenn überhaupt. Denn ohne Erfolge an den Kassen dürfte es schneller bergab oder in die Hände eines Konkurrenten gehen, als den Studiobossen lieb sein dürfte. Die gute Nachricht hier: „Home“ ist ein guter Film. Auch aus künstlerischer Sicht einer ihrer besseren Filme der jüngsten Zeit, die keine Fortsetzung oder eine Auskopplung sind. Die schlechte Nachricht allerdings ist, und da will man dem Team um Tim Johnson (Durch die Hecke, Sinbad, Antz) und den Autoren Tom J. Astle und Matt Ember (Epic) keinen wirklichen Vorwurf machen, denn um mehr Druck als eine Produktion dieser Größe mit sich bringt werden sie sicher nicht gebeten haben, „gut“ nicht ausreichend in Zeiten wo dringend ein „sehr gut“ gebraucht würde. Mit ein wenig Glück aber könnte „Home“ trotzdem für die nötige Spritze für das kränkelnde Unternehmen sorgen, denn eine andere, ebenfalls nur „gute“, Dreamworks Produktion wurde zum zweiterfolgreichsten Film des Hauses, der kein Nachfolger einer bereits bestehende Produktion war. 2013 spielten nämlich „Die Croods“ 587 Millionen US Doller weltweit ein. „Home“ also bewegt sich auf einer ähnlichen Qualitätsstufe, ist unterhaltsam und eher kinderfreundlich. Allerdings eben nicht der neue Klassiker, nach dem Dreamworks so lechzt und so dringend braucht.

Roadtrip durch die Postapokalypse

„Home“ basiert auf dem 2007 erschienen Kinderbuch „Happy Smekday oder der Tag, an dem ich die Welt retten musste“ von Adam Rex. Ein Buch, dass der Schreiber dieser Zeilen sich nach der Vorstellung bei einem Internetauktionshaus bestellt hat und lesen wird. Die im Film (und mutmaßlich dem Buch) erzählte Geschichte ist nämlich eine, die sich neben aller Nichtlichkeit doch über eher erschreckenden Inhalten und einigen profunden Subtexten ergießt. Dieser allerdings sind entweder komplett unbeabsichtigt oder so geschickt eingewoben, dass sie einfach jüngeren Besuchern der Films nicht auffallen werden und auch von erwachsenen Kinobesuchern nur dann wahrgenommen werden, wenn sie sich mit dem Film beschäftigen wollen. Ansonsten ist „Home“ einfach nur ein unterhaltsamer Animationsfilm, zwischen 90 Minuten Babysitting oder angenehm leichter Unterhaltung. Der Film hat es dabei relativ eilig, fast so eilig wie „Die Pinguine aus Madagascar“, bietet aber jene Subtexte nur in wie zufällig verteilten Einstellungen oder Gesprächsfetzen an. Einer dieser verwobenen Subtexte ist beispielsweise, dass vor der Kulisse eines postapokalyptischen und präapokalyptischen Roadtrips zwischen einem vom Schicksal und der Not zusammengestellten Team mit kindlichen charakter-komödiantem Momentum zwischen einem kleinen Mädchen und einem verstoßenen, außerirdischem Invasor die Menschheit komplett in Internierungslager gesteckt wurde. Zwar haben diese Riesenräder und Zuckerwatte, aber sind für die erwachsenen Erdenbewohner alles andere als witzig. Denn die Boovs haben die Erdlinge einfach über Nacht im wahrsten Sinne des Wortes aus ihren Häusern gezogen und einfach ins Australische Outback verfrachtet. Hier erstreckt sich zwar keine Wüste mehr, aber die bunten Reihenhäuser, die von den Boovs dort errichtet wurden, machen nicht den Eindruck, als würden sie mehr als eine Person bequem beherbergen können. Und in einem dieser Camps steckt nun eben die Mutter von Tip Tucci. Durch einen dummen Zufall um ihre Katze Schwein konnte diese der Aufsaugung durch die Boovs als einzige entkommen und hat den tapferen Plan gefasst sich ins Auto der Mutter zu setzen und diese zu suchen. Dabei läuft ihr der Boov Oh über den Weg. Dieser ist ein ungebliebter Außenseiter in der Alienkultur, hat zu viele Schnitzer auf seinem Kerbholz und nun obendrein auch noch eine digitale Einladung an alle im Universum verschickt, inklusive der gefährliche Erzfeinde der Boovs, den grausamen Gorgs. Wie es ein echter Boov so macht, sucht Oh das Heil in der Flucht und setzt darauf, dass die anderen Boovs das Problem schon lösen werden. Da Oh aber ein scheinbar unknackbares Passwort für seine Nachrichten verwendet landet der tollpatschige Außerirdische auf Platz 1 der weltweiten Most-Wanted-Liste. Beste Voraussetzungen also, um mit einem kleinen Mädchen in einem umgebauten Kleinwagen um die halbe Welt zu fliegen.

Lost in Translation?

Die Sprecher in der originalen Version sind mit Rihanna als Tip, Jim Parson als Oh und Steve Martin als Oberboov und Träger des mächtigen Sch-Tock prominent besetzt. Die deutsche Synchro liefert zwar auf der einen Seite einen gewohnt soliden Eindruck ab, und schafft es dank Uwe Ochsenknecht sogar das furchtbare Overacting von Steve Martin als Captian Smeck abzumildern (was soll man auch halten von einem Typen, der versuchte DEN Loony Toons die Show zu stehlen), aber raubt auch ein wenig den Klang von Ohs Aussprache. Diese unterscheidet sich nämlich gravierend von der seiner Mitinvasoren und unterstreicht allein damit schon sehr offensichtlich, dass mit Oh und seinen gleichmacherischen Gebrüdern und Geschwestern nicht alles im reinen ist. Durch Rihannas Funktion als Sprecherin der weiblichen Hauptrolle (die von ihrer Mutter als „Mädchen mit schöner, brauner Haut“ bei dem zuständigen Kommunikationsoffizier des Boovs beschrieben wird) und zugleich Sängerin aller Songs in „Home“, sogar desjenigen zum dem Tip (also Rihanna) und Oh aus Tips MP3 Sammlung im Auto abschwofen, verleiht einer sehr süße und verbindenden Szene zwischen den ungleichen Protagonisten eine wirklich absurde Note.

Fazit

Neben den versteckten Untertönen (es gibt noch weit mehr als den mit den Menschenreservaten) kommt „Home“ tatsächlich ohne auch nur eine Referenz auf Popkultur daher, kann aber trotzdem auch Erwachsene bei Laune halten. Ganz offensichtlich aber richtet er sich an die jüngsten Kinobesucher. Diese sind in den 90 Minuten dann auch hervorragend aufgehoben. Aber auch kindliche Gemüter unter den erwachsenen Kinogängern (wie dem Autor dieser Zeilen) werden „Home“ einiges abgewinnen können.

Bewertung: 4 von 5 möglichen Sternen.****

Filmkritik von Julius, 25.03.2015

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