Filmkritik zu Kill The Messenger

  

Unterhaltsames und Neuigkeiten scheinen dieser Tage alles andere als Hand in Hand zu gehen. Oder noch schlimmer, die News, die bei uns ankommen, sind oft nicht die, die gelesen werden wollen. Immer wieder treten, nicht völlig zu Unrecht, Behauptungen auf, Nachrichten würden zensiert werden. Letzteres werden sie in der westlichen Welt vermutlich nicht, aber „Kill The Messenger“ findet deutliche Antworten auf die Frage, warum wir denn viele Nachrichten gar nicht erst vermittelt bekommen.

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Kill the Messenger startet am 10. September in den deutschen Kinos. Mehr zum Film hier.

Unbequeme Grundhaltung

Eine Geschichte um einen Reporter auf medialem Kreuzzug und der Suche nach Wahrheit erhält in „Kill The Messenger“ besonders viel Kraft dadurch, dass der Film genau der Film ist, der nicht erwartet wird. Mehr noch, der Film ist, der den man nach der vorherigen Beschreibung genau NICHT sehen möchte. Sicherlich einer der wichtigsten (und größten) auf tatsächlichen Ereignissen in Sachen investigativem Journalismus seit den späten 60er Jahren beruhende Film war „Die Unbestechlichen“ mit Robert Redfort und Dustin Hoffman. Hintergrund des Films bildete die Watergate Affäre und die um sie sich entspinnenden Nachforschungen der Reporter Bob Woodward und Carl Benstein von The Washington Post. Eines der aus dieser Sicht journalistischer Geschichte hervorstechenden Merkmale von „Kill The Messenger“ ist es, dass das einst für seine Wahrheitsliebe bekannte Blatt nun als einer der Schurken in der Erzählung fungiert.

Leichen im Keller

Regie bei „Kill The Messenger“ führt Michael Cuesta, bekannt für „Long Island Expressway“ und einer ganzen Reihe an „Homeland“ Folgen, nach einem Script von Peter Landesman. Landesman selber hat einige Erfahrungen als investigativ arbeitenden Journalist gesammelt und war sowohl Drehbuchautor als auch Regisseur bei „Parkland - Das Attentat auf John F. Kennedy“. Jeremy Renner, derzeit auch mit „Mission: Impossible — Rogue Nation“ in den Kinos, spielt die Hauptrollen und fungiert als einer der ausführenden Produzenten des Films. „Kill The Messenger“ handelt, aus Sicht der Erzählung, nicht der mit ihr transportierten Botschaft, von Gary Webb, einem real existierten und 2004 verstorbenen Journalisten. Dieser arbeitet für San Jose-Mercury News und setzt sich hartnäckig mit dem Umstand auseinander, dass die Regierung illegal die Häuser von Drogendealern konfisziert. Seine Frau, gespielt von Rosemarie DeWitt (zuletzt mit „Poltergeist“ und „#Zeitgeist“ im Kino gewesen), toleriert die Widrigkeiten seines Jobs bis zu dem Punkt, an dem die gutaussehende und flirteske Freundin eines beschuldigten Drogenschmugglers einen ganzen Batzen an Informationen bei Webb zu Hause ablädt. Zumal es in der Ehe der Webbs vormals schon gekriselt haben muss. Eigentlich scheint die junge Dame, hervorragend gespielt von Paz Vega, Webb für ihre ganz eigene Agenda einspannen zu wollen, spielt ihm dabei aber die wohl größte Story seines Lebens zu. Oder eine scharfe Granate, ganz nach Perspektive. In den Informationen, die sie Webb übergibt, sind Beweise für eine Beteiligung der US-Regierung am Crack-Cocaine Handel enthalten. Ein finsteres Arrangement, mit dem der CIA entweder durch absichtliches Wegschauen oder durch aktive Teilnahme in Form von Drogengelder-gegen-Waffen-Geschäften die Mittel erlangte um Ronald Reagans Contras in Nicaragua zu finanzieren. Ein Interview mit dem mächtigen Drogenhändler Norwin Meneses in dessen Gefängnis (gespielt von Andy Garcia) führt Webb immer tiefer in den Kaninchenbau, fördert dieses doch zu Tage, dass sich Meneses unter anderem mit niemand geringerem als Oliver North, einem ehemaligen militärischer Berater des Nationalen Sicherheitsrates während der Reagan-Administration, traf um Geschäfte einzufädeln.

„They're going to make it about you.“

Entgegen deutlicher Warnungen veröffentlicht Webb seine Nachforschungen und wird dank dieser auch zunächst als Held gefeiert. Doch dann zielen Publikationen wie die New York Times und die Washington Post mehr und mehr auf den Autor persönlich ab und beginnen ihn in der Öffentlichkeit nicht nur unter Beschuss zu nehmen, sondern zu diskreditieren. Breite Skepsis trifft ihn mit voller Wucht und auf allen persönlichen Ebenen. „Kill The Messenger“ verhält sich sehr zurückhaltend mit Schuldzuweisungen, findet aber deutliche Worte für die von uns Endverbrauchern begünstige mediale Kultur. Diese entpuppt sich nämlich, nicht nur im Film, als eine die gar nicht erst von den Mächtigen für ihre Interessen eingespannt werden muss. Als Teil von gesellschaftlichem Verhalten erledigen die Nachrichten auf Grund unserer Sensationslust dies längst ganz von alleine. Dieser Teil von „Kill The Messenger“ wird von Regie und Autor stark in der Vordergrund gerückt, so stark, dass die eigentliche Erzählung gänzlich auf den Schultern von Renner liegt. Dieser füllt die Rolle als Gary Webb allerdings perfekt aus und liefert eine seiner besten, wenn nicht sogar die bisher perfekteste Performance ab. Auch wenn Renner in sein übliches, kumpelhaftes Verhalten verfällt, bedeutet dies in „Kill The Messenger“ und Webbs Charakter keine Störung. Tatsache ist, dass Darstellung und Handlung so gut ineinander greifen, dass gewisse mehr oder minder subtile oer vermeintliche Drohungen in Richtung Webb durch Außenstehende in „Kill The Messenger“ fast schön erzählerisch unnötig sind.

Fazit

Bis auf kleinste Mankos ist „Kill The Messenger“ ein extrem guter Film. Und eben einer, der eine Botschaft vermittelt, die sich viele Menschen, besonders auch in Deutschland, einmal sehr deutlich vor Augen führen sollten. Wer obendrein der Meinung ist, dieses „Internet“ wäre an allem Schuld, für den hat „Kill The Messenger“ eine Antwort und Neuigkeiten über neuste Nachrichten, die sicher nicht schmecken werden.

Bewertung: 4 von 5 Sternen.****

Filmkritik von Julius, 27.08.2015