Filmkritik zu "Mad Max: Fury Road"

  

Wenn nach 30 (in Worte dreißig) Jahren eine Franchise fortgesetzt wird, dann ist es schwer bis unmöglich die Wünsche der Fans zu befriedigen. Leichter, dank den eher mauen Beispielen von Spielberg und Lucas in Sachen „Indiana Jones“ und „Star Wars“, wird es auch dann nicht, wenn sich der Erfinder der Filmreihe selber wieder auf den Regiestuhl bequemt.

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Ein Sturm zieht auf

George Miller hat die Latte für die Auferstehung seines größten (Anti)Helden Max hochgesetzt. Die Trailer, Fotos vom Set und Poster kündigten an, dass in „Mad Max — Fury Road“ der Wahnsinn den Ton angeben würde. Hochgetunte Schrottkarren, völlig durchgedrehte Wüstenbewohner, postapokalyptischer Western und mitten drin Tom Hardy und Charlize Theron. Mit zu vielen Ansagen hat sich schon mancher Regisseur sein eigenes Kind einem zu großen Druck ausgesetzt. Miller aber hat in den letzten Jahren zwar Preise eingeheimst (Oscars für „Happy Feet“, „Ein Schweinchen namens Babe“ und „Lorenzos Öl“), dürfte aber bei all der Beschaulichkeit in diesen Projekten auch genug Wahnsinn, Verzweiflung und Hass für „Mad Max“ angesammelt haben. Genau den hat George Miller nun von der Kette gelassen und versprach vollmundig, sollte „Mad Max — Fury Road“ sich als erfolgreich erweisen, noch zwei weitere Teile in der Hinterhand zu haben. Nun wird ihm wohl nichts anderes übrig bleiben als Worten Taten folgen zu lassen. Denn aus den Tiefen der postapokalyptischen Wüste donnert ein Sturm heran.

Die Wüste lebt

Wobei Sturm fast schon eine Untertreibung ist. Wahnsinn hat, wie gesagt, in „Mad Max — Fury Road“ Methode. Der Film ist laut, schrill und gnadenlos. Er steht in keiner Weise den Antagonisten nach, die Max (Tom Hardy), Furiosa (Charlize Theron) und ihre Begleiter durch die Wüste hetzen. Die Bilderflut, die Miller und sein Kameramann John Seale (Der Englische Patient), mit dem Miller bereits für „Lorenzos Öl“ zusammenarbeite, könnte locker aus dem Werk eines modernen Hieronymus Bosch oder Salvador Dáli entsprungen sein. Soundgewaltig gepaart mit den Klängen des Score-Routinier Junkie XL. Dieser hat bereits Filmen wie „300“ und „Man of Steel“ seinen Stempel aufgedrückt, kann aber in „Mad Max — Fury Road“ völlig freidrehen. Denn Musik spielt eine nicht unwesentliche Rolle. Es fällt nicht schwer sich, zumindest filmisch, auszumalen, dass sich der Angriff von fantastischen oder vorzeitlichen Barbarenhorden mit Pauken und Hörnern angekündigt hat. In der Postapokalypse jedoch sind Hörner längst nicht mehr das Schreckensinstrument Nummer Eins. Hier ist es die E- Gitarre, samt wahnsinnigem Herold, die den nahenden Untergang ankündigt. Dabei kann das Instrument nicht nur große Töne, sondern auch Flammen spucken.

Wobei es den weißgeschminkten Antagonisten gar nicht so sehr um den Untergang geht. Dafür ist es in der Welt von „Mad Max“ eh schon längst zu spät. Angeführt vom passionierten Halbmaskenträger und manisch veranlagten Immortan Joe (Hugh Keays-Byrne) will die zu Benzin und Kugeln betenden Horde mittels ihrer weiblicher Gefangenen eine Armee heranzeugen um auch das letzte Eckchen Ödland unter ihre Kontrolle zu bekommen. Dummerweise allerdings zerren sie Max aus seinem treuen Interceptor und werfen diesen in ihr Höhlensystem. Der trifft dabei auf die Anführerin der weiblichen Gefangenen, die einarmige und mit chromglänzenden Implantat ausgestattete Imperator Furiosa (Charlize Theron). Max wird so eigentlich in eine Geschichte gezogen, in der er gar nicht so sehr das Sagen hat. Ein erzählerischer Ansatz, von dem der eigentlich einen vor Testosteron strotzenden Eindruck erweckende Film sehr profitiert. In Kombination mit denen bis ins maßlose aufgemotzten Karren der Wüstenbewohner ergibt sich ein bizarres Spiegelbild zu Filmen wie „The Fast & The Furious“ und auf die männliche Selbstdarstellungskultur.

Es donnern die Motoren

Viele dieser „liebevollen“ Details in „Mad Max — Fury Road“ drohen allerdings wieder und wieder im Tempo des Films unterzugehen. Wie es sich für Max gehört, drückt der Film nämlich von Beginn an mächtig aufs Gaspedal, ohne einmal auch nur einen Gang runterzuschalten. Höchstens, fast schon mantraartige Wiederholungen gewisser Bilder, wie beispielsweise der Gitarrist mit seinem Schreckensinstrument, bringen kurzzeitige Ruhe in das Chaos. Nur um kurz darauf mit erneutem Donnern erneut loszuhämmern. Fast ein wenig so, als würde „Mad Max — Fury Road“ kurz Luft holen. Schauspielerisch reduziert sich eigentlich fast alles auf kurze und knappe Sätze, wie sie sich immer wieder auch auf den Ruinen der vergangenen Zivilisation (oder dem, was als Zerrbild dieser in der Wüste heranwächst) finden lassen. „Who killed the world“ und „Hope is a mistake“ sagen einfach mehr als tausend Worte. Ansonsten ist die Darstellung eher eine körperliche. Aber genau diese Reduktion auf Grundsätzliches ist es, die den Film emporhebt und über dem Einheitsbrei der Effekthascherei platziert.

Von letzterer gibt es nämlich eigentlich eine ganze Menge zu sehen. Aber jede CGI dient einzig der Unterstützung des wahnsinnigen Visionen, die Miller auffährt und Seale verwirklicht. „Mad Max — Fury Road“ gehört zu den wenigen Filmen, die sicher auch komplett ohne Ton noch immer extremst sehenswert wären und erinnert nicht von ungefähr in seiner dichten Bildsprache an einen alten Schwarzweißfilm — unter der Schicht aus Staub, Benzin, Blei und Spezialeffekten.

Fazit

„Früher oder später schlägt jemand zurück“ sind die Worte eines Gefangen in „Mad Max — Fury Road“ und diese definieren den Ton des Films schon ziemlich gut. Irgendwann hat eben einer keine Lust mehr immer das Gleiche vorzuführen und rastet völlig aus. Dabei muss aber nichts schlechtes entstehen, sondern es kann auch ein Werk von aus Sand, Sturm, Tod, Verderben, Effekten, röhrendem Sound und einmaligen Bildern sein. Vielleicht ist es restliche Euphorie, die aus diesen Zeilen spricht, aber mit „Mad Max — Fury Road“ hat Miller ein Werk geschaffen, dass den alten Mad Max Filmen in nichts nachsteht, diese dank modernster Technik und Rückbesinnung auf alte, filmische Werte sogar noch übertrifft.

Bewertung: 5 von 5 Sternen (!!) *****

Filmkritik von Julius, 13.05.2015

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