Filmkritik zu Ride Along 2

  

Irgendwo zwischen Knarren glorifizierenden Schießereien und all den irrwitzigen Verfolgungsjagden, die in explosiven Infernos enden, bei denen sogar Dante Angst und Bange werden würde, hält „Ride Along 2“ plötzlich an, fährt auf den Seitenstreifen und versucht sich in komödiantischer Schlagfertigkeit. In diesen Pausen darf Hochgeschwindigkeitsmundwerk Kevin Hart eine Debatte darüber führen, welcher Teil der originalen „Star Wars“ Filme denn der beste sei. Harts Favorit ist „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“, Cast-Neuling Ken Jeong, hier der flüchtige Hacker AJ, hingegen hasst Ewoks und findet „Das Imperium schlägt zurück“ deutlich besser.

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Ride Along 2 (Next Level Miami) läuft ab dem 21.01.2016 im Kino.


„Ride Along 2“ - Altes Model, alte Teile

Ja, das ist nur einer von vielen Wegwerfwitzen aus „Ride Along 2“. Seine Durchgekautheit seit den mittleren 80er Jahren hat aber symbolischen Charakter für die Frischheit der zweiten Runde mit dem Möchtgernpolizisten und Unglücksbringer Ben (Kevin Hart) an der Seite von Ermittler-Veteran James (Ice Cube, mit üblich finsterer, bulddogenartigen Präsenz). Böse Zungen würden behaupten „Ride Along 2“ existiert aus den selben Gründen wie „Star Wars: Episode VII - The Force Awakens“, nämlich des lieben Geldes wegen. Nur im Gegensatz zu letzterem Blockbuster versucht die Buddy-Komödie erst gar nicht sonderlich kreativ zu sein.

In der ersten Runde konnte das dynamische Duo Hart & Cube rund 153 Millionen auf ein Budget von 25 Millionen im tiefsten Januar einfahren. „Ride Along 2“ bleibt sicher auch deswegen bei der bekannten Mischung: Ben und James haben Probleme (nicht nur miteinander), Ben und James müssen einen Schurken stoppen, Ben macht Fehler und James schäumt über vor Wut. Ben mausert sich zu so etwas wie einem Super-Polizisten. James bricht jedes Bürgerrecht der USA und kommt damit durch. Und am Ende kriegen sie ihren Mann.

Eventuell sind all dies die Gründe, warum sehr optimistische Kinokassen-Orakel in ihren Kristallkugel gesehen haben wollen, dass dieser eher unbeeindruckende Crime-Bolide „Das Erwachen der Macht“ vom Thron stoßen wird. Oder aber auch nur Störsignale auf Grund billiger Nachbauten des originalen Sybill Trelawney-Models.

Klischees als Mitfahrgelegenheit

Inhaltlich fängt „Ride Along 2“ da an, wo „Ride Along“ endete. Ben steht kurz davor seine wunderschöne Freundin Angela (Tika Sumpter, eine recht gute Schauspielerin, die hier trauriger Weise auf die Tiefe ihres Ausschnitts reduziert wird) zu heiraten, denn deren böse dreinblickende Bruder James hat seinen Segen gegeben. Und wieder einmal muss sich Ben, jetzt übermütiger und unfälle-verursachender denn je, als frischgebackener Ordnungshüter beweisen, dieses Mal um zu zeigen, dass er es denn auch WIRKLICH als Polizist bringt. Nach einer elaborierten Eröffnungssequenz, in der sich der höhenängstliche Ben mit den Tücken eines Ausstiegs aus einem Low-Rider auseinandersetzen darf, wird James Partner (Tyrese Gibson, den meisten Zuschauern sicherlich aus der „Fast & Furious“ Franchise bekannt) von einer Kugel getroffen und Ben muss an seiner statt James nach Miami begleiten und den Hacker AJ aufzuspüren, der wiederum verspricht der Schlüssel zum Sturz eines finsteren Seehandelsmagnaten zu sein, der sich auf den Handel mit so ziemlich jedem illegalen Gut spezialisiert hat (gespielt von Benjamin Bratt und ein so gelangweilter Schurke, dass er sich nicht einmal am Ziegenbart herumspielt).

Regisseur Tim Story („Ride Along“) nutzt den Wechseln in das tropische Klima dazu Hart in an Clownerie gemahnende Klamotten zu stecken und möglichst viele vollbusige und ihre Hinterteile schüttelnde Bikini-Models zu zeigen. Zur Abwechslung darf einzig Olivia Munn als Maya, ein Detective des örtlichen Morddezernats, ein wenig Frauenpower ins Feld führen. Mit dieser bringt ihr Charakter dann auch James eiskaltes Straßenherz zum Schmelzen, aber auch sie wird von der Kostümabteilung auf ihren Körper reduziert und dient letztendlich einzig zur Ablenkung von Bratts schurkigem Entrepreneur auf dem Dancefloor — ein ermüdenderes Klischee ist wirklich schwerlich zu finden. Wieder einmal zeigt Hollywood wie weit es in Sachen Gleichberechtigung nach „Mad Max“ und „Star Wars“ gekommen ist.

Lachtatort „Ride Along 2“

Wie sicher sich die Macher von „Ride Along 2“ sind, zeigt der Umstand, dass die größte Slapstick-Eskapade bereits im Trailer verwurstet wurde, in der der kreischende Hart sich gegen etwas zur Wehr setzen musste, dass sich nur als der mieseste Kunst-Alligator seit „Der Horror-Alligator“ beschreiben lässt. Besser kommt nur noch die atemlose Jagd zu Fuß durch die Hinterhöfe von Little Havana. Hier treffen, man halte sich fest, Hart und Jeong auf jeden nur erdenklichen und vorhersehbaren Stolperstein. Sogar der böse, bissige Köter und ein Trampolin sind mit von der Partie. Dagegen lässt sich Harts Verhandlung um dekorative Elemente mit Sherri Shepherd als tyrannische Hochzeitsplanerin als witzig an.

Zu behaupten in „Ride Along 2“ wäre alles flach und schal würde allerdings auch nicht fair sein. Immerhin zwei Momente stechen aus dem Einheitsbrei hervor. Im einen lässt sich Hart sehr clever über selbstgestrickte Klingeltöne zur besseren Identifizierung von Anrufern aus. Dieser Witz landet vorbildlich. Im anderen wird die übliche Verfolgungsjagd mit massig Kollateralschaden aus der Sicht von Videogame-Junkie Ben gezeigt, also als reale Version von „GTA“. Den dicksten Lacher bringt dort ein missmutiger James als Spielcharakter. Diese kleinen Lichtblicke zeigen sehr deutlich, welche Kisten an Potential in diesem Sequel lieblos verschenkt wurden. Sollte ein weiterer Teil in der Mache sein: bitte lasst Frauen nicht nur eine Summe ihrer Teile sein und Hart & Cube witzig. Danke.

Fazit

In der originalen Version der Billig-Variante von „Bad Boys“ trifft auf „Rush Hour“ schlägt Ben vor, dass er und James sich doch in Zukunft „The Brothers-in-Law“ nennen sollten. Verstanden? Sie sind „Brüder“ und sie arbeiten fürs Gesetzt. Witzig? Dann kann sich ein Besuch in „Ride Along 2“ rentieren. Falls nicht: weiterfahren, hier gibt es nichts zu sehen.

Bewertung: 1 von 5 Sternen.*

Filmkritik von Julius, 20.01.2016