Filmkritik zu "Spy — Susann Cooper Undercover"

  

Melissa McCarthy macht es einem schwer sie nicht zu mögen. In „Tammy“ und „Identity Thief“ hat sie es versucht, aber selbst diese beiden komödiantischen Rohrkrepierer haben höchstens unterstrichen, dass jeder, der gerne lacht, die Frau im Auge behalten muss. In „Spy — Susann Cooper Undercover“ nun darf sie endlich ungebremst loslegen. Was dabei als Ergebnis auf der Leinwand landet kann sich in mehr als einer Hinsicht sehen lassen. Melissa McCarthy als Susan Cooper ist eine Agentin, mit der niemand rechnet — außer vielleicht Susan Cooper selber.

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Bild oben: Szene aus "Spy - Susann Cooper Undercover". Mehr Infos zum Film gibt es hier. Kinostart in Deutschland ist am 04. Juni 2015.

Ganzkörper Komödiantin

Es wäre sicher falsch den Erfolg von „Spy“ alleine Melissa McCarthy zuzuschreiben. Die Rolle ist ihr einfach zu sehr auf den Leib geschneidert. Der Mann im Hintergrund ist Paul Feig. Er kennt McCarthy sicher wie kein anderer Filmemacher in Hollywood und weiß um ihre Stärken. „Spy — Susann Cooper Undercover“ ist nicht ihre erste Zusammenarbeit. Schon in „Brautalarm“ und „Taffe Mädels“ haben die beiden eine gute Partie abgegeben. Wo „Taffe Mädels“ ein gezielter Angriff aus das noch immer nicht ausgestorbene, aber Männer dominierte Genre der Buddy-Action-Streifen ist, da ist „Spy“ in gewisser Weise eine geistesverwandte Fortsetzung in deutlich subtilerer Machart. Auch wenn der Gedanke an eine unterschätzte Frau, die globalen Terroristen und Superspionen zeigt, wo der Hammer und die Harke hängen, auf den ersten Blick nach einem feministischen Statement klingen mag (Aufschrei!), so wäre es falsch „Spy“ eine solche Botschaft zu unterstellen. Melissa McCarthy ist eben so wie sie ist: Eine Ein-Frau-Macht, die es schafft geschickt zwischen Action und Comedy entlang zu manövrieren. Diese Eigenschaft geht vielen (fast allen) ihrer noch aktiven männlichen Kollegen ab, bei ihren Geschlechtsgenossinnen sieht es da noch finsterer aus. Tatsächlich ist der einzige, die mir auf Anhieb einfällt, der mit McCarthy, wenn auch mit anderen Ansatz mithalten konnte Jacky Chan. Oder könnt ihr euch jemand anderen vorstellen, der mit Anlauf auf ein Motorrad springt, nur um direkt wieder mit ihm umzufallen. Aber als Ergebnis lacht man nicht (nur ein bisschen) über die Schauspielerin (oder eben den Schauspieler), sondern mit ihr (oder ihm). Einen derartigen Gag mit solcher Präzision abzuliefern zeugt von großer Schule in bester Clownsmanier. Dazu gehört viel Selbstbewusstsein, Einsatz und Übung. Und es verdient in seiner Durchführung Respekt.

Nachdem also im Zusammenspiel mit Sandra Bullock raubeinige Cops und achso smarte Ermittler in ihre Schranken gewiesen wurden, mit allen üblichen Klischees, sind jetzt die unablässig die Welt rettenden Herrschaften im Smoking mit Gadgets dran.

Aus dem Keller einmal rund um den Globus

Das die eigentlich nur halb so gut wären, wie sie immer scheinen, macht „Spy — Susann Cooper Undercover“ schon recht zu Beginn deutlich. Wo Jack Bauer immer telefonische Unterstützung hat, haben diese auch Susann Coopers männliche Kollegen. Nur sitzt die hilfreiche Stimme in ihrem Ohr eben nicht in einem schicken Büro, sondern im letzten Keller des CIA. Wenn in den ersten Minuten des Films Agent Bradley Fine (Jude Law) sich in geschicktester Bondart durch fiese Schergen auf der Jagd nach einer Atombombe mäht, dann ist ihm das eigentlich nur dank Susann Copper möglich. Diese nutzt alle nur erdenklichen Mittel der Fernüberwachung um Fine an jedem Hindernis vorbei zu manövrieren und ihm stets die beste Position im Raum zu verschaffen. Sein glanzvolles Taktieren und hochgelobtes Vorgehen ist ohne die Stimme in seinem Ohr undenkbar. Eigentlich also die perfekte Beziehung — würde Cooper nicht einfach jedes Mal beim anschließenden Lob übergangen werden. Sie ist ein Vorzimmerdame für Superagenten, obwohl sie einst selber eine Agentin mit glänzender Zukunft war. Obendrein ist sie auch noch ziemlich offensichtlich in den smarten und aalglatten Fine verschossen. Das Bild, welches dabei entsteht ist alles andere als das einer Powerfrau oder potentiellen Geheimagentin im Außeneinsatz. Single, kinderlos, übergewichtig, über 40, einsam und in die letzte Besenkammer abgeschoben verrichtet sie brav ihren Dienst. Jede Bürokomödie im Stile von „The Office“ oder „Stromberg“ kennt diesen Stereotyp.

Dann aber kommt dem scheinbar unaufhaltsamen Aufstieg des Spions aus dem Bilderbuch ein anderes, taffes Mädel dazwischen. Die bulgarische Waffenschmugglerin Rayna Boyanov lässt erledigt ihn eiskalt. Schlimmer noch, die arrogante Superkriminelle scheint alle Geheimidentitäten der besten CIA Agenten genau zu kennen. Und plötzlich sieht Cooper ihren großen Moment gekommen. Entgegen der Proteste ihres stumpfen Außendienstkollegen Richard Ford (Jason Statham) schafft es die unterschätzte Frau aus dem Keller die Erlaubnis für eine Überwachungsmission in Paris zu ergattern. Ab diesem Punkt geht es einmal rund um den Globus hinter Ranya und internationalen Terroristen mit Al-Quayda-Verbindungen italienischer Abstammung (Bobby Cannavale) hinterher.

Der Plot ergibt dabei nicht viel Sinn. Muss er aber auch gar nicht. Eben genau nur so viel, wie er nicht den Gags im Weg steht und wie er die Handlung im Rahmen hält. Die besten Agenten des CIA sind Briten, Klischees jagen Klischees und durch alles hindurch schießt McCarthy aus vollen Rohren. Feig hat „Spy- Susann Cooper Undercover“ wunderbar aufgebaut und eine perfekte Bühne für seinen Star geschaffen. Die Gags finden auf allen Ebenen statt. Von High-Tech Gadgets in schlimmster Tarnung, noch schlimmeren Tarnidentitäten über daraus resultierenden Ergebnissen, die uns vor Augen führen, wie wir doch über Frauen wie Cooper denken. Die Action schwankt zwischen absichtlich daneben bis lupenrein. Und dabei darf Statham nicht wirklich auch nur einen Finger krumm machen. Law hingegen scheint sichtlich Spaß daran zu haben für einige Minuten James Bond sein zu dürfen.

Fazit

„Spy — Susan Cooper Undercover“ ist einfach nur hervorragend. Ein Angriff auf die Lachmuskeln mit lupenreiner Action. Natürlich darf niemand dabei ein komplexe oder sonderlich ausgefeilte Story erwarten. Die wäre auch sicherlich fehl am Platze. Wer ehrlich ist, wird so oder so zugeben müssen, dass Cooper männliche Kollegen auch nicht mehr sinnvolles zu dem Thema beizutragen haben. Rein da!

Bewertung: 5 von 5 Sternen (!!) *****

Filmkritik von Julius, 08.05.2015