Filmkritik zu "The Gambler"

  

Kein Kinojahr ohne Remakes. Den diesjährigen Reigen eröffnet „The Gambler“. Von diesem Hollywood-Trend kann man halten was man möchte, bisweilen beschert er dann doch die ein oder andere Überraschung. Wer aber meint die Zusammenarbeit „The Gambler“ von Mark „Marky Mark“ Wahlberg und William Monahan, dem (Um)Schreiber von „The Departed“ unter Regie von Rupert Wyatt (Planet der Affen: Prevolution) sei sicher wie eine Bank, dem sei gesagt: Knapp daneben ist eben doch vorbei. Nicht umsonst sind andere vor der Arbeit zurückgeschreckt.

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Vorlagen gerecht zu werden ist nicht (immer) leicht

Dabei fallen die Würfel und Karten für den Film gar nicht so schlecht. Er versagt auch nicht. Aber „The Gambler“ könnte deutlich mehr abräumen, wenn er über seinen eigenen Schatten springen würde. Ironischerweise gelingt gerade das Mark Wahlberg. Nicht aber dem Film selber. Dieser ist, wie gesagt ein Remake. Die Originalvorlage stammt aus dem Jahr 1974 und brachte Hauptdarsteller James Caan einen Golden Globe ein. Wer die Hintergründe zu „The Gambler“ von 1974 kennt, dem fällt es zusätzlich schwer dem Remake wirklichen Respekt zollen zu können, denn das Original hat einige Facetten zu bieten, die das Remake einfach nicht auffahren kann. Zum einen wäre da der Umstand, dass der Autor des Films, James Toback, seinen eigenen Hintergrund als Spielsüchtiger und Literaturdozent als Vorlage für „The Gambler“ nutzte. Zum anderen fällt die Arbeit an „The Gambler“ in die Phase, als James Caan selber versuchte Herr seiner Kokainabhängigkeit zu werden. Das Remake von „The Gambler“ wäre bereits 2011 in Angriff genommen worden. Im Zuge von „The Departed“ hatten sowohl Martin Scorsese als auch Leonardo di Caprio Interesse an dem Projekt. Als aber James Toback in einem Interview die autobiographische Ebene des Originals durchblitzen ließ, sprangen die beiden Hochkaräter Scorsese und di Caprio ab. Nicht das die beiden vor Remakes zurückschrecken würden, es ging allerdings sicherlich in hohem Maße auch um künstlerischen Respekt vor einer Art literarischen Seelenstriptease auf sehr hohem Niveau.

Verständnislosigkeit am Spieltisch

Jenseits von dieser sehr gewichtigen Ebene wäre der heutige „The Gambler“ noch immer ein sehr guter Film, würde er seinem Charakter verständliche Beweggründe mit auf den Weg geben. Das diese weggelassen werden mag darin begründet werden, dass eben nicht alle Beweggründe von außen kommen müssen, sondern sich, gerade bei einem selbstzerstörerischen Verhalten wie bei Hauptcharakter Jim Bennett (Mark Wahlberg) auch durchaus völlig im Inneren befinden können, als Erklärung in einem Film reicht diese „Friss oder Stirb“ Mentalität allerdings nicht aus. Denn um völliges Verständnis für einen Charakter aufbringen zu können, muss der Zuschauer ihn verstehen und sich mit ihm identifizieren können. So fremd er dem Betrachter auch immer sein mag, ohne eine solche Immersion ist es letztendlich egal, was auf der Leinwand geschieht.

Im Fall von „The Gambler“ ist es Jim Bennett, den es zu verstehen gilt. Und das ist eben nicht ganz leicht. Auch wenn der Titel suggeriert Hauptcharakter Bennett sei ein Spieler, betonen die Handlungen von Bennett, dass er eben das genau nicht ist. Er ist entweder stark selbstmordgefährdet oder ein völlig vom Leben gelangweilter, verwöhnter Idiot. In jedem Fall hasst er sich und sein Leben. Er hasst den Reichtum seiner Familie, er hasst die damit einhergehenden Privilegien und er hasst seine hohe Bildung. Am Tag ist er Dozent und Professor für Literatur, der seine Studenten mit Thesen über Nihilismus Fragezeichen in die Köpfe zaubert, des Nachts verwandelt er sich eine selbstzerstörerische Zockernatur. Um diese relative Komplexität zu betonen hat Drehbuchroutinier Monahan Mark Wahlbergs Charakter mit absurden und völlig überladenen Dialogblöcken versehen, die sich samt und sonders um den Schmerz der Mittelmäßigkeit drehen. Klingt cool, zum Verständnis trägt dies allerdings wenig bei und wird erstaunlicherweise auf beeindruckende Art nur durch Mark Wahlbergs Performance gerettet.

I against I

Über das komplette Ausmaß seines Lebens wissen neben Bennett nur drei weitere Personen in „The Gambler“ Bescheid. Zum einen ist dies Tennis-As Dexter (Emory Cohen), der Lehrer von Bennetts Mutter (wirklich sicher wie eine Bank: Jessica Lange), zum anderen Amy (Brie Larson), ihres Zeichens Kellnerin in der Spielhölle, die sich Bennett als Ort seiner nächtlichen Aktivitäten auserkoren hat und Teilnehmerin an seinem Kurs. Die junge Kellnerin ist zudem die einzige Schülerin, die in Bennetts Augen wirklich etwas drauf hat. Der Kreis wird schließlich geschlossen durch Lamar (Anthony Kelley), einem Basketballstar, dessen Desinteresse an Literatur zu einer Freundschaft mit Bennett führt, die diesen schlussendlich retten könnte.

Um dieses Triumvirat kreisen allerdings bereits Haie, die Bennetts Verzweiflung und Hang zur Selbstvernichtung erschnuppern wie Blut im Wasser. Dies sind der Besitzer des koreanischen Kasinos Mr. Lee (Alvin Ing), der Betrüger und Grifter Neville Baraka (Michael K. Williams) und schließlich als großer weißer Hai der Geldverleiher Frank (böse-brilliant-bedrohlich-komisch:John Goodman). Diesen drei Gangstern schuldet Bennett 200.000 Dollar. Die sich darüber entspinnende Handlung feuert Regisseur Wyatt im Clipformat auf den Zuschauer ab. Einige Szenen sind wirklich gut. Besonders der erste Auftritt von Frank ist unglaublich sehenswert, allerdings wirkt die stetige Wiederholung von Bennetts Verhalten auf die Dauern doch etwas ermüdend und die Liebesbeziehung zu Amy absolut aufgesetzt.

Bennett spielt nun eben ein Spiel mit sich selber. Dieses aber kann er nicht gewinnen. Wenn dann endlich das Ende kommt, wirkt es als zu schwach und viel lang hinausgezögert. Wäre nicht der Einsatz von Mark Wahlberg, der etwas erfrischend anderes spielt und überraschend anders spielt, als von ihm all zu oft gesehen, würde man sicherlich herbeiwünschen, dass Bennett sich einfach umbringen würde. Dann könnte seine Mutter das Familienvermögen spenden, anstatt damit immer wieder Bennetts immense Schuldenberge zu zahlen.

Fazit

Im Zug von Filmen um die finanziellen Verzweiflung des us-amerikanischen Volkes nach eher zuschauerunfreundlichen Filmen wie „Killing them softly“ und „The Counselor“ lässt sich „The Gambler“ deutlich bequemer an, verpasst allerdings an den entscheidenden Stellen wirkliches Verständnis hervorzurufen. Dann doch lieber unbequem als allzu beliebig. Wer allerdings für Spielerthemen, Selbstzerstörerung und Mark Wahlberg etwas übrig hat, der sollte unbedingt reingehen. Auch John Goodman adelt den Film erheblich. Schade ist besonders aber der Beigeschmack einen guten Film aus Gründen der Vorsicht und einer möglicherweise unangenehmen und weniger mainstreamtauglichen Erklärung verpasst zu haben.

Bewertung: 3 von 5 möglichen Sternen:***

Filmkritik von Julius, 09.01.2015

The Gambler in unserer Filmdatenbank

Zu "The Gambler" haben wir natürlich auch einen schicken und informativen Eintrag in unserer Filmdatenbank bereitsgestellt. Hier findet ihr allgemeine Informationen, den Trailer, Bilder, Poster und mehr: The Gambler | Info zum Film

The Gambler startet am 15.01.2015 in unseren Kinos.