Filmkritik zu The Hallow

  

Corin Hardy ist mit seiner Ankündigung zu seinem Horrorfilm „The Hallow“ eindeutig ein großes Risiko eingegangen. Zu behaupten der eigene Film sei eine Mischung aus „Straw Dogs“ und „Pans Labyrinth“ klingt sehr hoch gegriffen. Aber Hardys Film hat eigentlich viel mehr von einem ganz anderen Film: Sam Raimis „The Evil Dead“ („Tanz der Teufel“). Genau wie „The Evil Dead“ spielt „The Hallow“ in einer entlegenen und isolierten Hütte im Wald und beschäftigt sich mit viel Hingabe mit handwerklichen Kreatur- und Make-Up-Effekten.

the hallow header

The Hallow: Deutsche Fans können den Film ab dem 31.12.2015 in den Kinos sehen.

Zurück zu den Wurzeln

In seinen schwachen Momenten betont „The Hallow“ menschliches und zwischenmenschliches Drama auf eine Art, die einem schwankenden Jengaturm aus Versatzstücken gleicht und dies in den ersten 40 Minuten leider nicht wirklich gut verkauft. Hat man es aber erst einmal über dieses Hindernis hinweg geschafft, wird „The Hallow“ extrem fesselnd. Viel davon ist seinem übersteigerten Fokus auf die Art der zentralen Örtlichkeit, der verwunschenen Waldhütte, zu verdanken. Die Formen und Texturen hier fühlen sich extrem hochwertig an. Haut wird wächsern und fleckig, Wunden schimmlig und von Infektion schwärend, sogar die Holzbohlen überziehen sich rasend schnell mit Fäulnis. Es ist nicht die selbe manische Energie, wie in „The Evil Dead“, die „The Hallow“ antreibt und so flacht „The Hallow“ immer wieder ab, wenn es nicht tief aus dem Potential fassungsloser Gewalt schürft. Aber immer dann, wenn sich der Film auf die grausamen Transformationen von purem Body Horror und den Schrecken eines unbekannten (und übernatürlichen) Eindringlings ins eigen Haus fixiert, genau dann macht „The Hallow“ dem Vergleich mit Raimis Meilenstein des Horrorgenres alle Ehre.

Da die Charaktere in „The Hallow“ sich sehr nebensächlich anfühlen, ist der langsamste Teil des Horrorfilms sein Set-up. Uns Zuschauern werden Adam (Joseph Mawle), ein Baumpfleger, der einen mysteriösen schwarzen Pilz untersucht und dessen Frau Clare (Bojana Novakovic) vorgestellt, aber wir lernen nie, was sie wirklich jenseits von Skeptizismus und Liebe füreinander im Leben bewegt. Hardy und sein Co-Autor Felipe Marino lassen sich dann auch erstaunlich viel Zeit damit Adams Forschung vorzustellen und sich dem üblichen Klischee von wenig freundlichen Einheimischen und deren Erzählungen von Banshees und anderen bedrohlichen Feen in einem irischen Wald hinzugeben. Natürlich gibt Adam nichts auf die Geschichten der abergläubischen Anwohner und postwendend werden er, seine Frau und das gemeinsam Kind Finn in der Nacht angegriffen.

Im Wald da sind die Kobolde

Die meisten Zuschauer werden sich mit den genauen Hintergründe, der Bedeutung und der mythologischen Herkunft der Kreaturen in „The Hallow“ sicherlich nicht beschäftigt haben. Einzige Ausnahme dürften diejenigen bilden, die sich tiefer mit der irischen Sagenwelt beschäftigt haben. Aber der Hintergrund spielt ab dem Punkt, an dem sich „The Hallow“ endlich in Bewegung gesetzt hat, auch überhaupt keine Rolle mehr. Die Geschichte lässt sich simpel auf eine Formel herunterbrechen: Adam und Clare müsse Finn, ihr Kind, davor bewahren von Monstern entführt zu werden und nebenbei sich auch noch mit einer gefährlichen Infektion auseinandersetzen.

Ab diesem Moment wird „The Hallow“ zu genau der Art von Horrorfilm, die eigentlich direkt ins Heimkino weitergereicht werden und nur dank Verleihern wie IFC Midgnight hin und wieder auf der großen Leinwand landen. Ein Film eben, der viel Wert auf Atmosphäre und Schrecken legt, aber jenseits von Jumpscares und Goreeffekten schnell abflacht und in Sachen emotionalem Inhalt nur an der Oberfläche kratzt. Es scheint in Reichweite, dass ein solcher Film endlich mal wieder tiefer schürft.

Ein Feuerwerk an praktischen Effekten

Aber auf der Plusseite macht „The Hallow“ deutlich, dass Hardy viel Energie und Sorgfalt hat in die Erweiterung von hervorragenden praktischen Effekten am Computer gesteckt hat. Viele der wirklich guten Angriffe durch die übernatürlichen Schrecken in „The Hallow“ kombinieren die Präzision eines guten M. Night Shymalan auf Seiten der Jumpscares mit dem blutigen und goreigen Stil eines Lucio Fulci. Man wimmert kurz mit wenn einer der Charaktere ein augenbezogenes Trauma erleidet oder wenn sich der Pilz, den Adam untersucht, kurz vor dem nächtlichen Angriff der Monster in der Hütte ausbreitet. Allerdings fragt man sich immer dann, wenn „The Hallow“ Ruhe einkehren lässt, wann es denn bitte schön mit der nächsten Grausamkeit weitergeht.

Fazit

Zum Jahresende gibt es im Kino noch ein amtliches Creature-Feature zu sehen. Wer sich irgendwo zwischen Raimis „The Evil Dead“ und Fulcis „The House By The Cemetery“ wiederfindet, für den und die wird „The Hallow“ einen optimalen Abschluss für das Horrorjahr 2015 liefern. Eben ein Film, der nie die bekannten Pfade verlässt, aber eben auch genau das liefert, was von ihm erwartet wird.

Bewertung: 3 von 5 Sternen.***

Filmkritik von Julius, 22.12.2015