Filmkritik zu The Vatican Tapes

  

Kaum ein Thema wurde auf diverse Arten so oft beackert wie Exorzismus und dämonische Besessenheit? Aber kann mit damit überhaupt noch wer hinter dem Ofen hervorgelockt werden? Lässt sich nach „Der Exorzist“ respektvoll mit urchristlicher Angst vor Dämonen und höllischen Kräften umgehen? Die meisten dieser Versuche waren entweder zu einfallslos oder zu fromm um sich auf blasphemisches Terrain in überzeugendem und (oder) rücksichtsvollem Maße zu bewegen.

The_Vatican_Tapes_Szenenbilder_15.600x600

The Vatican Tapes ist ab heute überall im Kino zu sehen. Mehr zum Film gibt es hier.

Vade retro, Satana!

„The Vatican Tapes“ bildet lange Zeit keine Ausnahme zur Regel und gibt sich über weite Strecken keine Mühe aus der Menge langweiliger Abklatsche des berühmten Vordenkers auszubrechen. Regisseur Mark Neveldine (Co-Regisseur in der „Crank“-Franchise und „Ghost Rider: Spirit of Vengeance“) spickt die Handlung mit allerlei sensationslüsternen Merkwürdigkeiten. Ganz vorne weg ist er scheinbar hoch selbst besessen und dies ausgerechnet von der „Daemoniac“ des Films, der Hauptdarstellerin Olivia Taylor Dudley („Chernobyl Diaries“). Irgendwann gibt sich „The Vatican Tapes“ dann doch seinen wenigen einfallsreichen aber völlig abgedrehten Ideen hin, endet aber nur sehr kurz darauf. Bis dahin allerdings ist „The Vatican Tapes“ viel zu bekannt und schlichtweg nur nervtötend.

Alles beginnt, wenig überraschend, mit einer dämonischen Besessenheit. Was aber natürlich nicht fehlt, denn der Titel sagt es ja direkt aus, ist der obligatorische Hinweis es mit einem „Found-Footage Film“ zu tun zu haben. Seit den Tagen von „Blair Witch Project“ wird mit immer besseren, dafür aber nicht weniger wackligen Bildern das Grusel- und Horrorgenre „bereichert“. Hin und wieder gibt es mal einen Ausreißen in fremdes Terrain und manches Mal ist sogar ein Volltreffer dabei. Entgegen dem üblich zu findenden Filmmaterial sind fast alle Aufnahmen aus „The Vatican Tapes“ entweder ordentlich mit einem Stativ gedreht oder stammen aus fest installierten Überwachungskameras. Hilfreich ist dieser Versuch Realismus zu sähen in keiner Weise, ein Bezug zu den eh schon dünn aufgestellten Charakteren wird durch den damit einhergehenden Voyeurismus restlos verhindert.

Eintopf nach Art „Linda Blair“

Angela (Dudley) feiert eben noch Geburtstag, da ist sie auch schon besessen. Der Umgang Weder ihr bärbeißiger Vater Roger (Dougray Scott), noch ihr mitfühlender Freund Pete (John Patrick Amedori) sind dabei eine große Hilfe. Dummerweise wissen auch weder die Polizei, noch das nächstgelegene Krankenhaus oder die nach Wahrheit jenseits von Angelas Schutzmechanismen schürfende Psychologin (Kathleen Robertson) Rat. Vater Lozano (Michael Peña) kennst zum Glück in Sachen Dämonenaustreibung genau die richtige Adresse. Kardinal Bruun (Peter Anderson) ist der Katholik, mit dem nicht gut Oblatenessen ist, mit 12 Jahren bereits besessen war und seit diesen Tagen Dämonen den Hintern aufreißt. Besonders dann, wenn sie sich mal wieder im Körper junger Frauen verstecken.

Einen Film wie „The Vatican Tapes“ außerhalb der verquasten Mixtur, die „Der Exorzist“ vor 32 Jahren zementierte und die Mal um Mal verkorkst neu aufgegossen wurde, ernstzunehmen ist schon schwer. Unmöglich macht es aber die Herangehensweise von „The Vatican Tapes“ Oder wie bitte soll man als erwachsener Mensch über einen Film urteilen, der davon handelt, dass eine junge Frau, die alle Anzeichen einer geistigen Erkrankung zeigt, von vier erwachsenen Männern in einen Keller geschafft wird um dort gequält, mit Abendmahl und Abendmahl gefüttert und dabei gefilmt zu werden? Damit sich darüber niemand den Kopf zerbrechen muss spricht Angela natürlich nach kürzester Zeit fließend Aramäisch und erhält eine Stimme, wie sie Tom Waits während der Pubertät gehabt haben muss und schafft es mehr aus sich rauszuholen, als ein normaler Mensch an einem Tag essen kann. Bis es aber endlich zum Treffen von Oberpfaffe Bruun und der dämonischen Dame kommt, lassen sich Regisseur Neveldine und Autor Christopher Borrelli (demnächst mit „Wake“ und Sir Ben Kingsley im Kino) viel Zeit. Zu viel Zeit für zu wenig Ereignisse.

Biblische Strafe

Es gibt ein paar kleine Stellen im Film, die aufhorchen und aufblicken lassen. Erwähnenswert ist besonders ein elegant gefilmter Autounfall innerhalb des beteiligten Autos. Aber ansonsten gibt es eigentlich nur Dudley, Dudley und Dudley an Sehenswertem zu erblicken. Neveldine entdeckt alle paar Minuten einen neuen Winkel aus dem er Dudleys Gesicht zeigen kann. Allein dafür muss man ihm einfach Respekt zollen. Wenn die Hauptdarstellerin dann einmal schauspielern darf statt nur abgefilmt zu werden, wird ihre Performance plötzlich mit CGI torpediert und negiert. Als dann „The Vatican Tapes“ endlich seinen Mojo (oder Juju) findet, ist es viel zu spät. Was bleibt sind Fragen wie: Wohin ist die dämonische Energie, die der Film zu Beginn zu Tage zu legen verspricht? Warum werden Darsteller wie Michael Peña, der erst grade als komischer Sidekick in „Ant-Man“ zu unterhalten wusste, mit so dummen Rollen bedacht? Ihm kommt tatsächlich nur exakt die Rolle zu, die schon Jason Anthony Miller in „Der Exorzist“ innehatte, während Max von Sydow die ganze Arbeit erledigen musste.

Fazit

„The Vatican Tapes“ sind schlussendlich verschwendete 91 Minuten, die einem kein Dämon und kein Exorzist wiedergeben wird. Wer auch immer auf die Idee gekommen ist, zu zeigen wie Peña als Priester das Vaterunser vergeigt, dem Publikum erklären zu müssen meint, aus welchen Teilen die Dreifaltigkeit besteht und das alles auch noch spannend findet, der gehört anstatt von Olivia Dudley in einem Keller angebunden und Tage mit Weihwasser besprenkelt. Vielleicht hilft es ja beim nächsten Versuch.

Bewertung: 1 Stern von 5 möglichen.*

Filmkritik von Julius, 30.07.2015