Ghostbusters Filmkritik - Ich bin weit über die Fähigkeit rationalen Denkens hinaus entsetzt

  

Ich bin mir ganz sicher, dass ich mich nicht wie Merlin rückwärts durch die Zeit bewege und als ich das letzte Mal in den Spiegel geguckt habe, war ich auch kein Tachyon. Und trotzdem ist irgendwas faul. Blink-182 bringen ein neues Album raus, Nintendo kündigt eine 8-Bit-Konsole an, Clinton versucht Präsident der USA zu werden, alle spielen Pokémon und im Kino läuft "Ghostbusters". Welches verdammte Jahr haben wir?!

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Zeitreise mit Nebenwirkung

Der Kalender scheint nicht zu lügen … 2016. Der Beweis steckt jedoch nicht in dieser Bestätigung von schwarz auf weiß, sondern im teuflischen Detail. Blink-182 bestehen nicht mehr in der Originalbesetzung. Auf dem Nintendo Classic Mini kann man keine neuen Spiele installieren. Gemeint ist Hillary und nicht Bill Clinton. "Pokémon Go" stürzt dauernd ab und die neuen Ghostbusters haben lediglich eine Idee mit den Kindheitshelden gemein.

Diese Idee ist der grobe Hintergrundgedanke, worum es in dem Film gehen soll. Drei Wissenschaftler finden sich zusammen, um Geister einzufangen, deren Existent sie gerade erst beweisen konnten. Ein viertes Mitglied schließt sich im Eifer des Gefechts an und die gesamte Suppe wird mit viel Humor und einer Prise Horror gewürzt. Dann kurz köcheln lassen, sich erinnern, dass man alle anderen Zutaten vergessen hat und in nackter Panik einfach ganz viel von irgendwas reinschütten.

Sieht leider gerade mal im Groben aus wie auf der Abbildung im Kochbuch und schmeckt leider äußerst fade, mit einem bitteren Nachgeschmack, der noch für Stunden, manchmal Tage am Gaumen kleben bleibt. Das ist das Problem und in diesem Fall das Ergebnis, wenn man sich nur mit dem Ziel beschäftigt, der Weg jedoch lediglich Mittel zum Zweck ist. Ein Baugerüst ohne Schrauben, ein Gaming-PC ohne Grafikkarte, ein Finn, ohne seinen Jake.

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Yeah, wir schaffen das!

Abby Yates (Melissa McCarthy) finanziert sich ihr Leben und teilweise auch ihre Forschung, mit den Einnahmen aus einem Buch über die Existenz von Geistern, welches sie vor vielen Jahren mit ihrer besten Freundin, Gilbert (Kristen Wiig), geschrieben hatte und schwor, niemals zu veröffentlichen. Letztere droht nun ihre in Aussicht gestellte Festanstellung an einer renommierten Universität zu verlieren, da man sie für verrückt halten würde, wenn sie mit dem Werk in Verbindung gebracht wird.

Diese beiden Damen sind die Hauptträger der Handlung und bereits der Beginn aller Probleme. Denn sie sind so eindimensional und farblos, wie eine schlechte Strichmännchen-Skizze. Gilbert ist lediglich dafür da, viel technologisches Wusa Wusa in den Raum zu werfen oder gegebenenfalls zu bestätigen und Abby spricht in bester Melissa-McCarthy-Manier kuriose Offensichtlichkeiten aus; denn ihr wisst schon. Wenn man es ausspricht, ist es immer lustiger.

Jillian Holtzmann (Kate McKinnon) ist die dritte im Bunde und technisches Wunderkind der Gruppe, die die Ausrüstung baut und in Millisekunden alles ausbessert, verbessert, einem Upgrade unterzieht oder sich einfach aus dem Nichts neue Cyber-Wundertüten aus der Achselhöhle zaubert. Sie ist Egon Spengler auf Crack. Mit dem Potenzial, ein witziger Charakter zu sein, das sie jedoch schon nach knapp zehn Minuten selbst zerstört, indem sie den ersten Furzwitz vom Stapel lässt. Den Rest der Zeit ist sie dafür zuständig, verrückte Kommentare in den Raum zu werfen.

Patty Tolan (Leslie Jones) ist im Grunde ganz genau wie Winston; sie porträtiert im widerlich-schönsten Klischee eine Afroamerikanerin im Kino und ist hauptsächlich anwesend. Sie soll die Normale sein, die mit dem ganzen, abgedrehten Mist konfrontiert wird. Nur mit einem Unterschied: Winston wurde damals einstimmig angestellt, Patty macht einfach mit. Und zu guter Letzt noch Chris Hemsworth als männliche Sekretärin Kevin. Ich weiß nicht, wie viele Gedanken sich Hollywood generell zu dem Thema Sexismus macht, aber einen Mann, dumm wie eine Scheibe Toastbrot auf einem halben Meter Feldweg, 116 Minuten auf sein Äußeres zu beschränken, macht die vielen, dummen Blondchen aus den 1970er und 80ern nicht wieder wett. Es ist einfach nur genau der gleiche oberflächliche und schlecht durchdachte Käse wie immer.

Apropos Käse …

Die Geschichte, wie ein austauschbarer und schnell wieder vergessener Bösewicht Technologie nutzt, um Geister in unsere Welt zu geleiten, ist eigentlich ganz okay. Sie hat ein bisschen 80er-Flair und ist weniger austauschbar, als manch anderer Aufschnitt, der uns so aus der Traumschmiede Jahr für Jahr dargeboten wird. Aber leider fehlt es ihm, neben charakterstarken Figuren, so ziemlich an allem. Die Logik wurde aus dem Film völlig verbannt und Details ändern sich stets so, wie es der Plot in dem Fall benötigt. Man versucht es nicht einmal zu erklären, sondern ignoriert es komplett.

Dazu kommen sogar Schnitt- und Regiefehler, die einem aufmerksamen Zuschauer die Pediküre spart, da sich die Fußnägel einfach aufrollen. Doch der größte Witz und Beweis infantiler Faulheit, ist der Humor selbst. Neben den Horrorelementen der Kern des Franchise. Und trotzdem. Völlige Niveaulosigkeit und Sprüche, die besser in einen Film wie "Dumm und Dümmer" passen würden. Es ist ein Feuerwerk an Schenkelklopfern, die knapp über Kellerhöhe operieren und es trotzdem noch schaffen, jedes mal den Ton eines abstürzenden Kampffliegers im Kopf zu simulieren.

Fazit

Ist es eine Fortsetzung, ein Reboot oder ein Remake? Wir wissen es nicht. Teilweise gibt es Anspielungen (oder eher Zeichen des Respekt?) auf das Original, doch gleichzeitig existiert die alte Riege nur in verschiedenen Cameos, die die Geschichte sinnlos unterbrechen und leider keinen wirklichen Mehrwert haben. Und auch wenn die Effekte in "Ghostbusters" ehrlich nett anzusehen sind, so ist doch alles andere irgendwie falsch. Nicht, weil es eigene Wege geht oder meine Nostalgie unzureichend kitzelt, sondern eher, weil dieses Machwerk von Grund auf ein schlechter Film ist.

Austauschbare Figuren, die in ihrer Ausarbeitung entweder als Hommage an "Adolars fantastische Abenteuer — Zweite Dimension" (schlagt es gerne im Internet nach) zu verstehen sind oder tatsächlich schon in den Bereich "nervig" fallen. Humor der untersten Schublade und unsagbar viele Logiklöcher. Dies wäre in allen belangen ein ungelungener Film. Als eigenständiger Film funktioniert er nicht, da er sich einfach keine Mühe gibt. Als Remake/Reboot hat er mit dem Original viel zu wenig zu tun und als Fortsetzung würde einfach gar nichts stimmen.

Man kann ihm nur zu Gute halten, dass er die Figuren von damals nicht eingebaut und damit ihr Andenken beschmutzt hat … Wen ich diesem Film empfehlen kann? Schwierig zu beantworten, denn er soll ja die Fans von damals ansprechen und solche, die "Ghostbusters" im Laufe ihres Lebens entdeckt haben. Doch genau diesen Leuten hat er nichts zu bieten. Daher fallen mir höchstens solche ein, die die Vorlage nicht kennen, mit Humor á la "Tammy — Voll abgefahren" etwas anfangen können und daneben auf Fantasy stehen.

Kinostart für Ghostbusters ist am 04. August 2016.

Bewertung: 2/5 Sternen**

Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 18.07.2016