„Gott, du kannst ein A.... sein“ Filmkritik -

  

Als Frank Pape seine jugendliche Tochter Steffi an den Krebs verloren hat, gehörte zu seiner Trauerbewältigung dazu, das Tagebuch über die letzten Monate des Mädchens in Form eines Taschenbuchs zu veröffentlichen. Ich selbst habe Gott, du kannst ein Arsch sein nie gelesen, doch ließ ich mir von Käufern sagen, dass es sich um eine sehr gefühlvolle, traurige, um nicht zu sagen herzzerreißende Geschichte handelt, die das Leben in allen ihren Facetten feiert.

Gott kannst du...

Steffi beschreibt in diesem Memorial, wie sie die Zeit zu einem Tag runter rechnet, von dem sie nicht einmal weiß, wann er genau kommen wird. Sie weiß nur, dass er unausweichlich ist und bereits vor der sprichwörtlichen Tür steht. Sie berichtet davon, welche Wünsche sie noch an das Leben richtet, welche Hoffnungen sie hat und wie sie gedenkt, ihre letzten Tage auf Erden zu verbringen. Und dabei ist ihr Lieblingspferd auf dem Reiterhof ihres Vaters ein wichtiger Faktor.

Von all diesen Dingen ist in André Erkaus gleichnamiger Verfilmung nichts mehr übrig geblieben. Statt sich auf die Stärken der Vorlagen zu verlassen, hat man sich dazu entschieden, lieber eine Geschichte zu beschreiben, die lediglich lose auf dem Buch von Frank Pape basiert. Aus einem gefühlvollen Abschied mit zwangsläufiger Pointe wurde ein Roadtrip mit allerlei klischeebeladenen und unsinnigen Zwischenstationen.

Gott, du kannst ein Arsch sein – Eine Kritik

Die Kinoadaption gibt sich keinerlei Mühe dabei, zu zeigen, wie Steffi mit ihrem Schicksal umgeht. Sie ignoriert die Art, mit welcher das Mädchen dem Ende wirklich entgegengetreten ist, und sie tritt, um es krass auszudrücken, ihr Vermächtnis mit Füßen. In Erkaus Film geht es lediglich um romantischen Kitsch, kombiniert mit der Aussage, dass du das Leben nur dann genießen kannst, wenn du alles einmal ausprobiert und jeden Ort einmal besucht hast. Was sich mit der Aussage im Buch komplett beißt.

Hinzu kommt eine völlig verdrehte Darstellung von Steffis Eltern, die wohl clever und komplex wirken soll, aber unterm Strich nur platt und unausgereift ist. Wie der ganze Film selbst. Eine Aneinanderreihung von einzelnen Ideen, die auf dem finalen, großen Bild wie hässliche Flecken ohne Daseinsberechtigung wirken. Zwar hat das Werk hier und dort interessante Szenen, diese stehen aber fast durchgehend für sich selbst und geben dem Endprodukt keinerlei Mehrwert.

Einige lebensbejahende Eckpunkte der Handlung sind sogar so miserabel ausgearbeitet worden, dass ihre Pointe die eigentlich angestrebte Kernaussage ad absurdum führt. Wer empathisch ist und über manch eine Sache zu lange nachdenkt, merkt schnell, dass die Schöpfer hinter dem Drehbuch nicht weiter als bis B gedacht haben, und nicht selten lediglich einen einzelnen Gedanken umsetzen wollten, ungeachtet der Konsequenzen, die diese Darstellungen für andere Elemente haben.

Gott, kannst du ein...

Statt dem dramatischen Aspekt der Geschichte Luft zu geben oder wenigstens Respekt vor der ursprünglichen, wahren Geschichte zu haben, setzen die Macher lieber auf auflockernde Situationskomik und Charaktere, die es in Steffis Leben gar nicht gab und die lieblos sowie zweidimensional geschrieben wurden. Das Ganze abgerundet durch wenige, auf die Tränendrüse drückende Szenen, die zum Fremdschämen einladen.

Vielleicht hätten diese Einstellungen irgendwo und irgendwie noch funktionieren können, wären sie nicht so derbe schlecht inszeniert und so unterdurchschnittlich von den zuständigen Schauspielern interpretiert worden. Denn leider gibt es nur wenige Momente, in denen die Darsteller zu überzeugen verstehen. Heike Makatsch zum Beispiel, die Steffis Mutter verkörpert, macht durchgehend einen okayigen Job, scheitert aber nichtsdestoweniger daran, wie dünn ihre Figur im Drehbuch ausgearbeitet wurde.

Und dann gibt es noch eine einzelne gute Szene mit Til Schweiger und einen Moment, in welchem Hauptdarstellerin Sinje Irslinger ihrer Berufsbezeichnungen tatsächlich gerecht wird. Abgesehen davon ist das Schauspiel in Gott, du kannst ein Arsch sein ein Trauerspiel und das, mit Blick auf das Genre dieses Films, nicht im guten Sinne. Vor allen Frau Irslinger, die Protagonistin Steffi darstellt, scheint fast die gesamten 98 Minuten hinweg nicht zu wissen, was sie mit ihrer Rolle anstellen soll.

Weder habe ich ihr bei der Sichtung des Films abgekauft, dass ihre Figur in irgendeiner Form ihr Schicksal verarbeitet oder überhaupt versteht, noch ließ sich ablesen, dass der romantische Part ihres Roadtrips auch nur ansatzweise Hand und Fuß hat. Irslinger lacht, beziehungsweise gackert viel, guckt mal böse drein und drückt sich auch mal eine einzelne Träne aus dem Auge. Gutes Schauspiel sucht man jedoch vergebens.

Schweiger, der sich, wie eben bereits angedeutet, durchaus Mühe gibt, spielt nichtsdestoweniger fast durchgehend sich selbst. Also genau die Person, die er am besten darstellen kann. Dadurch ist es mal wieder völlig egal, welche Persönlichkeit seine Figur eigentlich haben soll. Ihr zahlt für Schweiger, ihr bekommt Schweiger. Punkt. Abgesehen natürlich von diesem einen, völlig von dem Rest der Geschichte losgelösten Moment, in welchem der gute Mann dem unnötig nörgelndem Kritiker endlich beweisen will, was in ihm steckt.

In einem Massaker von Mienenspiel durchläuft Herr Schweiger alle möglichen Grimassen zu denen er in der Lage ist, um darzustellen, wie verzweifelt seine Figur ist und wie unmöglich es für diese ist, die eigenen Gefühle zu verarbeiten oder gar zu begreifen. Netter Ansatz, jedoch fürchterlich umgesetzt. Wenn er mit seinem Spiel überhaupt etwas erreicht hat, dann, dass man sich kurz Sorgen macht, er könne gerade einen Schlaganfall erleiden.

Und mehr gibt es über Gott, du kannst ein Arsch sein auch nicht zu sagen. Mit dem Buch hat das Werk nichts zu tun und für sich alleine gestellt ist es absolut durchschnittlicher, eigentlich sogar unterdurchschnittlicher Murks, der sich offensichtlich nur oberflächlich Gedanken darüber macht, was er eigentlich aussagen und dem geneigten Zuschauer zeigen will. Inklusive völlig irrelevanter Einlagen wie Benno Fürmanns neuester Erlaubnis, „Ihr Fot***“ schreien zu dürfen.

Fazit

Gott, du kannst ein Arsch sein hat nicht viel, eigentlich fast gar nichts mit der Buchvorlage zu tun. Die angestrebten Aussagen verlaufen sich von Minute zu Minute immer mehr in oberflächlichen Klischees, die sich als unausgereift, um nicht zu sagen stumpfsinnig entpuppen. Das Schauspiel fast aller Beteiligten ist, um es vorsichtig auszudrücken, unmotiviert und es gibt eigentlich nichts, was dieser Film auch nur annähernd so gut macht wie andere Filme mit gleicher Prämisse. Ein Film, dem ich niemanden empfehlen kann.

Bewertung: 2/5**

Frimkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 21.09.2020