„Greenland“ Filmkritik

  

Katastrophenfilme sind oft wie die das Desaster selbst, das in dem Werk gezeigt wird. Entweder schlagen sie ein wie der Komet, der meist im Mittelpunkt der Ereignisse steht, oder sie sind einfach nur eine … Katastrophe. Ganz selten gibt es auch Filme, die irgendwo dazwischen liegen, die bleiben aber schon aus offensichtlichen Gründen selten jemandem in Erinnerung. Zum Glück gehört Greenland von Regisseur Ric Roman Waugh eher zu der Art Werken, die man gerne gesehen haben kann.

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Greenland – Zur Handlung

Es ist wieder einer dieser typischen Tage in der Welt der totalen Zerstörung. Ein Komet fliegt extrem dich an der Erde vorbei, wird unseren schönen, blauen Planeten aber tatsächlich nicht treffen. Ganz im Gegensatz zu dem Trümmerfeld aus abgebrochenen Teilstücken des Gesteinsbrocken, die dem fliegenden Unheil als Schweif folgen und zu Dutzenden auf die Erde stürzen. Das Ausmaß der Schäden ist gigantisch und die NASA ist sich sicher, dass das größte Bruchstück des Kometen das Leben auf der Erde fast komplett auslöschen wird.

Für den Architekten John Garrity (Gerard Butler) sind das genauso schlimme Nachrichten wie für den Rest der Menschheit, doch er, seine Frau Allison (Morena Baccarin) und ihr gemeinsamer Sohn Nathan (Roger Dale Floyd) haben trotzdem Grund zur Hoffnung, denn sie wurden durch Zufall dafür ausgewählt, in streng geheime Bunker gebracht zu werden, wo sie mit anderen Glücklichen den Einschlag überleben würden und Teil derer wären, die die Welt nach der Katastrophe wieder aufbauen.

Doch wie so oft kommt es erstens anders und zweitens als gedacht. Aufgrund eines Problems auf der Militärbasis, von der aus John und seine Familie zu den Bunkern geflogen werden sollen, wird die kleine Familie voneinander getrennt und sowohl der Protagonist als auch seine Frau und sein Sohn müssen einige Gefahren überstehen, um wieder zueinander zu finden und es noch rechtzeitig nach Grönland zu schaffen, wo die besagten Bunker die letzte Chance aufs Überleben darstellen.

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Greenland – Eine Kritik

Ob das Action-Drama von Ric Roman Waugh wissenschaftlich korrekt ist, darüber möchte ich an dieser Stelle nicht diskutieren. Zum einen schon, weil sich diese Frage schwer beantworten lässt, zum anderen, weil die Antwort so oder so kaum Auswirkungen auf die Gesamtqualität des Films hat. Denn Greenland ist nichtsdestoweniger sehr atmosphärisch, vollgestopft mit vielen schönen sowie bedrohlichen Aufnahmen und ein paar echten Hinguckern in Sachen CGI.

Letzteres kommt für einen Film dieser Art jedoch herzlich selten zum Einsatz, stattdessen konzentriert sich die Handlung weitgehend darauf, die verschiedenen Arten zu zeigen, wie Menschen in solch einer wortwörtlich katastrophalen Situation reagieren beziehungsweise sich verhalten. Greenland deckt in dieser Hinsicht beinahe das ganze Spektrum ab, beschäftigt sich aber im gleichem Atemzug weniger mit dem Wie und Warum und mehr damit, dass John und seine Familie auch ordentlich zu tun haben.

Der Aspekt des Menschlichen kommt hier also nur relativ gering zum Tragen, was Waughs Werk für solche unter euch uninteressant macht, die mehr Wert auf das Drama und weniger auf die Action setzen. Wer aber gerne sieht, wie sich die Helden abmühen und Minute für Minute ihr Recht verdienen, zu den Überlebenden zu gehören, ist hier genau an der richtigen Stelle. Leute die aus Verzweiflung zu Mördern werden, bewaffnete Plünderer, geschmolzener Meteoritenregen, explodierende Flugzeuge und brennendes Alles. Hier wird wirklich eine Menge an schrecklichen Möglichkeiten abgedeckt.

Trotzdem bemüht sich Greenland beinahe durchgängig, etwas mehr auf dem Boden des Realismus zu bleiben, anstatt sich beständig selbst zu überschlagen und uns als Augentiere minütlich zu befriedigen. Die gelegentlichen ruhigen Phasen und das Auge fürs Detail machen den Film daher auch für jene unter euch zu einem guten Filmerlebnis, die ein bisschen genauer hinsehen und sich selbst nicht als Freunde von oberflächlicher Unterhaltung bezeichnen würden.

Dies geht sogar soweit, dass ich, der bei diesem Thema eigentlich selten nette Worte findet, sogar den Einsatz der Statisten loben muss, die tatsächlich nicht nur dumm im Hintergrund rumstehen und nach der einen Aufgabe, die sie vom Regisseur bekommen haben, Löcher in die Luft starren. Nein, auch diese Schauspieler auf kleinem Fuß geben sich sichtlich Mühe und tragen damit effektiv dazu bei, dass Greenland sich rund, ordentlich und sogar ein bisschen echt anfühlt.

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Greenland – Keine Katastrophe, aber …

Doch solltet ihr euch auch darüber bewusst sein, dass Filme in diesem Subgenre nur selten einwandfrei sind und keinen Platz für negative Kritik zulassen. Dieser Umstand schließt auch Greenland nicht aus, der durchaus hier und dort mit einigen Lücken im Plot zu kämpfen hat. Der Gebrauch von vielen Klischee-Haltestellen und die Logiklücken, die trotz aller Mühe von Drehbuchautor und Regisseur, genau dies zu verhindern, trotzdem entstanden sind, können das Filmerlebnis etwas trüben.

Dies gilt insbesondere für das Ende, das nicht nur als inkonsequent bezeichnet werden muss, sondern auch als Beleidigung für fast alles, was im Vorfeld aufgebaut wurde. Von der unglaublich kitschigen Schlussszene ganz zu schweigen.

In Sachen Schauspielkunst gibt es zum Glück kaum etwas zu bemängeln. Die Figur der Allison ist zwar erschreckend unsympathisch geschrieben, wird von Darstellerin Morena Baccarin jedoch zumindest glaubhaft dargestellt. Gerard Butler tut mal wieder das, was er am besten kann, nämlich mürrisch dreinblicken und zwischen gequältem und fragendem Gesichtsausdruck hin und her wechseln.

In diesem Bereich bleibt in erster Linie der Jungdarsteller Roger Dale Floyd im Gedächtnis, der den Sohn der beiden verkörpert, Nathan. Der kleine Floyd macht einen immens beeindruckenden Job und verkauft seine Rolle erstklassig und mit einem guten Gefühl für die entsprechenden Szenen. Sollte dies an seinem eigen Talent liegen und nicht an exzellenter Führung des Regisseurs, dann hoffe ich, dass wir von ihm in Zukunft noch deutlich mehr zu sehen bekommen.

Fazit

Ric Roman Waughs Katastrophenfilm Greenland macht sicherlich nicht alles richtig und vor allen Dingen der übermäßige Einsatz von zu klischeebeladenen Zwischenstopps und oberflächlicher, teilweise zu sehr gewollter Dramatik kann das Filmerlebnis durchaus trüben, doch unterm Strich ist das Werk nicht nur spannend, sondern auch sehr atmosphärisch und visuell äußerst zufriedenstellend. Die Akteure machen einen durchgehend guten Job und gerade der kleine Roger Dale Floyd bleibt als talentierter Darsteller in Erinnerung.

Bewertung: 4/5****

Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 22.10.2020