Ocean´s 8 Filmkritik

  

Eine bekannte Filmreihe neu aufzulegen, beziehungsweise weiterzuführen, indem auf einen (beinahe) rein weiblichen Cast gesetzt wird, darf als zweifelhafte Entscheidung angesehen werden. Dem Kino konsumierenden Teil der Welt ist der Umstand, dass Frauen genauso clever, humorvoll und professionell sein können wie Männer bereits bekannt. Gleichsam ist das Zielpublikum um Längen nicht so stark, wie Hollywood sich dass vielleicht ausgerechnet haben mag.

oceans 8 Hedaer Kinostart US

Der große Coup ...

Ist Danny Ocean tot? Man weiß es nicht. Und für den Plot von „Ocean´s 8“ ist diese Information auch wenig interessant, sind die einstigen Akteure der Oceans-Reihe doch nur noch dafür gut, sich ordentliche Seitenhiebe von ihren rein weiblichen Konkurrenten einzufangen. Schwesterchen Debbie hat die letzten fünf Jahre im Knast dafür genutzt, sich einen ordentlichen Diebstahl auszudenken, der ihren Bruder neidisch werden lassen könnte. Und das soll auch jeder wissen.

Auf einer Spendengala möchte die diebische Elster ein Diamanten-Collier klauen, dessen Wert sich auf 150 Millionen Dollar schätzen lässt. Zu ihrer Unterstützung holt sie sich eine bunte Riege an Frauenpower mit ins Boot, die alle weniger durch ihre ausgefeilte Hintergrundgeschichte beeindrucken als viel mehr durch ihr schauspielerisches Talent. Alles was jetzt noch fehlt, ist ein guter Grund, solch einen Film überhaupt zu verwirklichen ...

Debbie und ihre Spießgesellen

Im Fall von „Ocean´s 8“ steht die Frage der Daseinsberechtigung an vorderster Front, hat die Pate stehende Reihe von Regisseur Steven Soderbergh („Ocean´s Eleven“, „Traffic“, „Magic Mike“) mit „Ocean´s 13“ doch ihr notwendiges Ende gefunden. Nun liegt es an Gary Ross („Die Tribute von Panem“, „Pleasantville“, „Seabiscuit“) zu beweisen, dass die Damen der Traumfabrik dort besser ansetzen können, wo die Herren der Schöpfung bereits das Ende des Wegs erreicht haben.

Nicht sonderlich überraschend gelingt ihm dies nur äußerst bedingt, eigentlich gar nicht. Zwar hat das Werk des „Die Tribute von Panem“-Regisseurs einige clevere Ansätze und gleichzeitig eine wirklich starke Riege an erstklassigen Schauspielerinnen, doch lässt „Ocean´s 8“ das Selbstbewusstsein und die großartige Inszenierung seiner/ihrer Vorgänger vermissen.

Die freche Art, mit welcher die Filme rund um George Clooney Logiklöcher im Plot einfach ignoriert haben und rasant darüber hinweg gerast sind, weicht nun dem Versuch, den Raubüberfall nachvollziehbar wirken zu lassen. Gespickt mit vielen spitzzüngigen Bemerkungen natürlich, die Waffen stets in Richtung Prequel-Trilogie, die Welt der Männer und Hollywood selbst gerichtet. Im Ansatz eine gute Idee, in der Umsetzung lediglich einigermaßen gelungen.

„Ocean´s 8“ dümpelt die meiste Zeit vor sich hin, badet sprichwörtlich in seinem arroganten Irrglauben, alles besser zu machen. Stattdessen kann das Werk nur deswegen überhaupt trumpfen, weil seine Akteure auf höchstem Niveau schauspielern, sich gleichsam den Spaß an der Arbeit anmerken lassen. Die Geschichte selbst zieht sich stellenweise endlos in die Länge, verplempert viel zu viel Zeit darauf, ein sichtbar komödiantischer Krimi zu sein, statt seinen eigenen Idealen und Ideen wirklich Folge zu leisten.

Die Stärke von Ross‘ Film liegt in den amüsanten, bissigen Kommentaren und der letzten halben Stunde, welche das Tempo noch einmal deutlich steigert. Den Rest der Arbeit übernehmen Sandra Bullok, Cate Blanchett, Rihanna und Anhang. Auf ihnen lastet die Profession des gesamten Films, doch scheint es oftmals so, als würden sie unter dieser Last zusammenbrechen, können sie doch meist nicht viel mehr aus ihrer Figur rausholen als das Drehbuch erlaubt.

Lediglich in den wenigen Momenten, in welchen die Damen frei Schnauze agieren dürfen und es dem Zuschauer schwer fällt die Schauspielrinnen von ihren Rollen zu unterscheiden, kommt etwas Fahrt auf, doch meist beschränken sich auch diese Momente darauf, den Vorgängerfilmen, Hollywood und allen Machos da draußen, ordentlich Pfeffer zu geben. Dabei bleibt die eigentliche Handlung im Hintergrund, wird mehr zu einem notwendigen Übel anstatt Dreh- und Angelpunkt des cineastischen Ausflugs zu sein.

Von diesen, eben erwähnten Momenten mal ganz abgesehen, fehlt es Ross‘ Werk vorne und hinten am notwendigen Biss. Der Versuch, den Heist etwas plausibler, logisch besser durchdacht wirken zu lassen, nimmt dem gesamten Abenteuer leider die notwendige Geschwindigkeit, lässt „Ocean´s 8“ immer wieder äußerst träge, manchmal sogar unnötig selbstverliebt wirken. Gary Ross arbeitet gleichzeitig strikt nach Schema F, lässt kreative Ausbrüche und originelle Ideen vermissen.

Wie bereits angeschnitten kommt erst im letzten Teil des Films etwas Fahrt auf. In der halben Stunde vor den Credits wird aus dem Film genau das, was er in der gesamten Zeit zuvor bereits hätte sein sollen. Leider viel zu spät. Der nun eingeführte, einzig männliche Hauptdarsteller, James Cordon („Into The Woods“, „Kill Your Friends“), sorgt zwar noch einmal für eine gewisse Abwechslung und spielt gleichsam keinen Deut schlechter als seine weiblichen Kollegen, kann den Karren nichtsdestoweniger auch nicht mehr aus dem Dreck ziehen.

Danke, Anne

Der größte Propunkt dieses Werks liegt darin, wie überzeugend, teilweise sogar fantastisch die Damen Hollywoods hier agieren. Vor allen Dingen Sandra Bullock („L.A. Crash“, „Gravity“, „Die Jury“) und Kate Blanchett („Thor 3“, „Babel“, Aviator“) sorgen für den nötigen Schwung, der aus „Ocean´s 8“ eigentlich äußerst trägen Vorgehensweise ein sich lohnendes Kinoerlebnis gestalten. Zusammen mit James Corden kneten diese beiden — äußerst ironisch erst nach dem Überfall selbst — eine starke, letzte halbe Stunde.

Der wirkliche Dank gebührt jedoch Anne Hathaway („Interstellar“, „The Dark Knight Returns“, „Brokeback Mountain“), welche nicht nur in den ersten zwei Dritteln hervorsticht, sondern auf der Zielgeraden noch einmal richtig Tempo vorlegt, aus ihrer herrlich selbstironischen Rolle das potenziell Meiste heraus holt. Sie ist es letztendlich, welche wirklich in Erinnerung bleibt. Alle anderen haben ihre Momente, spielen auf höchstem Niveau und sind trotzdem nur so stark wie der Film selbst.

Fazit

Die Idee des Raubüberfalls ist ziemlich gut durchdacht, die Aufmachung des Films selbst leider nicht. Die meiste Zeit dümpelt „Ocean´s 8“ lediglich vor sich hin, badet lieber in der Sonne seiner eigenen lustigen Anspielungen und frechen Bemerkungen seitens der Akteurinnen. Gary Ross‘ Werk ist — abgesehen von der letzten halben Stunde — viel zu langsam, hat wenig gute, eigene Ideen und vor allem kaum Daseinsberechtigung im Sinne des Titels.

Bewertung: 2/5**

Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 21.06.2018