Power Rangers Filmkritik — Ich bin ein Rita-Fan

  

Ich versuche vorsichtig wie ein Elefant im Porzellanladen diese Einleitung zu schreiben, ohne Fans der originalen Power-Rangers-Serie auf die Füße zu treten. Ein schweres Unterfangen, welches ich — wie ihr gleich lesen werdet — direkt aus offensichtlichen Gründen wieder aufgebe. Die Liebe zu einer Show wie dieser ist irrational und stark von der persönlichen Situation abhängig. Anders kann man den Erfolg von solch einem Schwachsinn nicht erklären. Oh, ja. Auch ich habe mir diesen Trash angesehen und war großer Fan. Doch unter uns: mein Gehirn mag zu dieser Zeit nicht mit der Temperatur eines Brennofens gearbeitet haben …

PowerRangers

Go, go, Power Rangers!

Die Qualität der beliebten Serie kann sich durchaus mit dem Lohn der damaligen Schauspieler vergleichen lassen. In beiden Fällen kratzte der Marker an der Falltür zum Keller. Bis heute — und ja: die Show läuft noch immer — hat sich daran nicht viel geändert. Und ganz unter uns: sehr wahrscheinlich ist dies auch das (nicht allzu) große Geheimnis hinter dieser Produktion. Seichte Unterhaltung, coole Mechs, abgefahrene Outfits/Monster und genug Blödsinn, um das Kind in uns zufrieden zu stellen.

Die weitaus bessere Frage wäre an dieser Stelle: wie soll das bitteschön als AAA-Kinofilm aussehen? Ihr könnt vielleicht nachvollziehen, weshalb ich mit nicht sonderlich viel Erwartung in die Pressevorführung gewandert bin. Ein Reboot/Remake von solch einem Irrwitz und das auch noch als äußerst ernst gemeinter Konkurrent für andere große Sci-Fi-Titel dieses Jahres. Ein Schelm, wer hier vermutet, ich rede um den heißen Brei, um das Offensichtliche hinauszuzögern und euch dadurch bei der Stange zu halten. Also lasse ich die Katze hier einfach aus dem Sack: Dean Israelites „Power Rangers“ ist überraschend gut, unterhaltsam und an einigen Stellen sogar erinnerungswürdig .

Natürlich gab es eine ganze Wagenladung voll an Veränderungen zum Original. Die Geschichte und viele der Details wurden dem heutigen Publikum angepasst und sind auf die aktuelle Vorliebe des gemeinen Kinogängers abgestimmt. So wird aus der Hexe Rita Repulsa die heute äußerst beliebte, sexy Zombie-Hexe und dass der dunkelhäutige Darsteller nicht den schwarzen und der asiatische Kollege unmöglich den gelben Ranger spielen kann, versteht sich bei der allgemeinen Empörung, die mittlerweile ja schon zum guten Ton gehört, von selbst.

Nicht ohne ein Augenzwinkern von Seiten der Drehbuchschreiberlinge möchte ich meinen. Verschiedene Farben. Verschiedene Kinder. Verschiedenfarbige Kinder. He, he … Trotz der erwähnten Änderungen und einem deutlichen Qualitätsanstieg liegt der ursprüngliche Flair jedoch noch immer in der Luft. Der Sprung von Serie zu Film ist vergleichbar mit den aktuellen Marvel- und DC-Produktionen und arbeitet auf einem ähnlichen Level.

Gleichsam ist der gesamte cineastische Ausflug mit allerlei Anspielungen auf das Original gespickt. Manchmal subtil und nur etwas für echte Kenner und dann wieder so plump und frech aufs Auge gedrückt, dass ich den Verantwortlichen nicht einmal böse sein konnte, sondern minimal beschämt losgelacht habe. „Power Rangers“ richtet sich mit seinem gesamten Aufbau/Konzept direkt an die Fans der 1990er Serie. Eben solche, die mit dem Stoff aufgewachsen sind, ihn hinter sich gelassen haben und heutzutage immer mal wieder schmunzelnd daran zurück denken.

Im folgenden Atemzug empfiehlt sich der Streifen aber auch für aktuelle und in der Regel deutlich jüngere Fans und Unwissende gleichermaßen. Was man mitbringen muss ist eine ordentlich Liebe zu der Materie, dem Sci-Fi-Genre und Origin-Geschichten, die den typischen Schmalz von Teenies im Heldengewand mit sich bringen. Ich rate außerdem dazu, sich eine dicke Haut gegen Logiklöcher und allerlei Ungereimtheiten anzulegen, bevor der Kinosaal betreten wird.

Überraschend gut

Die Zwischenüberschrift bringt es eigentlich bereits auf den Punkt. So ziemlich alles an diesem Werk ist, abgesehen von den üblichen Verdächtigen wie Plot, Logik und schauspielerisches Talent, überraschend gut. Das beginnt bei den fast ausnahmslos unbekannten Darstellern, die bei weitem nicht so schlecht sind, wie ich befürchtet habe (Schande über mein Haupt), deckt Stilmittel wie Kamerafahrten, Schnitt und Bildeinstellungen ab und endet mit einer gut abgeschmeckten Prise Humor.

Das massenweise zur Anwendung gekommene CGI strahlt leider nicht in jeder Hinsicht, kann sich über weite Strecken jedoch sehen lassen. Einen wirklich faszinierenden Aspekt finden wir jedoch leicht abseits von dieser Betrachtung und zwar bei den Elementen, welche die Serie damals so charakteristisch gemacht haben. Was die Zurschaustellung der Ranger-Anzüge und ihrer Zords/Mechs angeht, wurde nämlich sparsam gewürzt. Und diese Vorgehensweise zahlt sich im Endeffekt für den Film aus.

Seid jetzt aber bitte auch nicht zu aufgeregt und gehyped. „Power Rangers“ mag zwar spaßig sein, sollte aber nicht mit anspruchsvolleren Konkurrenztiteln verwechselt werden. Der Streifen ist Hirnauskino der ersten Güte. Tauscht eure Fragen und logische Denkweise an der Kasse gegen Popcorn ein, erfreut euch an dem, was euch geboten wird und ihr fahrt auf der sicheren Seite. Aber jetzt mal unter uns: wer geht denn bitteschön in diesen Film und erwartet …. ich weiß nicht. Kunst?

Rita, Rita, Rita

Zum Abschluss quäle ich euch noch mit einem Anliegen, das mir persönlich am Herzen liegt. Normalerweise bin ich ja kein allzu großer Fan von solch starken Abweichungen zum Original. Lasst euch also zugesteckt sein, dass ich von der sexy Rita, gespielt von Elizabeth Banks, nicht unbedingt angetan war. Im Trailer. Aber verflucht und dreimal daneben gehauen, für mich persönlich hat sie den sprichwörtlichen Vogel abgeschossen. Mit Inbrunst gespielt und voller Hingabe zur Figur und der Welt.

Mit der alten Rita aus der Serie hat das absolut nichts mehr tun und doch war es eine der besten Entscheidungen, diesen Weg zu gehen. Der weibliche Antagonist ist so sehr viel schrecklicher und gleichsam auch unterhaltsamer. Sie bietet dem Film einen großen Batzen Mehrwert und ich hoffe, wir sehen die Figur in der Zukunft wieder …

Fazit

Bringen wir es auf den Punkt: „Power Rangers“ ist überraschend gut. Und das in jeder Hinsicht. Auf der Kontraseite könnt ihr die für solch einen Titel üblichen Verdächtigen ankreuzen, abseits davon kann selbst der berühmte Motzeopa mit dem Kissen auf der Fensterbank keine Ansatzpunkte mehr finden. Blöd ohne Ende, ja. Aber auch unterhaltsam. Zwei Stunden vergingen für diesen Kritiker wie im Flug und ich habe der abgesessenen zeit nicht unbedingt hinterher getrauert. Für das, was der Film letztendlich wirklich sein will, haben die Verantwortlichen einen formidablen Job erledigt.

Power Rangers startet morgen, Donnerstag 23.03.2017 in den deutschen Kinos.

Bewertung: 3/5***

Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 22.03.2017