"Robin Hood" Filmkritik — Mir deucht, der Fuchs ist Robin Hood

Der Star aus "Kingsman: The Secret Service", Taron Egerton, schlüpft in "Robin Hood" in die Haut des namensgebenden Helden und präsentiert sich damit als neues Gesicht zu einer beinahe schon ehrfurchtgebietenden Figur. Mit Kevin Costner und Russell Crowe gab es schließlich gleich zwei große sowie großartige Schauspieler, die in genau dieser Rolle bereits brilliert und die vielfach interpretierte Sagengestalt zu einem Muss für jeden Cineasten gemacht haben. Cary Elwes aus der Mel-Brooks-Version darf ebenfalls entsprechend genannt werden.

RobinHood

Während sich der Film in Sachen Zeitlinien mehrere Freiheiten herausnimmt, hält er sich im Bereich der Handlung weitgehend an die allseits bekannte Geschichte, auch wenn es hier immer wieder Abänderungen gibt, die für einen neuen Flair sorgen sollen. Schließlich soll verhindert werden, dass sich die Veteranen unter den Kinogängern zu schnell langweilen.

Was ihr also bekommt, ist ein Robin von Locksley, welcher in einem Kreuzzug zu kämpfen hat, in die Heimat zurückkehrt und vor den sprichwörtlichen, wie buchstäblichen Ruinen seines Lebens steht. Um der Korruption in seinem Land den Gar auszumachen, schlüpft er in die Rolle eines Halunken, der den Reichen nimmt und es den Armen gibt. Abgesehen von kleinen und manchmal auch größeren Freiheiten im Detail bleibt der grundlegende Stoff also derselbe.

Trommelfeuer aus der Pfeilkanone

Zwei Filme, die mir beim Sichten des neuen Robin Hoods in den Sinn kamen, sind "Dracula Untold" und "King Arthur". Beide Werke, genauso wie dieses cineastische Abenteuer von Regisseur Otto Bathurst ("Black Mirror", "Peaky Blinders", "Hustle"), bedienen sich einer weltweit beliebten, legendären Figur, welche schon mehrfach in Kinofilmen zu sehen war, und geben ihr einen völlig neuen Anstrich. Mit Jugendsprache, Anspielungen auf aktuelle Themen und jeder Menge Bombast soll etwas geschaffen werden, was vertraut wirkt aber sich dennoch frisch und unverbraucht anfühlt.

Um dieses Konstrukt zu schaffen, wurde viel von dem wohlbekannten Stoff beibehalten, genauso viel abgeändert und technisch auf Hilfsmittel gesetzt, die in anderen Werken durchaus für Staunen gesorgt haben, sich hier jedoch irgendwie falsch anfühlen. In dieser modernen Variante der spätmittelalterlichen Ballade wird darauf verzichtet, allzu sehr auf Realismus und chronologische Logik zu setzen, stattdessen wird auf visuelle Gewalt und Action vertraut.

Statt sich also zu lange mit Beweggründen, Charaktertiefe und einer durchgängig logischen Handlung aufzuhalten, gibt es viele Explosionen, Waffen, die es weder damals noch heute gegeben hat, unpassend semi-charmante Sprüche und eine Mischung aus Locations und Kostümen, die jeden Historiker dazu verführen kann, sich einen Strick zu nehmen. Als belanglose Abendunterhaltung das passende Äquivalent zur lauwarmen Gemüsesuppe, als ernstzunehmender Film nichtsdestoweniger alles andere als akzeptabel.

Modern ≠ Besser

Zum Glück möchte "Robin Hood" nicht wirklich ernst genommen werden, der Streifen soll lediglich unterhalten und Spaß bereiten, was ihm hier und dort auch tatsächlich gelingt. Unterm Strich ist das Werk von Herrn Bathurst jedoch zu sehr bemüht, es allen und jedem Recht zu machen, klaut für dieses hehre Ziel an übermäßig vielen Ecken und Enden, beziehungsweise bei jeder vergleichbaren Produktion der vergangenen Jahre und zerstückelt damit das eigene Konstrukt so weit, dass zum Abspann hin kaum zu sagen ist, was man da eigentlich gesehen hat.

Die Handlung spielt in einer Version Nottinghams, die sich anfühlt und visuell ausschaut, als wäre der geneigte Zuschauer in ein Spin-Off der Tribute von Panem geraten, belebt durch Charaktere, deren Kostüme irgendwo zwischen Rollenspiel und aktuellem, modernen Modetrend angesiedelt wurden. Statt sich jedoch auf eine Variante zu einigen, beispielsweise nur historisch akzeptabel oder eben durchgehend fantastisch, springt "Robin Hood" zwischen beiden Extremen hin und her, lässt Konsequenz vermissen.

Eine Vorgehensweise, die in allen anderen Belangen ebenfalls zum Tragen kam, beziehungsweise kommt. Optisch sowie handlungstechnisch findet der Film keinen Mittelpunkt, kommt weder zur Ruhe noch kann er sich entscheiden, was er denn nun eigentlich sein will. Dabei ist die einzige, konstante Aussage, welcher sich der gemeine Kinogänger wirklich sicher sein kann, die, der heutigen Jugendkultur gefällig sein zu wollen. Ein Akt, der vielleicht gelungen ist, dem Gesamtbild dieses Werks jedoch nicht sonderlich gut tut.

Otto Bathursts Film verkommt damit zu einem Produkt, welches sich schwer mögen lässt, dem es an Größe und Qualität fehlt, um mehr zu sein, als lediglich einmalige Abendunterhaltung über die im Nachhinein niemand mehr ein Wort verliert. Selbst der verzweifelte Versuch, auf aktuelle Themen unserer Realität anzuspielen - wie Korruption in der Kirche, politische Skandale und gesellschaftliche Ungerechtigkeit -, bleibt letzten Endes genau das: ein Versuch.

Gelangweilte Superstars

Die schauspielerische Leistung der eingespannten Stars ist durchgehend gleichzusetzen mit dem Niveau des Erzählstils und der Akkuratesse des Films. Das, was gut ist, wird nicht hochwertig umgesetzt und das, was bereits im Ansatz nach einer schlechten Idee klingt, dümpelt belanglos vor sich hin. Quasi genauso wie das Schauspiel von Eve Hewson ("Bridge of Spies", "Papillon"), welche die Lady Marian verkörpert. Ihren qualitativ gehobeneren Parts fehlt es sichtlich an Interesse, diese auch entsprechend umzusetzen, die minderwertigen Ausarbeitungen im Drehbuch verschläft sie dafür gänzlich.

Ähnlich lieb- und lustlos dümpelt Jamie Foxx ("Django Unchained", Collateral", "Ray") als Little John von Szene zu Szene. Dem geschulten Auge stellt sich bei seiner Performance oftmals die Frage, wer ihn eigentlich dazu gezwungen hat, hier mitzuspielen und wie schlecht es ihm finanziell geht, dass er sich darauf eingelassen hat. Letzten Endes hatte er jedoch die Wahl, beziehungsweise die Möglichkeiten, aus seiner Figur etwas zu machen. Ob er sich bewusst dagegen entschieden hat, oder schlichtweg nicht wusste wie, spielt nun, im Nachhinein, auch keine Rolle mehr.

Wenigstens hatte er Optionen, was man von Jamie Dornan, bekannt aus "Once Upon A Time - Es war einmal...", nicht sagen kann. Sein Akt als Will Scarlett wurde so flach und belanglos entworfen, dass es dem besten Schauspieler nicht möglich gewesen wäre, daraus etwas zu machen. Ähnlich ergeht es vielen anderen Nebenfiguren/Darstellern in diesem Film. Lediglich Hauptdarsteller Taron Egerton und der von Hollywood neuerdings primär als Bösewicht verwendete F. Murray Abraham ("Amadeus", "Grand Budapest Hotel", "Forrester - Gefunden!") schaffen es hin und wieder, überdurchschnittlich gut zu agieren.

Fazit

"Robin Hood" ist einer dieser Filme, die ihr getrost mit selbstgemachten Popcorn und dem Erfrischungsgetränk eurer Wahl am heimischen Fernseher genießen könnt. Bestenfalls an einem verregneten Samstagabend, wenn andere Formen der Unterhaltung sprichwörtlich ins Wasser fallen. So macht ihr nicht viel falsch und umgeht, von einem Streifen enttäuscht zu werden, der lediglich den Pubertierenden unter uns wirklich Spaß bereiten kann. Als einmaliges Kopf-Aus-Kino durchaus okayisch, als ernstgemeinter Blockbuster kaum mehr als ein Blindgänger.

Bewertung: 2/5**

Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 08.01.2019