"The Equalizer 2" Filmkritik - Die Mussnichtsein-Fortsetzung

Manchmal kann es doch unglaublich befriedigend sein, wenn die gesellschaftlich allgemein als böse Anerkannten, Gerechtigkeit im karmischen Umfang erfahren. Da sich viele darüber einig sind, dass dies in der heutigen Zeit zu selten passiert, suchen sie nach passendem Ersatz aus dem Hause Hollywood. Der Ex-Killer der US-amerikanischen Regierung, Robert McCall, sorgt ab dem 16. August wieder dafür, dass dieser Wunsch in Erfüllung geht, dass die Guten gerächt und die Unrechten bestraft werden.

Dabei schlüpft Denzel Washington erneut in die Rolle des ehemaligen Hitmans; übrigens das erste Mal in seiner vierzigjährigen Karriere, dass der Schauspieler sich zu einem Sequel breit schlagen lies. Ob diese Entscheidung die richtige war, könnt ihr bereits lose der Überschrift entnehmen. Warum sich ein Besuch im Kino vielleicht trotzdem lohnt, erfahrt ihr hier.

Equalizer 2 Kinostart Header DE

Der Plot

Nach den Ereignissen in "The Equalizer" ist Ex-Agent Robert McCall (Denzel Washington), wieder untergetaucht und lebt sein Leben; abseits von Regierungsaufträgen und Kriegsgegnern, die ins Gras beißen müssen. Stattdessen verwendet er noch immer Können und Ausbildung dafür, um dem kleinen Mann von der Straße zur Seite zu stehen. Er erteilt Ganoven eine Lektion, wischt Graffiti von den Häuserwänden und, wenn es nicht anders geht, jagt er einem fiesen Kerl auch schon mal eine Kugel durch den Kopf.

Gerade als sich McCall um einen jungen Mann aus der Nachbarschaft kümmert, der droht, in einer Straßengang die Menschlichkeit zu verlieren, erreichen den einstigen Auftragskiller schreckliche Neuigkeiten. Seine ehemalige Chefin und gute Freundin, Susan Plummer (Melissa Leo), wurde während der Untersuchung eines Mordfalls selbst getötet. Robert ahnt, dass hinter dem vermeidlichen Überfall mit Todesfolge mehr steckt und beginnt mit der Recherche in eigener Sache ...

Ein warmes Gefühl

Das Schöne an "The Equalizer 2" ist, dass der Film dem Zuschauer erfolgreich einen Schleier aus Gerechtigkeit vorhält und es schafft, dass dieser Illusion einen kurzen Moment lang Glauben geschenkt werden kann. Es ist erschreckend befriedigend, wenn Denzel Washington ("Philadelphia", "Training Day", "American Gangster") in der Rolle des Robert McCall Weisheiten vom Stapel lässt, Lektionen erteilt und den schrecklichen Gestalten unserer Gesellschaft letztendlich den Garaus macht.

Washington verkörpert seine Figur wie bereits im ersten Teil mit einer angenehmen Ruhe und einem guten Auge fürs Detail. Doch funktioniert der Charakter letzten Endes nur deswegen so hervorragend, weil auch die Darsteller der Opfer sowie die der Täter es erfolgreich schaffen, sich wirkungsvoll zu präsentieren. Die Chemie, welche dadurch zwischen diesen drei Parteien entsteht, macht den Film von Antoine Fuqua so interessant.

Um ein solches Ergebnis zu erzielen, spielt der Regisseur immer wieder mit der Zeit, die sich für ein gewisses Detail oder gar ganze Szenen genommen wird. In wenigen Fällen scheint eine Sequenz daher äußerst kurz, während andere Bereiche merkbar in die Länge gestreckt wurden. Für die durchgehende, volle Aufmerksamkeit des geneigten Zuschauers, mag entsprechendes Vorgehn zwar kontraproduktiv sein, für den nötigen Effekt auf empathischer Ebene ist dieses Stilmittel jedoch erfolgreich.

Technisches Mittelmaß

Problematischer wird es beim generellen Aufbau, Hand in Hand mit dem gewählten Erzählstil. Fuqua springt zwischen den verschiedenen Handlungssträngen hin und her, ohne deutliche Trennungen geltend zu machen. Dadurch fällt es schwer, dem Plot einwandfrei zu folgen, Szenen wirken immer wieder irritierend, beinahe wie aus der Luft gegriffen. Es scheint fast so, als wollte der amerikanische Regisseur zu viele Geschichten auf einmal erzählen, ohne jedoch zu wissen, wie er all diese losen Enden sinnvoll miteinander verknüpfen kann.

Das Ergebnis sind unter anderem Logiklöcher im Plot, die sich mehr schlecht als recht ignorieren lassen. Zudem dürften dem aufmerksamen Zuschauer eine größere Menge Regiefehler ins Auge springen, die dem Werk, welches gerne ernst genommen werden würde, einiges an Glaubwürdigkeit kosten. Dadurch verdammt Antoine Faqua ("Training Day", "Southpaw", "Shooter") seinen Film zu Popcornkino, einer Produktion, die lediglich von ihren Figuren getragen wird, inhaltlich jedoch nur wenig bieten kann.

Währenddessen gibt es für das Auge kaum Berauschendes, sind doch sowohl Actionszenen wie auch der generelle Aufbau eher durchschnittlich hochwertig. Die Regiearbeit wirkt die meiste Zeit, als würde sich der Künstler dahinter steif an Lehren einer Hochschule für Film und Fernsehen halten. Alles, von der Bildeinstellung bis hin zum Schnitt, ist mittelmäßig, voller gleichwertiger Konkurrenz in tausendundeinem Mitbewerberfilm.

Im Gegensatz zu einem Keanu Reeves ("John Wick") ist Denzel Washington zudem deutlich weniger trainiert und auch ein gutes Stück älter, was sich in den raren Kampfszenen bemerkbar macht, die durch viele Schnitte an Tempo und Effekt verlieren. Dies geschieht zwar alles in einem akzeptablen Bereich und sorgt in keiner Weise dafür, dass "The Equalizer 2" ein schlechter Film ist, lässt das Werk im Vergleich mit ähnlichen Titeln jedoch schwach auf den Beinen wirken.

McCalls spezielle Fähigkeit, die potenziellen Bewegungsabläufe des drohenden Kampfes vorherzusehen und entsprechend zu reagieren, kommt im zweiten Teil deutlich weniger zur Geltung. Um genau zu sein, wurde sich von dieser Idee fast zur Gänze verabschiedet, der Fokus deutlicher auf den Plot gerichtet. Diese Entscheidung ist nicht nur bedauerlich, sorgte sie im Vorgänger doch für ein gewisses Alleinstellungsmerkmal im Bereich der Rachefilme, sondern auch kontraproduktiv, kann die Handlung diesen Wegfall schließlich nicht ausgleichen.

Zum Finale hin vermehren sich die schlechten Entscheidungen der Macher des Films leider. Zwar ist die Kulisse der letzten Schlacht äußerst eindrucksvoll, doch steht diese damit im krassen Kontrast zu der fast schon lächerlich lustlos wirkenden Idee, wie quasi alle offenen Fragen des Plots in einer einzigen Szene aufgelöst werden. Der Antagonist des Films ist ebenfalls äußerst wirkungslos, erscheint in seinen besten Momenten wie ein Abziehbildchen eines durchschnittlichen James-Bond-Bösewichts, zu anderer Zeit jedoch lediglich farblos und zweidimensional.

Fazit

Das neueste Werk von Antoine Faqua, "The Equalizer 2", weiß nicht so recht, was es eigentlich sein will. Zwischen Rache-Thriller und Agenten-Action springt der Film lust- wie meist auch ideenlos hin und her. Alleinstellungsmerkmale aus dem Vorgänger mussten einem deutlicheren Fokus auf den Plot weichen, eine Entscheidung, die der Produktion letztendlich nicht gut getan hat.

So lebt dieser filmische Ausflug ins Land der Gerechtigkeit hauptsächlich von Denzel Washingtons Leinwand-Charisma, der Empathie gegenüber den Opfern, dem Hass gegenüber den Tätern und der Chemie, die aus diesen drei Punkten entsteht. Abseits davon hat "The Equalizer 2" nur wenig zu bieten, bewegt sich technisch in einem beständigen Mittelmaß.

Bewertung: 2/5**

Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 10.08.2018