The Other Side of the Door - Filmkritik

  

Horrorfilme, die zum einen teils erstaunlich dumm zum anderen absolut vorhersehbar sind, sind leider keine Seltenheit. Ins Kino gehören sie irgendwie nicht, sondern eher ins Spätprogramm eines Senders wie Syfy. „The Other Side of the Door” fällt genau in diese Kategorie. Sicher, es gibt schlechtere Gruselansätze, aber selbst diese versuchen noch etwas Neues zum Genre des übernatürlichen Schrecken beizutragen. Keine Spur davon findet sich in „The Other Side of the Door”. Es ist die ausgelutschte Geschichte einer durchschnittlichen weiße Familie in ihrem Haus irgendwo im nirgendwo die von dem Geist eines Kindes heimgesucht werden. Das Ergebnis hat weder Blut, Schrecken noch erzählerischen Schwung. In den USA und UK legte „The Other Side of the Door” eine satte Bauchlandung im Angesicht des direkten Kontrahenten „10 Cloverfield Lane” hin, hierzulande könnte der Starttermin zwischen „The Witch“ und „The Conjuring 2“ eine kleine Rettung durch ganz verzweifelte Geisterfans bedeuten.

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The Other Side of the Door startet am 02.Juni in unseren Kinos.

In Indien nichts Neues

Noch immer ist die Forderung nach mehr Multikulturalität ein Thema. Und das im 21. Jahrhundert. Auch (oder insbesondere) in Hollywood. Vor und hinter den Kulissen dominieren weiße Gesichter. Aber selbst wenn über Multikulturalität gesprochen wird, denkt niemand an Filme wie „The Other Side of the Door”. Was allerdings daran liegen könnte, dass niemand wirklich einen Gedanken an Filme wie „The Other Side of the Door” verschwenden sollte. Völlig zu Recht, denn der Streifen ist das perfekte Beispiel, wie man ein einzigartiges Set-Up verschenkt, auf die Möglichkeit der Darstellung von Charakteren, die im Mainstreamkino so kaum zu sehen sind, verzichtet und sich stattdessen auf Menschen und einen Plot konzentriert, wie wir sie alle schon hunderte Male gesehen haben.

Es sind nämlich die beiden jungen Amis Maria (Sarah Wayne Callies) und Michael (Jeremy Sisto), die nach Indien reisen, nur um sich dort fürs dauerhafte Bleiben zu entscheiden, nachdem sie entdecken, dass Maria schwanger ist. Sechs Jahre gehen ins Land und das Paar trauert dem Verlust ihres Sohnes Oliver (Logan Creran) nach, der seinen Tod in einem tragischen Unfall fand. Dennoch versuchen sie ihre jüngste Tochter Lucy (Sofia Rosinsky) großzuziehen.

Maria plagen schwere Schuldgefühle und in der einzigen wirklich funktionierenden Sequenz von „The Other Side of the Door” wird enthüllt, warum dem so ist, kombiniert mit dem Versuch sich das Leben zu nehmen. Ihre Taten wühlen Michael nur weiter auf, lösen aber etwas in ihrer Haushälterin Piki (Suchitra Pillai) aus. Diese verlor nämlich selbst ein Kind und als sie Maria in ihrer Verzweiflung erlebt berichtet sie dieser von einen entlegenen Hindu Tempel. Dort können Besucher mit den Toten kommunizieren um sich von diesen zu verabschieden. Der Haken ist allerdings: Jeder kann die Pforte des Tempels nur einmal durchschreiten und Piki warnt Maria unter allen Umständen die Türe geschlossen zu halten, egal was passieren mag. Es ist wohl für niemanden eine Überraschung, dass Maria so ihre Schwierigkeiten hat diese Anweisungen zu befolgen.

Klischees, Exploitation und Vorhersehbarkeiten

Und so kommt es, wie es kommen muss. Maria schleppt Olivers Geist mit nach Hause und dieser macht es sich zur Aufgabe seinen Vater, die kleine Schwester und Piki zu quälen. Der blutleere Geist von „The Other Side of the Door” manifestiert sich in der abgedroschenen Kombination aus lauten Geräuschen, ein paar Jump-Scares, Smash Cuts und natürlich der unglaublich gruseligen Nutzung eines bekannten Songs (hier: „Heart and Soul“ als Pianoliedchen). In Deutschland wird die Altersfreigabe 12 wohl erreicht werden, jenseits des großen Teiches ging „The Other Side of the Door” völlig zu Unrecht mit R beziehungsweise 15 im Vereinigten Königreich an die Kinokassen. Fast möchte man hier eine herbeibestochene Verschärfung wittern um überhaupt irgendein Publikum in den Kinosaal zu locken.

Aber ein nerviger Poltergeist ist Regisseur Johannes Roberts, seines Zeichens mit Ernest Riera auch am Drehbuch schuld, in seinem ersten Hollywood-Streifen nicht genug. Deswegen legen die beiden noch die mysteriöse Hindusekte der Aghoris obendrauf. Da man über die eh kaum etwas weiß, gibt man sich auch nicht sonderlich viel Mühe mit deren Darstellung.

Bedenkt man, dass dies eine recht große Studioproduktion ist und der Film drinnen wie draußen in Indien gedreht wurde, so erstaunt es, dass Suchitra Pillais Piki die einzig wichtige Rolle im Film ist, die Indisch spricht. Die Schrecken, die über Maria und ihre Familie hereinbrechen hingegen sind so generisch, sie könnten aus jedem Winkel des Globus stammen. Hätten Roberts und Riera auch nur einen funken von anthropologischem Interesse im Leib, so wäre es ein Leichtes gewesen, einen frischen Ansatz zu finden. Indische Geistergeschichten gibt es in Hülle und Fülle. Aber von Interesse jenseits billiger Exploitation ist keine Spur. So bleiben eine irre Friedhofssekte, ein schmutziger Bettler, der an Michaels Autofenster klopft und ein Elendsviertel, in dem sich Maria auf der Suche nach Lucy verirrt.

Die kleinen Höhepunkte

Sarah Wayne Callies, den meisten sicher aus „The Walking Dead“ und „Prison Break“ bekannt, trägt souverän die Hauptlast der Action und versucht ihre flache Rolle mit mehr Präsenz und Rückgrat zu verfeinern, als diese verdient. Jeremy Sisto (zuletzt in „The Returned“ und „Wicked City“) existiert in weiten Teilen von „The Other Side of the Door” einfach gar nicht und wenn dann ist er so ein Angsthase, dass er überhaupt nicht ins Gewicht fällt. Sofia Rosinsky scheint den Film in ihrer Kindlichkeit überhaupt nicht ernst zu nehmen und den Film von innen heraus zu veralbern. Oder aber Roberts Verständnis eines gruseligen Kindes ist noch abgedroschener als der komplette Film und landet als unfreiwillige Parodie.

Neben dem zu Beginn erwähnten Flashback weiß dann nur noch Production Designer David Bryan zu punkten, indem er zu einem Zeitpunkt, an dem wirklich alles in „The Other Side of the Door” besser sein könnte, ein kleines Wunder vollbringt. Er zaubert die ideale Horrorbude aus dem Ärmel, komplett mit offenem Innenhof in der Mitte und dem Schlafzimmer auf dem Dachboden, wie gemacht für ein rituelles Opfer.

Fazit

Wer „The Other Side of the Door” unbedingt sehen möchte, der darf sich ausreichend gewarnt fühlen. Leider ist dieser Film wirklich so blutleer (im wahrsten Sinne des Wortes), dass es schwer fallen dürfte, ihn sich witzig zu trinken. Nur wer bisher noch nie auch nur einen Gruselfilm mit Geistern gesehen hat, wird hier etwas Neues finden und sich vielleicht erschrecken.

Bewertung: 1 von 5 Sternen.*

Filmkritik von Julius, 28.04.2016