„The Promise — Die Erinnerung bleibt“ Filmkritik — Bis einer heult

  

Es gibt Tage, da wünscht sich das Herz nach etwas weniger, dass sich wie etwas mehr anfühlt; auch wenn wir es eigentlich besser wissen. Manchmal muss geschmachtet werden, die Tränendrüse gedrückt, der Abfall und die Lasten der Welt durch furchtbar kitschige Romanzen in Bächen aus Tränen hinfort gespült werden. „The Promise — Die Erinnerung bleibt“ von Regisseur Terry George liefert für diesen besonderen Anlass das Rundumpaket in Sachen sehnsüchtige Gelüste: Liebe, Tragik, Leidenschaft und alles, was einst die Groschenromane dominierte.

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Schweig still, mein Herz

Da sitzen wir also nun, mit einem beachtlichem Vorrat aus Taschentüchern und Schokoladeneiscreme. Eingepackt in eine warme Decke und bereit, die Tränen Wasserfällen gleich gen Boden stürzen zu lassen. Das und kaum ein anderer Gedanke, sollte euren Wunsch geboren haben, dieses Werk zu begutachten, denn nicht mehr und nicht weniger will „The Promise“ sein. Dafür liefert es alle Materialien, teilweise auf Gedeih und Verderb, präsentiert, was sich stets ausgezahlt hat und persifliert am Ende beinahe sich selbst und die Dramaturgie an sich.

In der ersten Hälfte lernen wir die Leiden des jungen Medizinstudenten Michael (Oscar Isaac) näher kennen. Die herzensgute Figur deckt alle Bereiche ab, die ihn sowohl liebens-, als auch bemitleidenswert (im positiven Sinne) machen; quasi zum Traum einer jeden alleinstehenden Hausfrau. Verlobt mit einer Dame (Angela Sarafyan), die er noch nicht lieben gelernt hat, auf dem Weg in ein Land, dass kurz davor steht, alle Leute aus seinem Volk abzuschlachten. Natürlich ebenfalls mit von der Partie: seine wahre Liebe, Ana (Charlotte Le Bon) … natürlich vergeben.

Um zu erahnen, was nun passiert, muss man wirklich kein Genie sein. Das Problem liegt aber trotz dessen nicht in dem dünnen Esspapier, welches eine überraschende, vielleicht sogar tiefsinnige Geschichte darstellen soll, sondern vielmehr in der holprigen Art, wie diese präsentiert wird. Terry George („Hotel Rianda“, „Ein einziger Augenblick“, „Luck“) gelingt es über die ganzen 170 Minuten nicht, eine flüssige, stimmige Geschichte zu erzählen. Stattdessen reihen sich einzelne Szenen lustlos und von jeglichen, eigenen Ideen befreit aneinander.

Die Geschichte sprang vor meinen Augen von einem Klischee eines Dramas zum nächsten und zurück. Für die notwendige Tiefe wurde in kaum einem Moment die erforderliche Geduld an den Tag gelegt; dafür will zu viel Material in vergleichsweise zu wenig Zeit zur Schau gestellt werden. „The Promise“ präsentiert sich als Nimmersatt, vollgepumpt mit Ideen, von denen es jedoch keine bis zum Ende durchkaut, sondern lieblos darauf herum schmatzt und dann ganze Brocken schluckt.

Vergleichsweise fällt es schwer, der Geschichte in jedem Detail folgen zu können, da viele Dinge, sogar wichtige Eckpunkte in der Erzählung, lediglich mit einer knappen Aussage oder Handlung abgetan werden. Was wiederum dazu führt, dass vieles unter den Tisch fällt; unbemerkt vom Publikum. Ob das nun allzu tragisch ist, möchte ich nicht sagen, wirklich wichtig sind in diesem Werk aber sowieso nur die Tatsachen: Zwei Frauen lieben einen Mann, zwei Männer lieben eine Frau und um 1914 war es für Armenier unklug, sich in Konstantinopel aufzuhalten …

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Christian Bale in Rente

All diese kleinen und großen Schwächen in „The Promise“ wären ja noch verträglich, solange wenigstens der Punkt mit der Tränendrüse ordentlich bearbeitet würde. Wird er aber nicht. Dafür sind die Figuren in dieser cineastischen Version eines Schnulzenroman einfach nicht mehrschichtig und überzeugend genug verkörpert worden, geschweige denn geschrieben.

Oscaar Isaac („Drive“, „Ex Machina“, „Star Wars: Episode VII“) in der Rolle des charismatischen Michael versucht all das abzudecken, was ihm die Drehbuchautoren aufgebürdet haben, verfranzt sich dadurch jedoch nur allzu schnell in fadenscheiniges Halb-Schauspiel. In wenigen Szenen viel zu dick aufgetragen und fernab jeglicher Glaubwürdigkeit, in anderen Momenten mit solch überzeugender Mimik wie eine Backsteinmauer.

Da hat es Christian Bale („The Fighter“, „Batman Begins“, „Prestige — Die Meister der Magie“) als amerikanischer Reporter und Widersacher Michaels in Sachen Liebe, um einiges einfacher. Seine Figur ist eine Kopie einer Kopie eines Charakters, der schon vor vielen Jahrzehnten zu eindimensional und skizzenhaft gezeichnet wurde. Der gute Bale versucht zwar sichtlich mehr aus Chris Myers herauszuholen als ihm das Drehbuch gestattet, kämpft in diesem Fall allerdings ein unmögliches Gefecht.

Ana, die Frau um welche sich in diesem Drama quasi fast alles dreht, wird von Charlotte Le Bon („The Walk“, „Bastille Day“, „Madame Mallory“) verkörpert, die wenigstens das Glück ihr eigen nennen kann, einen halbwegs glaubwürdigen und menschlichen Part darstellen zu dürfen. Dies gelingt ihr auch dem Anspruch zur Genüge, dafür fehlt es (natürlich) wieder an anderer Stelle. Der Funken zwischen ihrer Figur und Michael, ein Leuchten, das den gesamten Film hindurch schimmern müsste, ist nicht einmal im Ansatz vorhanden.

Die Chemie zwischen Oscar Isaac und Le Bon stimmt einfach nicht und durch diesen Aspekt wird „The Promise“ auch noch das letzte bisschen Glaubwürdigkeit und Daseinsberechtigung genommen. So schön Landschaftsaufnahmen, Kulisse und Kostüme auch sein mögen — und das sind sie wirklich -, so wenig ist all das von Relevanz, wenn daneben beinahe nichts so wirklich zu stimmen scheint. Kleine und gelungene Auftritte von Jean Reno und James Cromwell reißen den Karren nicht mehr aus den Dreck und abseits von diesen Pro-Punkten, gibt es nicht wirklich noch etwas freundliches zu sagen.

Fazit

Ein Film, der sich ewig in die Länge zu ziehen scheint und trotz dessen nur wenig bis gar nichts zu sagen hat. Einzelne Szenen springen von einem Eckpunkt der Geschichte zum nächsten. Für nichts wird sich genügend oder wenigstens annehmbar Zeit gelassen. Die Darsteller sind entweder maßlos unter- oder regelrecht überfordert. Einzig Charlotte Le Bon und ein/zwei Nebendarsteller erledigen einen akzeptablen Job. Weder packend als Kriegsdrama, noch als Romanze.

Es fehlen einfach eigene Ideen, sowohl im inhaltlichen, als auch im Bereich der dargestellten Figuren. Vielleicht hätte man sich entweder mutig mehr Zeit nehmen oder stattdessen auf einigen Inhalt verzichten müssen; diesen möglicherweise im Hintergrund, quasi als Schattierung verwenden. In diesem Zustand ist Terry Georges Werk leider völlig belanglos und von einer Unzahl an besseren Konkurrenztiteln eingekesselt.

Bewertung: 2/5**

Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 04.08.2017