The Trouble With Being Born – Ein provokanter Film

  

Am 22. April startet „The Trouble With Being Born“ in den deutschen Kinos. Hier ist unsere Kritik zum deutschen Science-Fiction-Drama.

Die deutsch-österreichische Produktion wurde auf namhaften Festivals wie der Berlinale oder der Diagonale mit mehreren Preisen ausgezeichnet. Sehr verdient, ist dies doch ein Film weniger über die Psyche eines Androiden, als vielmehr über die der Menschen, die den Umgang mit ihm pflegen – mit Szenen, die durchaus verstörend wirken.

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The Trouble With Being Born – Zur Handlung

Elli ist ein Android. Sie lebt mit einem Mann zusammen, den sie nur „Papa“ nennt. Sie verbringen den Sommer, lassen sich treiben, schwimmen im Pool. Dabei hat Elli alle Erinnerungen, die er ihr einprogrammiert hat, mehr aber auch nicht. Es sind Erinnerungen, die für ihn die Welt bedeuten, für sie jedoch ohne Belang sind. Ist Elli nur die Summe ihrer Programmierungen oder können die Erinnerungen etwas in ihr erwecken? Eines Nachts macht sie sich auf den Weg in dem Wald – einem verklingenden Echo ihrer Erinnerungen folgend.

The Trouble With Being Born – Eine Kritik

Dies ist kein Film, der sich mit künstlicher Intelligenz befasst. Mehr schon stellt er die Frage danach, wie ein künstliches Wesen seine „Besitzer“ beeinflusst. Nicht wissentlich, sondern seiner puren Existenz wegen. Im Film hat Elli zwei Besitzer, erst den Vater, dann eine Frau, für die sie nicht Kind-, sondern Bruderersatz sein soll. Elli wird so zu Emil. Der Film greift damit – fast im Vorbeigehen – das Thema von Gender Fluidity auf, strauchelt der Androide doch damit, zwei Sets von Erinnerungen in Einklang zu bringen, was zu einer Persönlichkeit führt, die durchaus gruselig ist. Aber das ist nicht das eigentliche Thema des Films.

Mehr interessiert er sich dafür, wie der Android zu einer Krücke für die Menschen wird, die damit versuchen, ein Trauma zu verarbeiten. Der Android ist die logische Konsequenz dessen, was Reborn-Babys, also Babypuppen, für Mütter sein können, deren junger Nachwuchs verstorben ist. Das kann über einen kurzen Zeitraum tröstend sein, birgt jedoch die Gefahr, sich darin zu verlieren, weil man dem künstlichen Objekt eine Menschlichkeit unterstellt, der dieses gar nicht gerecht werden kann.

Als wären das alles nicht schon schwere Themen genug, geht Sandra Wollner in ihrem Film noch weiter. Weil sie das Kind in kurzen Momenten nackt in der Nähe des „Vaters“ zeigt. Das wurde so gefilmt, dass es für die junge Schauspielerin so sicher und unbelastend wie möglich umgesetzt werden konnte. Sie hatte einen Bikini an, der später digital entfernt wurde. Zudem trug sie eine Silikonmaske. Der Film greift damit ein Thema auf, das zusätzlich verstörend ist, weil er auf subtile Weise die (weitere) Funktion dieses Roboters andeutet, ohne je wirklich explizit zu werden. Aber die Stimmung, die THE TROUBLE WITH BEING BORN damit aufbaut, ist nicht die Angenehmste. Auch das macht jedoch eine der Stärken dieses Science-Fiction-Dramas aus.

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Fazit

THE TROUBLE WITH BEING BORN ist ein beeindruckender, häufig stiller, die Momente nachwirken lassender Film, der eine Vielzahl schwerer Themen aufgreift. Das ist nicht immer leicht anzusehen, das ist auch provozierend, es ist aber auch das Merkmal eines eindrucksvollen Films, der den Zuschauer erst zwingt, den Androiden zur Identifikationsfigur zu machen, weil er Szenen präsentiert, die im Erlebnis-Kontext des Publikums verankert sind. Dann jedoch wird die Künstlichkeit und Gefühllosigkeit der Figur immer offenkundiger – und als Zuschauer sucht man nach einem neuen Platz in diesem Film, der provokativ ist, für Gesprächsstoff sorgt und nicht so schnell vergessen wird.

Bewertung: 5/5*****

Filmkritik von Peter Osteried, 30.12.2020