„X-Men: The New Mutants“ Filmkritik – Horror und Superhelden

  

Wenn sich ein Film so lange in der Produktionshölle befunden hat, wie es bei X-Men: The New Mutants von Josh Boone der Fall gewesen ist, gibt es in der Regel nur zwei Ergebnisse. Entweder ist ziemlich offensichtlich, wieso das Werk nicht einfach ins Kino gebracht wurde, was unterm Strich eine Enttäuschung für zahlende Kinogänger bedeutet. Oder es ist ein Meisterwerk, was alle Probleme bei der Produktion vergessen lässt.

Der letzte X-Men-Film aus dem Hause Fox ist mit Sicherheit kein Vertreter des letzten Beispiels, denn der Streifen wirkt, als wäre er von drei verschiedenen Filmemachern produziert worden, die sich nur gelegentlich und ohne echtes Interesse an der Arbeit der jeweils anderen abgesprochen haben. Am Ende musste dann eine vierte Person die Ergebnisse einsammeln und daraus irgendwie einen Film zusammenschustern.

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X-Men: The New Mutants – Zur Handlung

Dani Moonstar (Blu Hunt) hat gerade ihre gesamte Familie bei einer schrecklichen Katastrophe verloren, doch da sie über mysteriöse Fähigkeiten verfügt, kommt sie nicht in ein Heim, zu entfernten Verwandten oder zur Polizei, sondern in ein höchst ominöses Krankenhaus, in welchem es der Leiterin, Dr. Reyes (Alice Braga), mehr als offensichtlich weniger um das Wohlergehen ihrer Patienten geht, sondern mehr um deren Mutantenkräfte.

Während die Frau Doktor versucht herauszufinden, zu was Moonstar fähig ist, will diese sich mit den anderen Teenagern in der Anstalt anfreunden. Bei ihnen handelt es sich ebenfalls um Mutanten, die angeblich erst entlassen werden können, wenn sie ihre Kräfte unter Kontrolle haben. Was danach mit ihnen passiert wird jedoch nicht zufriedenstellend oder auch nur halbwegs eindeutig beantwortet.

Genau wie Dani, die sich die Schuld am Tod ihres Vaters gibt, haben auch die anderen Teenies ihr Päckchen zu tragen. Meist handelt es sich dabei um Schuldgefühle für das, was beim ersten Aktivieren ihrer besonderen und höchst einzigartigen Fähigkeiten vorgefallen ist.

Nach und nach werden Barrieren eingerissen und die Mutanten öffnen sich einander, doch Freundschaft, Liebe und gemeinsam erreichtes Seelenheil müssen warten, denn schon in der ersten Nacht, die Dani in dem schwer abgeriegelten Krankenhaus verbringt, geschehen mysteriöse und unangenehm gruselige Dinge …

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X-Men: The New Mutants – Eine Kritik

Der letzte Ausflug der X-Men, bevor diese Teil des Marvel Cinematic Universe werden, leidet in erster Linie unter zwei höchst problematischen Faktoren. Zum einen ist die Handlung ein wildes Flickwerk aus verschiedenen anderen Filmen, doch wurden die einzelnen Teile nicht gut miteinander verbunden, sondern wirr zusammengewürfelt.

Kaum ein Gedanke wirkt wirklich zu ende gedacht, manch eine Einstellung vermisst ihre komplette Daseinsberechtigung und nicht selten kannibalisieren sich zwei ähnliche Geschichten, indem sie sich Screentime und Interesse des Zuschauers nicht teilen, sondern eher darum ringen. Hinzu kommt, dass der rote Faden im höchsten Maße vorhersehbar, die gesamte Story per se äußerst durchschaubar ist.

Zum anderen fehlt es Josh Boones Werk auch abseits davon an allen Ecken und Enden an Fokus. Erst präsentiert sich The New Mutants als X-Men-Version von The Breakfast Club, mit allen Klischees, die ein Coming-of-Age-Film halt so abdecken muss, dann geht er langsam in einen Teenie-Horrorfilm über, der sich nur selten und dann auch nur sehr verhalten an seine zuvor eingeschlagene Richtung erinnert.

Und zu guter Letzt streift The New Mutants auch dieses Genre wieder ab und verwandelt sich in einen klassischen Superheldenfilm. Jedoch mit Teenagern. Der zuvor so angestrengt beworbene Horror konnte sich bis dahin gar nicht ordentlich präsentieren, kommt zusätzlich nicht nur zu spät, sondern auch deutlich zu zahm daher.

Diese ganzen verschiedenen Ansätze, die sich kaum miteinander vertragen und allesamt nicht ordentlich durchdacht scheinen, werden durch einzelne Hintergrundgeschichten über die verschiedenen Mutanten zusammengehalten, was das Werk durchweg wie einen ganz gewöhnlichen Erstlingsfilm wirken lässt, der sich erst einmal darauf konzentriert, alle wichtigen Charaktere vorzustellen. Doch kaum hat er das getan, laufen auch schon die Credits über die Leinwand.

X-Men: The New Mutants – Durchweg langweilig

Das größte Problem mit dem dieser Superheldenfilm zu kämpfen hat sind jedoch die beständigen Leerläufe. Viele Szenen ziehen sich deutlich zu sehr in die Länge und insgesamt lässt sich das Gesehene oft nur als langweilig bezeichnen. Da die Entwicklung der Kids ebenfalls an den Haaren herbei gezogen wirkt und es schwer fällt, sich auch nur mit einem von ihnen zu identifizieren, fühlt sich das Werk deutlich länger an als 90 Minuten.

Gekittet werden all diese Probleme lieb- und lustlos mit der einen oder auch anderen recht schön anzusehenden, effektreichen Szene und gerade einmal einem gruseligen Monster, welches den Karren aber auch nicht mehr aus dem Dreck ziehen kann. Das Ganze mündet dann in einem unsinnigen Finale, das eigentlich mehr Fragen aufwirft als sie zu beantworten.

Bei all diesen Problemen ist es wohl nur wenig relevant, dass es durchaus Schauspieler in diesem Werk gibt, die sich sichtlich Mühe geben, und bei denen es Spaß macht, ihnen bei der Arbeit zuzusehen. Dazu gehören zum Beispiel Blu Hunt und Maisie Williams und teilweise sogar Anya Taylor-Joy. Doch auch in diesem Bereich überwiegen die Möglichkeiten, mit negativer Kritik anzusetzen, was nicht zuletzt den völlig unsinnigen Akzenten zu verdanken ist, die den Hauptfiguren aufgedrückt wurden.

Die zwei Anspielungen auf Buffy – Im Bann der Dämonen hätte sich Josh Boone vielleicht auch lieber sparen sollen, denn auch ohne diese Augenzwinker-Szenen war schon klar, dass sich an dieser Art von Serienunterhaltung orientiert wurde. Nur leider haben die Schöpfer des Films nicht bedacht, dass für Serien und Kinofilme völlig unterschiedliche Regeln gelten und Vorgehensweisen des einen nicht einfach so auf den anderen übertragen werden können.

Fazit

Die große Frage bei X-Men: The New Mutants ist nicht, wie der Film ist, sondern was der Film ist. Ein bisschen von Gericht A, ein wenig von Beilage B und zu viele andere Sachen, die nicht nur kaum zueinanderpassen, sondern sich zusätzlich auch nur bedingt vertragen. Ein durchgeschütteltes Etwas aus zu vielen Zutaten, das seinen eigenen Fokus nicht findet und oft wie wild zusammengeschustert wirkt. Langweilige Wendungen, viele Leerläufe und ein ganzer Haufen Logiklöcher geben dem Film schließlich den Rest.

Bewertung: 2/5**

Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 10.09.2020