„3 Engel für Charlie“ Filmkritik — Powerfrauen gegen das Böse

  

Die Schauspielerin Elizabeth Banks, die seit 2013 auch als Regisseurin aktiv ist, war der Meinung, dass die Welt eine neue Version von „3 Engel für Charlie“ braucht. Und auch wenn das nicht unbedingt der Wahrheit entspricht und die Reaktionen der US-amerikanischen Kritiker sowie Kinogänger deutlich gezeigt hat, dass das Franchise so langsam aber sicher ausgelutscht ist, wird die Reihe nun mit Kristen Stewart, Naomi Scott und Ella Balinska fortgeführt.

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Die Townsend-Agentur ist mittlerweile eine weltweit operierende Vereinigung, die all ihre Agenten Engel nennt, die jeweils von einem Vermittler, einem Bosley, angeführt werden. Als die brillante Wissenschaftlerin Elena bemerkt, dass ihre Erfindung, die nachhaltige Energiequelle Calisto, als Waffe zweckentfremdet werden kann, müssen die Engel ihr helfen, genau das zu verhindern. Doch eine kriminelle Organisation, die bereits damit begonnen hat, einen Abnehmer für Calisto zu suchen, denkt gar nicht daran, ihr neues Produkt wieder aufzugeben.

Powerfrauen

Nachdem „3 Engel für Charlie“ an den amerikanischen Kinokassen mit einem dreifachen Salto gefloppt ist, wurde die Schuld den allgemeinen Kinogängern in die Schuhe geschoben. Vor allem sexistische Männer seien nicht bereit, starke Frauen in führenden Rollen zu akzeptieren. Und auch wenn ich nicht bezweifle, dass dem durchaus so sein kann, ist dies definitiv nicht der Grund dafür, dass Scotts Werk wenig Anhänger für sich gewinnen konnte.

Die sogenannten Powerfrauen, die in diesem Werk allgegenwärtig sind, wurden nämlich nicht annähernd so raffiniert ausgearbeitet, wie gewisse Personen in der Führungsetage vielleicht gedacht haben. Stattdessen wurde jeder Figur oberflächliche Charakteristika aufgedrückt, die im Grunde als ihre komplette Persönlichkeit herhalten müssen. Keine Tiefe, keine Überraschungen, lediglich verschiedene, knallharte Frauen, die jede für sich meist nur eine einzige, triviale Charaktereigenschaft aufweisen kann.

Für die Kerle sieht es da natürlich nicht anders aus, doch haben die in „3 Engel für Charlie“ sowieso nicht viel zu melden. Die meisten männlichen Figuren sind sexistische Machos, die im Verlauf der Handlung allesamt ihr Fett wegkriegen. Denn schließlich ist kein Mann in der Lage, einer starken Frau das Wasser zu reichen, genauso, wie keiner bei Sony Pictures in der Lage ist zu sehen, wieso man diese Herangehensweise ebenfalls als sexistisch interpretieren könnte.

Die einzige Ausnahme bildet hier Patrick Stewart („Star Trek - Das nächste Jahrhundert“, „Logan - The Wolverine“), der in der Rolle des ersten Bosley eine angenehme Abwechslung bietet. Jedoch nur auf einer sehr oberflächlichen Ebene. Es ist schön den talentierten Schauspieler zu sehen, es macht Spaß ihm bei der Arbeit zuzuschauen, doch viel mehr kann seine Figur dem geneigten Zuschauer nicht bieten, wurde sie doch genauso zweidimensional entworfen wie der Rest der Riege.

Was unterm Strich bleibt, zumindest auf der Seite für positive Kritikpunkte, ist etwas simple aber gut unterhaltende Action, einige nette, wenn auch stark übertriebene Anspielungen auf vergangene Werke, die den gleichen Namen wie dieser Film tragen, und einige witzige Szenen, die sich eher aus der Situation ergeben als aus dem Talent der Drehbuchautoren Evan Spilotopulos („Die Schöne und das Biest“, „Hercules“) und David Auburn („Das Mädchen im Park“, „Georgetown“).

Außerdem sollte wohl noch löblich erwähnt werden, dass die drei Darstellerinnen der Engel ziemlich gut miteinander harmonieren. Wenn diese zusammen auf der Leinwand aktiv sind, steigt der Wert des Films ungeheuer an. Leider gibt es erschreckend wenige Momente, wo dies passiert. Was wirklich schade ist und in manch einem Kritiker den Gedanken geweckt hat, dass Banks‘ Film wohl deutlich besser funktioniert hätte, wenn die drei Hauptfiguren öfters gemeinsam unterwegs gewesen wären, statt nur via Funk miteinander zu kommunizieren.

Der Rest des Streifens ist eine Ansammlung aus Ideen, die allesamt wie der heiße Fiebertraum einer männerhassenden Medusa wirken. Was ja nicht unbedingt schlecht sein muss, wenn dies genau das ist, was der Kinogänger, beziehungsweise die Kinogängerin, gerade sucht. Aus einem versuchsweise neutralen Standpunkt heraus, macht dies „3 Engel für Charlie“ aber zu einem genauso unnötigen Werk wie jeder Film, in dem die Rollen genau andersrum aufgestellt sind.

Zwischen Lustlosigkeit und Talent

Die schauspielerische Leistung der Beteiligten ist bei allen löblich. Mir fiel niemand in „3 Engel für Charlie“ auf die oder der nicht mindesten auf akzeptablem Niveau agiert hätte. Die Unterschiede zwischen der Natürlichkeit ihres Schauspiels und der Tiefe, die sie während der Geschichte zum Besten geben, ist teilweise recht hoch, doch diese Aussage sollte eher als Lob über entsprechende Darsteller verstanden werden statt als Kritik gegenüber denen, die dieses Level nicht erreichen.

So gibt es Akteure wie Naomi Scott und Ella Balinska, die weitgehend nur das machen, was von ihren Figuren erwartet wird, abseits davon jedoch lustlos in ihrem Spiel wirken. Kristen Stewart („Panic Room“, „Still Alice“, „Twilight“) gibt sich da schon deutlich mehr Mühe. Zwar ist auch sie der hauchdünnen Ausarbeitung ihres Charakters unterworfen, doch holt sie das Bestmögliche aus diesem heraus. Ihr zuzusehen ist auf jeden Fall sehr erfrischend.

Und dann ist da noch Patrick Stewart, dessen Rolle zwar ebenfalls wie in wenigen Minuten hingekritzelt wirkt, doch von dem britischen Schauspieler so überzeugend und gleichzeitig natürlich verkörpert wird, dass man diesen Umstand tatsächlich für wenige Momente vergessen kann. Andere Nebendarsteller, die ebenfalls in „3 Engel für Charlie“ auftauchen, sollten genauso ignoriert werden, wie ich dies nun in dieser Kritik tue.

Mit knapp 120 Minuten ist der Film also deutlich zu lang, wenn man bedenkt, dass er weitegehend nur Frauenpower ohne Tiefgang und Action ohne Feingefühl bietet. Als Popcornkino mag das Werk noch funktionieren, wer sich aber von der Neuauflage der Engel mehr erhofft hat, wird hier bitter enttäuscht werden. Banks mag das Herz bei der Umsetzung am rechten Fleck gehabt haben, das fast schon unterirdische Niveau bleibt dadurch aber leider unberührt.

Fazit

Was auch immer ihr gehört haben mögt, ich kann euch versichern, dass „3 Engel für Charlie“ nicht deswegen in den USA gefloppt ist, weil frauenhassende Männer das Werk schlechtgeredet haben. Die Ausarbeitung von Figuren und Geschichte ist schlichtweg unterirdisch bis maximal annähernd akzeptabel. So dümpelt der Film die meiste Zeit über dahin und versucht uns im Dauertakt davon zu überzeugen, dass fast alle Frauen fantastisch und fast alle Männer sexistische Idioten sind.

Bewertung: 2/5**

Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 02.01.2020