Assassin´s Creed Filmkritik — Hashishins Shame

  

Videospielverfilmungen — das alte Leid. Hält man sich zu sehr an die Vorlage, kann man die breite Masse an regulären Kinogängern nicht erreichen. Wandelt man die Geschichte zu stark ab, werden sich die Fans der Vorlage pöbelnd abwenden. Und versucht man einen Mittelweg zu finden, läuft man Gefahr, nichts halbes und nichts ganzes abzuliefern. Aber es gibt noch einen vierten Weg. Einen, der von dieser Art Projekten nur allzu gerne eingeschlagen wird. Einfach gar nichts richtig machen. Nicht für die Fans, nicht für Neulinge — einfach für niemanden. Hauptsache der Titel stimmt.

Assassins creed header kinostart DE

Originalgetreu?

Assassin´s Creed“ ist nun kein Film, mit dem ein Regisseur und Drehbuchautor einen dankbaren Job hätte, ist die ursprüngliche Geschichte doch schon komplex genug. Hier ausreichend Informationen zu verarbeiten, aber nicht in den Fanservice abzudriften und gleichzeitig genug Action zu bieten, dass Neulinge nicht das Interesse verlieren, ist ein Drahtseilakt, der nur äußerst selten gelingt. Das war den Machern aber scheinbar ebenfalls klar und so haben sie sich direkt auf das konzentriert, was die Reihe wirklich ausmacht: Dreieck drücken und kontern …

Der Film orientiert sich nicht an eines der existierenden Videospiele, sondern leiht sich lediglich die grobe Geschichte. Assassinen und Templer kämpfen seit Jahrhunderten darum, dass Schicksal der Menschheit zu bestimmen. Beide haben höchst unterschiedliche Ansichten und so kam es auf der Jagd nach mächtigen Artefakten über lange Zeitepochen zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Geheimbunden. Jetzt sind die Templer kurz davor zu gewinnen, indem sie wichtige Informationen aus den Erinnerungen von Nachkommen solcher Assassinen extrahieren.

Alles ab hier ist aus Sicht eines Fans totaler Humbug. Und für einen Neueinsteiger wirres Gelaber und viele Wendungen, die am Ende nur wenig bis gar keinen Sinn ergeben. Die Veränderungen zum Videospiel sind allesamt nur darauf ausgerichtet zu imponieren und wichtig zu erscheinen, erfüllen aber keinen tieferen Zweck und sind schlimmstenfalls sogar von jeder Existenzberechtigung befreit. Die Geschichte ist weitgehend unspannend und äußerst platt. Jeder weiß ab Minute zehn was passieren wird und zu keiner Sekunde wird man überrascht oder eines Besseren belehrt.

Hinzu kommen Schauspieler — unter anderen Michael Fassbender, Jeremy Irons und Marion Cotillard -, die keinerlei Tiefe präsentieren können und pure Abziehbildchen verschiedenster Klischeecharaktere darstellen. Sie schlafwandeln von Szene zu Szene und arbeiten nie über Zimmertemperatur. Hinzu kommt, dass sich ihre Persönlichkeiten und Handlungen dauernd widersprechen und teilweise sogar grundlos um 180 Grad drehen.

Vorne und hinten will es in diesem Werk einfach nicht stimmen. Das CGI ist natürlich gut gelungen und die Actionszenen wurden schön in Szene gesetzt, aber sie sind so austauschbar wie eh und je. Ändert die Namen von den Organisationen und Artefakten und ich könnte einen völlig anderen, x-beliebigen Actionfilm sehen. „Assassin´s Creed“ reiht sich nicht in die ohnehin schon wirre Geschichte der Videospiele ein, sondern ignoriert sie und zieht einfach sein eigenes Ding durch.

Assassins-Creed02

Spoileralarm

Wir versuchen ja im besten Fall jede Art von Spoiler zu vermeiden, aber vertraut uns: diese Details zu kennen, macht den Streifen weder besser noch schlechter. Aber es zeigt wunderbar auf, was alles in diesem Werk absolut schief gelaufen ist. Und das Schlimmste daran ist: dass sind bei weiten nicht alle Negativpunkte oder Logikfehler. Aber dafür würde der Platz hier kaum ausreichen … Wer übrigens lieber auf jede Art von Spoiler verzichten möchte, liest erst ab dem Fazit weiter.

Also, ich schieße einfach mal los. Welcher Honk positioniert in einer Belagerung seine Armbrustschützen direkt unter der Mauer? Aus welchem Grund musste der Vater der Hauptfigur dessen Mutter töten? Es wird bis zum Ende nicht aufgeklärt. Wieso hilft Dr. Sophia Rikkin (Marion Cotillard) ihrem Vater (Jeremy Irons) den Apfel von Eden zu finden, wenn sie ihn dann nicht einsetzen will? Wollte sie ihn einem Museum stiften?

Und seit wann kann der Apfel von Eden die Gedanken eines Menschen steuern? Was ist aus den Edensplittern geworden? Wieso ist der eine weibliche Assassine im Team nicht nur die Geliebte des Helden sondern auch die einzige, die im Kampf und auf der Flucht immer wieder Probleme bekommt? Hatte sie nicht die gleiche Ausbildung erhalten? Warum gibt es in ganz Abstergo keine Waffen für die Sicherheitsmänner? 20 bis 30 Assassinen in einer Anlage und ihr wollt sie mit Gummiknüppeln niedermähen?

Wer zur Hölle schlägt auf eine Stahltür mit einer Axt ein? Warum erscheinen dem Protagonisten die toten Assassinen aus der Vergangenheit und kaum stirbt sein Vater macht er den Star Wars-Machtgeist und gesellt sich dumm grinsend dazu? Was passiert mit dem Greifhaken des Animus am Rücken des Helden, wenn dieser eine Vor- oder Rückwärtsrolle macht? Callum Lynch macht alle Bewegungen der Vergangenheit gleichzeitig in der Gegenwart. Und sein Vorfahre rollt sich gerne ab …

Die Organisation heißt nicht Assassin´s Creed, Herrgott nochmal. Das sind Assassinen. Und das ist der Credo der Assassinen. Was haben die Templer denn in den letzten Jahren über ihren Erzfeind gelernt?

Fazit

„Assassin´s Creed“ hat nur wenig mit der gleichnamigen Videospielreihe zu tun und ändert eine Menge Details einfach ab. Das führt zu vielen Logiklöchern, Verwirrung und einer äußerst kruden Story. Fans werden verprellt und bekommen quasi nichts von dem, was sie an der Vorlage so lieben. Und Neulinge verstehen kein Wort von dem, was da gerade passiert. Aber keine Sorge. Eben genannte Fans auch nicht.

Schauspielerische Leistung, Bild, Schnitt, Drehbuch — einfach alles ist maximal mittelmäßig, die meiste Zeit über aber darunter. Popcornkino, keine Frage, aber keines, was einen zweiten Teil verdient hätte. Wer damit seinen Spaß hat, soll sich von uns nicht aufhalten lassen. Wer noch zweifelt sei nun gewarnt. Und wer eh nie gehen wollte, hat jetzt seine Bestätigung.

Kinostart ist am 27.12.2016

Bewertung: 2/5**

Filmkritik von Heiner "Gumpi" Gumprecht, 20.12.2016